Kurzarbeit

Die deutsche Industrie reagiert auf ihre schwere Krise mit einem drastischen Stellenabbau. Im März wurden so viele Arbeitsplätze gestrichen wie seit mindestens 13 Jahren nicht mehr. "Nur die Einführung von Kurzarbeit verhinderte, dass es zu noch mehr Entlassungen kam", heißt es in einer Umfrage von Marktforschern.

Der Hamburger Hafenlogistikkonzern HHLA legt wegen eines Einbruchs im Containerumschlag ein Sparprogramm auf und kündigt Kurzarbeit an. Wegen des schrumpfenden Welthandels sollen zudem die Investitionen in den Kapazitätsausbau gestreckt werden. Statt der geplanten 1,2 Mrd. Euro will die HHLA bis 2012 nur die Hälfte ausgeben.

Siemens will wegen ausbleibender Aufträge in Teilbereichen die Kurzarbeit ausweiten. Laut Finanzchef Kaeser wird das "deutlich über die 7000 Stellen hinausgehen". Die Kurzarbeit werde weitere Teile des Konzerns erfassen. Bislang ist davon vor allem die Antriebs- und Automatisierungstechnik sowie die Lichttechniktochter Osram betroffen.

Die Wirtschaftskrise führt auch in der Tourismusbranche verstärkt zu Kurzarbeit. Aufgrund sinkender Buchungszahlen wird Branchenprimus TUI dieses Mittel ab Mai nutzen. Betroffen sind 1600 Mitarbeiter der TUI Deutschland sowie 200 Beschäftigte einer konzerneigenen Zeitarbeitsfirma.

Der Autobauer BMW will angesichts der anhaltenden Nachfrageschwäche am Markt seine Produktion weiter drosseln. Die Kurzarbeit an den Standorten Regensburg und Dingolfing werde auch im April und Mai fortgesetzt, sagte Vorstandschef Reithofer. Eine Erholung ist seinen Angaben zufolge erst im kommenden Jahr in Sicht.

Siemens-Chef Löscher stellt sich wegen der Wirtschaftskrise auf eine Ausweitung der Kurzarbeit bei dem Elektrokonzern ein. Zuletzt hatte der Konzern angekündigt, bis April 7400 Mitarbeiter an mehreren Standorten in Kurzarbeit zu schicken. Betroffen sind vor allem die Lichttechnik-Tochter Osram und die Industrieautomatisierung.

Daimler weitet die Kurzarbeit auch auf seine Lkw-Werke in Deutschland aus. Betroffen sind rund 18.000 Mitarbeiter der Mercedes-Benz Lkw-Werke Wörth, Gaggenau, Kassel und Mannheim. Die meisten Mitarbeiter sollen bereits von Ostern an in Kurzarbeit geschickt werden, spätestens im Mai sollen die übrigen Beschäftigten folgen.

Der schwer angeschlagene Halbleiterhersteller Infineon weitet die Kurzarbeit auch auf seine Zentrale aus. Ab dem 1. April wird die Arbeitszeit von 4000 Beschäftigten in Neubiberg und München sowie an weiteren kleineren Standorten für ein halbes Jahr reduziert.

Im Metro-Konzern werden in der Großhandelssparte die Optionen zu Einführung einer Kurzarbeit geprüft. Beschlüsse geben es noch keine, aber man wolle wissen, ob es "möglich wäre". Im Ausland boomt das Geschäft mit den Großhandelsmärkten.

Siemens muss die Kurzarbeit von derzeit 7000 Beschäftigten deutlich ausweiten. Die Zahl könnte sich verdoppeln, sagte Siemens-Personalchef Siegfried Russwurm der "Welt am Sonntag".