Es ist ein ökonomisches Experiment mit kaum absehbaren Folgen: Nach zwölf Tagen Zwangspause erweckt das Euro-Mitgliedsland Zypern den heimischen Bankensektor wieder zum Leben. Hohe Hürden sollen Kapitalabflüsse verhindern. Wie funktioniert das?
Erstmals seit zwei Wochen öffnen die Banken auf Zypern wieder. Der befürchtete Massenansturm bleibt zunächst aus. Denn es gelten strikte Abhebelimits – und die Europäische Zentralbank hat die Geldspeicher der Mittelmeerinsel in einer Nacht- und Nebelaktion kurz vorher kräftig aufgefüllt.
In den Straßen patrouillieren bewaffnete Polizisten, vor den Schaltern stehen Sparer schon Schlange: Nach einer zweiwöchigen Zwangspause öffnen heute auf Zypern die Banken wieder. Um einen Sturm auf die Kreditinstitute zu verhindern, schafft die EZB in einer geheimen Nacht-und-Nebel-Aktion Milliarden druckfrische Euro auf die von der Pleite bedrohte Mittelmeerinsel.
In Zypern beginnt ein spannender Tag. Um 12 Uhr Ortszeit (11 Uhr MEZ) machen alle Banken des mit Ach und Krach vor der Pleite geretteten Landes auf. Bankkunden dürfen pro Tag nicht mehr als 300 Euro abheben. Von der EZB bereitgestellte 5 Milliarden Euro werden auf die Bankfilialen verteilt. Es wird mit einem Ansturm der Kunden gerechnet. Sicherheitskräfte werden vor Ort sein.
Am Devisenmarkt gibt es am Donnerstag nur ein Thema: Die Öffnung der zyprischen Banken am Mittag. Bereits im fernöstlichen Handel ist die Spannung der Marktteilnehmer nahezu greifbar. Der Euro wagt sich deshalb nur leicht vor.
Laut Zyperns Außenminister stand der Inselstaat vergangene Woche kurz vor dem Austritt aus der Eurozone. Bei Moody's hört man das nicht gern. Die Ratingagentur schätzt das Risiko eines Zyperns-Exits aus der Währungsunion als "hoch" ein - und reagiert. In Athen explodiert derweil ein Sprengsatz.
Macht hinsichtlich der Bankeinlagen das Beispiel Zypern Schule? Auf dem Frankfurter Parkett herrscht große Unsicherheit. Die Bankenwerte stehen unter Druck. Auch von der Konjunkturfront kommen unbefriedigende Nachrichten.
Zypern scheint gerettet. Aber wie es mit den Banken des Landes weitergeht, bleibt unklar. Das sorgt für Verunsicherung an den Devisenmärkten. Auch das politische Patt in Italien sorgt für Verunsicherung. Der Euro kann sich dieser nicht entziehen. Die 1,30-Dollar-Marke rückt in immer weitere Ferne.
Zypern bereitet sich auf einen Ansturm auf seine Banken vor. Bevor diese am Donnerstag erstmals seit Mitte März wieder öffnen sollen, arbeiten Regierung und Zentralbank an Einschränkungen für den Kapitalverkehr. Um die Sanierung der beiden größten Banken voranzutreiben, müssen alle Vorstände gehen.
Um Zypern zu retten, enteignet die EU erstmals reiche Bankkunden. Müssen Sparer im Rest Europas nun auch um ihr Geld zittern? Die EU wird nicht müde zu betonen, dass Zypern ein Sonderfall ist. Doch einige Politiker können sich eine Zwangsabgabe auf Bankeinlagen offenbar durchaus als neue Blaupause für die Lösung der Euro-Krise vorstellen.