"Volkswirtschaftlicher Irrsinn" Evonik-Chef fordert Abschaffung des Emissionshandels
27.10.2025, 01:20 Uhr Artikel anhören 
		                      Evonik-Chef Kullmann lässt kein gutes Haar am europäischen Emissionshandel.
(Foto: picture alliance/dpa)
Der europäische Emissionshandel steht unter Druck, weil die Mitgliedstaaten massive Preissteigerungen beim Tanken und Heizen vermeiden wollen. Evonik-Chef Kullmann fordert die Abschaffung des strengen Gebührensystems. Es belaste Europas Industrie in Zeiten des Epochenwandels.
Der Chef des Essener Chemiekonzerns Evonik, Christian Kullmann, fordert eine Abschaffung oder eine deutliche Reform des europäischen Emissionshandels. "Wir haben das weltweit schärfste CO2-Gebührenregime, aber das Klima kennt keine Grenzen. Ich halte es deshalb für völlig falsch, eine Industrie mit toller Technologie, die weltweit in der Spitzenklasse spielt, so scharf mit zusätzlichen Gebühren zu benachteiligen", sagte Kullmann der "Süddeutschen Zeitung".
"Das CO2-Gebührensystem muss weg, mindestens aber drastisch reformiert werden", fügt der Manager hinzu. Die europäische Industrie werde nur zusätzlich im internationalen Wettbewerb belastet. Zugleich importiere Europa massenweise Produkte "aus Ländern mit echten CO2-Schleudern". "Volkswirtschaftlich ist das für Europa ein Irrsinn", sagte Kullmann.
Der Emissionshandel müsse geändert werden, weil sich die weltwirtschaftlichen Bedingungen geändert hätten. "Wir erleben gerade einen Epochenwandel. Jeder kämpft für sich, die Industrienationen lösen die globalen Probleme nicht mehr gemeinsam", so Kullmann in der SZ. Europas Industrie habe es jetzt mit Wettbewerbern zu tun, die von ihren eigenen Regierungen tatkräftig unterstützt würden und dazu auch noch wesentlich günstigere Energie- und Rohstoffkosten hätten.
"Trickserei ohne Effekt"
Auch der geplante Klimazoll, der die europäische Industrie vor Umweltdumping schützen soll, funktioniere laut Kullmann nicht. "Europa kann im Zweifel, wenn es hart auf hart kommt, einen solchen Grenzausgleichsmechanismus gar nicht durchsetzen", sagte der Manager der SZ. Die Idee des sogenannten Grenzausgleichsmechanismus sei "eine formal-bürokratische Trickserei ohne Effekt".
Kullmann verlangte eine Verlängerung der Vergabe von kostenlosen Zertifikaten an die Industrie. "In einem nächsten Schritt müssen wir dann zu einer Übereinkunft kommen, was eine Volkswirtschaft, was eine Industrie vom Auto über den Zement bis zur Chemie überhaupt leisten kann. Wir müssen die Gesamtheit der CO2-Zertifikate vergrößern oder den Preis reduzieren", meinte er.
"Das sind einzelne Stimmen"
Andere Stimmen der Wirtschaft widersprechen dem Evonik-Chef. "Das sind einzelne Stimmen", sagte Sabine Nallinger, die Vorständin der Stiftung Klimawirtschaft, jüngst im Gespräch mit ntv.de. "Mir vermitteln Unternehmerinnen und Unternehmer ein anderes Bild: Sie halten in großen Teilen an der klimaneutralen Wirtschaft fest. Der Hauptgrund ist, dass wir den Weg schon so weit gegangen sind, dass es kein Zurück mehr gibt. Die meisten Unternehmen möchten diesen Weg aber auch deswegen fortsetzen, weil sie für sich bereits Zukunftsmärkte identifiziert haben."
Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten sich am Donnerstag bei ihrem Gipfel in Brüssel für Änderungen am europäischen CO2-Preissystem für den Gebäude- und Verkehrssektor ausgesprochen. Sie forderten die EU-Kommission in ihrer Gipfelerklärung auf, den Weg für neue Verhandlungen über das Gesetz frei zu machen. Zahlreiche Staaten befürchten, dass die Preise beim Heizen und Tanken durch den CO2-Preis zu stark steigen.
Quelle: ntv.de, mau
 
   
   
		                             
		                             
		                             
		                             
		                             
		                            