"Wirkte wie die Bank of Russia" Bank of America bricht "prorussische" Investmentkonferenz ab
08.04.2023, 08:16 Uhr Artikel anhören
Die Bank of America hat ihren Sitz in Charlotte, North Carolina - noch.
(Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS)
Mit einer Online-Konferenz will die Bank of America ihrer Kundschaft bei Investmententscheidungen helfen. Im Fokus steht der russische Angriff auf die Ukraine, ein breites Spektrum auch kontroverser Meinungen soll präsentiert werden. Die meisten jedoch sind "unglaublich anti-ukrainisch".
Die Bank of America hat sich bei Kunden für eine Online-Konferenz zum russischen Angriff auf die Ukraine entschuldigt, in der mehreren Teilnehmern zufolge vor allem prorussische Standpunkte vorgestellt und vertreten wurden. "Alle externen Redner haben unabhängige Meinungen, die nicht der unsrigen entspricht", zitiert die "Financial Times" aus einem Statement der Bank. "Wir entschuldigen uns bei allen Kundinnen und Kunden, die mit den vorgebrachten Meinungen nicht einverstanden waren."
Laut der Bank war die zweitägige Informationsveranstaltung, die vorzeitig abgebrochen wurde, dazu gedacht, Klienten bei anstehenden Investmententscheidungen zu helfen. Als ein Tagesordnungspunkt sollten demnach die Sanktionen diskutiert werden, die nach dem russischen Angriff auf die Ukraine vor gut einem Jahr verhängt wurden, und welche Auswirkungen sie auf die russische Wirtschaft haben. Auch die amerikanisch-russischen Beziehungen standen auf der Themenliste.
"Ich verstehe nicht, warum US-Banken bei solchen Terminen immer noch Experten buchen, die vor allem die russische Sicht auf die Dinge präsentieren. Wenn ich mich recht erinnere, ist Putin wegen Kriegsverbrechen angeklagt, nicht Joe Biden", kritisiert Timothy Ash die Bank of America auf Twitter. Der britische Ökonom mit Russland-Fokus arbeitet für das Anlagehaus Bluebay Asset Management und hat nach eigenen Angaben an der Veranstaltung teilgenommen. "Moskau befindet sich in einem Informationskrieg mit dem Westen und will beeinflussen, wie westliche Banken den Konflikt darstellen", zitiert ihn die "Financial Times". "Das müssen sich Banken immer vor Augen führen."
"Bank of Russia, nicht Bank of America"
In der Branche ist es nicht unüblich, dass Banken zu Investmentveranstaltungen auch kontroverse Expertinnen und Experten einladen, um eine möglichst große Bandbreite an Meinungen für ihre Klienten abzubilden. Allerdings soll eine pro-ukrainische Perspektive auf Krieg und Sanktionen vollkommen gefehlt haben: "Es wirkte wie eine Veranstaltung der Bank of Russia, nicht der Bank of America", wird ein weiterer Teilnehmer von der Zeitung zitiert. "Die Meinung war mit großer Mehrheit prorussisch." Ein anderer Teilnehmer nannte die Veranstaltung demnach "unglaublich anti-ukrainisch".
Laut der "Financial Times" wird dieser Vorwurf - anders als von dem Geldhaus behauptet - nicht nur externen Rednern gemacht, sondern auch Mitarbeitern der Bank selbst. So soll Daniel Sheehan, Vizepräsident für das internationale Wertpapiergeschäft bei der Bank of America, den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj bei der Veranstaltung als "meisterhaften Manipulator und Schauspieler" bezeichnet haben, über den sich die US-Regierung "ernsthafte Gedanken" mache.
Auf Nachfrage gab ein Sprecher der Bank of America an, dass man diese Meinung nicht teile. Demnach hat Sheehan aber auch nicht seine eigene Sichtweise auf Selenskyj dargelegt, sondern lediglich versucht, die Meinung anderer Expertinnen und Experten auszudrücken.
Quelle: ntv.de, chr