"Wenn es brennt, muss man löschen" Banken stärken Draghi den Rücken
02.08.2012, 12:00 Uhr
"Wenn man löscht, darf man nicht danach fragen, ob jetzt der Teich der richtige ist, aus dem das Löschwasser kommt".
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Am großen Tisch des EZB-Rats in Frankfurt wägen die Währungshüter ihre Argumente ab: Während die Märkte auf den großen Befreiungsschlag hoffen, warnen Skeptiker eindringlich vor den Gefahren einer Inflation. Die deutschen Banken halten die Sorgen für berechtigt - die Risiken seien jedoch beherrschbar.

Alles bereit für den großen Auftritt: Was genau wird Mario Draghi am Nachmittag verkünden?
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Der Bundesverband deutscher Banken hat sich in Anbetracht der Schuldenkrise im Euroraum für den an den Märkten erhofften Wiedereinstieg in den Ankauf von Staatsanleihen bedrängter Eurostaaten durch die Europäische Zentralbank (EZB) ausgesprochen.
Auf die Frage, ob die EZB - gegebenenfalls - wieder Anleihen von Krisenstaaten kaufen sollte, sagte der Hauptgeschäftsführer des Bankenverbandes, Michael Kemmer: "Klares Ja. Es ist richtig, dass man in einer solchen Notfallsituation auch daran denkt, dass die EZB ihre Staatsanleihenkäufe wieder aufnimmt".
Ordnungspolitisch sei er kein Freund eines solchen Vorgehens. "Aber wir haben nun keinen Normalzustand, wir haben Krise", sagte Kemmer. "Wenn es brennt, dann muss man löschen. Und wenn man löscht, darf man nicht danach fragen, ob jetzt der Teich der richtige ist, aus dem das Löschwasser kommt".
"Es darf kein Dauerzustand werden"
Kemmer räumte ein, dass ein solches Eingreifen der EZB . Allerdings sei aktuell die wirtschaftliche Lage mit Abschwächungstendenzen nicht so, dass man dies fürchten müsse. "Das heißt, Inflationsdruck ist im Moment nicht da", sagte Kemmer. Klar müsse sein, dass solche Eingriffe der EZB nur eine Ausnahme darstellen könnten, mit denen für die Staaten Zeit gekauft werde, in der sie ihre Finanz- und Wirtschaftsprobleme in Ordnung bringen müssten.
Seit Tagen kursieren unbestätigte Informationen, die EZB plane in Abstimmung mit den Euro-Staaten, den künftigen Rettungsfonds ESM mit einer Banklizenz auszustatten. Auf diese Weise soll der Rettungsfonds in die Lage versetzt werden, sich bei der EZB beinahe unbegrenzt Geld zu beschaffen, um auch größeren Staaten als Irland, Portugal oder Griechenland wirksam unter die Arme greifen zu können. Das Vorhaben gilt auch in Fachkreisen als hochumstritten.
Deutschland stemmt sich gegen die Lizenz
Bundesregierung und Koalitionspolitiker lehnen diese Idee ab. Das Hauptargument lautet: Ein solches Vorgehen würde gegen das Verbot der Staatsfinanzierung durch die EZB verstoßen. Aus Sicht der Befürworter hätte eine ESM-Banklizenz dagegen den Vorteil, dass sie eine praktisch unerschöpfliche Finanzkraft des ESM zur Folge hätte, was Spekulationen auf die Pleite von Euro-Staaten beenden würde.
Ausdrücklich wandte sich das Bundesfinanzministerium gegen die Idee, den Rettungsfonds mit einer Banklizenz auszustatten "Der ESM-Vertrag sieht keine Banklizenz vor, und wir sehen auch keine Notwendigkeit für eine Banklizenz für den ESM", sagte BMF-Sprecher Johannes Blankenheim. Es würden auch keine Gespräche zu einer Banklizenz geführt. Ebenso wenig gebe es geheime Sitzungen zu diesem Thema, sagte der Sprecher.
Berliner Regierungskreise gehen nicht davon aus, dass sich diese Idee gegen den Willen der Bundesregierung durchsetzen ließe. "Wir lehnen das aus grundsätzlichen Erwägungen ab", sagte der stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende und Finanzexperte Michael Meister im "Deutschlandfunk". Im Statut der EZB sei ausdrücklich die Verpflichtung enthalten, die Geldwertstabilität als einziges Ziel zu verfolgen. "Ich kann einen solchen Vorschlag nicht im Einklang mit dem Statut der Zentralbank sehen", sagte Meister.
Droht die "Vermögensvernichtungswaffe"?
Eine solche Banklizenz sei "nicht vorstellbar", weil das zu einer Finanzierung von Staatsschulden über die Zentralbank führen würde, und zwar dauerhaft und unbegrenzt. "Das würde bedeuten, dass wir letztendlich die Geldmenge massiv ausweiten und damit in eine inflationäre Entwicklung hineinlaufen", sagte Meister. Aus den Reihen der FDP waren entsprechende Pläne zuvor als "inflationspolitisches Himmelfahrtskommando" bezeichnet worden. In einzelnen Wortbeiträgen war sogar die Rede von einer "Inflationsmaschine und einer Vermögensvernichtungswaffe".
"Ich bin der Meinung, man kann das tun, wenn es sehr gut kontrolliert ist", hielt Bankenverbandssprecher Kemmer dagegen. "Es darf natürlich kein Dauerzustand werden, sonst kommt tatsächlich Inflationsdruck".
Der EZB-Rat traf am Morgen in Frankfurt am Main zusammen, um das weitere Vorgehen der Zentralbank im Kampf gegen die Schuldenkrise zu diskutieren. Im Kreis der Währungshüter sind mit und Bundesbankchef zwei Direktoriumsmitglieder aus Deutschland an den Beratungen beteiligt. Mit einer Entscheidung wird erst am frühen Nachmittag gerechnet, wenn EZB-Präsident wie üblich das Vorgehen der Währungshüter in einer Pressekonferenz ab 14.30 Uhr (MESZ) öffentlich erläutern wird.
Vor einer Woche hatte der EZB-Chef mit allgemein als Treueschwur zum Euro aufgefassten Worten durchgreifende Maßnahmen zur Eindämmung der Schuldenkrise angedeutet. Die Europäische Zentralbank ist demnach bereit, im Rahmen ihres Mandats alles Erforderliche zu tun, um den Euro zu erhalten. , fügte Draghi hinzu.
An den Märkten hatte er damit Beobachtern zufolge eine enorme Erwartungshaltung aufgebaut. Sollte Draghi diese hochfliegenden Hoffnungen enttäuschen, .
Quelle: ntv.de, mmo/DJ/rts