Nächste Finanzkrise in Asien? Börsenpanik in China sendet Schockwellen
08.07.2015, 11:45 UhrImmer weiter stürzen an Chinas Börsen die Kurse ab: Der Schanghaier Akrienmarkt verzeichnet jetzt bereits das größte Minus seit 20 Jahren. Die Regierung sucht hektisch nach Maßnahmen - die könnten jedoch alles noch schlimmer machen.
Die Abwärtsspirale an den chinesischen Börsen dreht sich immer weiter. Und das, obwohl Peking nicht müde wird, immer neue Maßnahmen zu ergreifen, die den Kursverfall bremsen sollen. Der für Festland-China wichtige Shanghaier Aktienmarkt brach um sechs Prozent ein und verlor damit binnen drei Wochen rund ein Drittel seines Werts. Das ist das größte Minus seit über 20 Jahren.
Die Panik weitete sich auf die Börsen in den Nachbarländern aus und stürzte auch die Rohstoffmärkte in Turbulenzen. Die Erschütterung des Börsenbebens war bis nach Europa spürbar. Am Devisenmarkt flüchteten viele Anleger in den japanischen Yen, der als "sicherer Hafen" Asiens gilt.
"Ich habe noch nie einen derartigen Kurssturz erlebt", sagte Analyst Du Changchun vom Vermögensberater Northeast Securities. "Ich glaube, niemand hat das." Wang Feng, Mitgründer und Chef des Hedgefonds Alpha Squared Capital, sprach von Panikverkäufen. "Das Problem ist, dass alle Marktteilnehmer in dieselbe Richtung drängen und zu emotional reagieren."
Rettungsversuche werden kritisch gesehen
Die chinesischen Behörden warnten ebenfalls vor einer Panik und setzten den Handel mit zahlreichen Papieren aus, um den Crash zu begrenzen. "Der jüngste Versuch Pekings, die Märkte zu beruhigen, bewirkt genau das Gegenteil. Die Panik weitet sich aus und die Behörden klammern sich an Strohhalme, um die Flut aufzuhalten ...", kommentierten die Marktexperten von IG.
Als jüngste Maßnahme zum Stopp des Kursverfalls kündigte die zur Finanzaufsicht gehörende China Securities Finance, die Kapital für kreditfinanzierte Aktienkäufe bereitstellt, an, ihre Käufe kleinerer Aktien erhöhen zu wollen. Zudem sprach die chinesische Notenbank China Securities Finance Hilfe zu, um sicherzustellen, dass das Unternehmen über genügend Liquidität verfügt.
Ebenfalls lockerten die Regulierer die Regeln für die Versicherungsunternehmen, damit diese mehr Aktien in ihre Portfolios nehmen dürfen. Doch die Rettungsversuche werden an den Märkten kritisch beurteilt.
Deutsche Auto-Aktien büßen ein
Die Maßnahmen Pekings bedeuteten einen Rückschritt für die eingeleiteten Liberalisierungen im vergangenen Jahr, monierte Gan Ai Mee, Investmentmanagerin bei Aberdeen Asset Management. Für das Anlegervertrauen sei das nicht gut. "Der Rettungsplan erhöht potenziell die systemischen Risiken", warnen die Analysten der Societe Generale. "Anfangs lag das von den Aktienmärkten ausgehende meiste Risiko bei den privaten Haushalten, nun gehen aber immer mehr systemisch relevante Institutionen Risiken am Aktienmarkt ein. Und das in einer Phase, in der der Markt immer noch stark unter Druck steht. Unsere größte Sorge ist, dass darunter Fortschritte bei den strukturellen Reformen leiden könnten".
Im Sog der chinesischen Aktienmärkte rutschte der weltweit viel beachtete Nikkei-Index der Tokioter Börse um 3,1 Prozent ab. Unter die Räder kamen in Japan vor allem Unternehmen mit engen Geschäftsbeziehungen zu China, um Beispiel Baufirmen. In Deutschland traf es die Autobauer besonders hart, für die das Reich der Mitte der wichtigste Absatzmarkt ist. BMW, Daimler und Volkswagen gehörten mit Kursverlusten von bis zu 2,8 Prozent zu den größten Verlierern im Dax.
Die Preise für Eisenerz und Stahl fielen in China auf ein Rekordtief. Kupfer war mit 37.960 Yuan (6113 Dollar) so billig wie zuletzt vor sechs Jahren. In den Strudel geriet auch Öl, dem als Schmierstoff der Weltwirtschaft eine besondere Bedeutung zukommt. Die richtungsweisende Sorte Brent aus der Nordsee verbilligte sich um 1,2 Prozent auf 56,19 Dollar je Barrel (159 Liter).
An der stark von Rohstoffunternehmen dominierten Börse in Sydney gaben die Kurse im Schnitt um 2 Prozent nach. Damit wurden die kräftigen Vortagesgewinne auf einen Schlag wieder wettgemacht.
Quelle: ntv.de, bdk/rts/DJ