Hightech statt Massenproduktion China setzt zum großen Technologie-Überholmanöver an
24.10.2025, 15:51 Uhr Artikel anhören
Der Schwerpunkt auf technologischer Eigenständigkeit und Binnenwachstum folgt einem wirtschaftspolitischen Kurs, den Peking bereits seit Jahren verfolgt.
(Foto: picture alliance/dpa/XinHua)
China treibt seine Hightech-Offensive voran und will verstärkt auf technologische Eigenständigkeit setzen. Laut Experte Bartsch sind die Auswirkungen dieser Ausrichtung in Deutschland bereits deutlich spürbar. Um China das Feld nicht komplett zu überlassen, dürfe nicht nur auf De-Risking gesetzt werden.
Chinas Spitzenpolitiker haben sich im Rahmen ihres Fünf-Jahres-Plans vor allem ein Ziel gesetzt: Peking will künftig noch stärker auf Innovation und technologische Eigenständigkeit setzen. Gleichzeitig soll der Binnenmarkt gestärkt und die inländische Nachfrage erweitert werden, um die Wirtschaft stärker auf den heimischen Konsum zu stützen. Das geht aus dem Abschlusskommuniqué des vierten Plenums des 20. Zentralkomitees hervor, das vier Tage lang in Peking tagte.
"China will sein Entwicklungsmodell umstellen. Weg von Massenproduktion am unteren Ende der Wertschöpfung hin zu einer Hochtechnologie-Produktion", sagt China-Experte Bernhard Bartsch, Leiter External Relations des Mercator-Instituts für China-Studien, ntv. Im Fokus stünden deswegen Themen wie Künstliche Intelligenz und Robotics. China wolle nicht nur im eigenen Land, sondern auch als Exportnation bei Spitzentechnologie ganz vorne mitspielen. "Am besten sogar in bestimmten Zukunftstechnologien Weltmarktführer werden."
Die Partei ruft in dem Abschlusskommuniqué nicht nur dazu auf, die technologische Selbstständigkeit zu stärken, sondern auch zu beschleunigen. Damit soll der Aufbau neuer, innovationsgetriebener Industrien vorangetrieben werden. China soll sich zu einer "starken Industrienation" entwickeln, neue Technologien und Zukunftsbranchen ausbauen und die Wettbewerbsfähigkeit traditioneller Industrien steigern. Gleichzeitig plant die Volksrepublik, die High-End-Fertigung zu intensivieren. Auch diese Maßnahme wird als Teil von Pekings Bemühungen angesehen, sich gegenüber den USA zu behaupten.
Die Auswirkungen sind in Deutschland laut Bartsch schon jetzt spürbar, denn China sei zu einem wirklich ernstzunehmenden Wettbewerber geworden. "Unser Maschinenbau merkt bereits, dass China nicht nur als Absatzmarkt weniger deutsche Produkte kauft, sondern inzwischen auch in Drittmärkten enorm wettbewerbsfähig ist. Und unsere Automobilindustrie sieht, dass chinesische Hersteller mittlerweile technologisch führend sind." Für Deutschland sei das eine enorme Herausforderung. Gerade auch deswegen, weil China sich geopolitisch zunehmend im Widerspruch zum Westen positioniert, etwa durch die Unterstützung Russlands.
Um China das Feld nicht komplett zu überlassen, sei es wichtig, durch das sogenannte De-Risking die Abhängigkeit von China weiter zu reduzieren, sagt Bartsch. Ein noch entscheidenderer Punkt ist für ihn allerdings: Deutschland und Europa müssen selbst wieder wettbewerbsfähig werden - mit einem starken europäischen Binnenmarkt, der fortschrittliche Unternehmen fördert und international mithalten kann. "Nur wenn wir unsere eigene Wettbewerbsfähigkeit stärken, werden wir langfristig auf Augenhöhe mit China bestehen können."
Technologie als Schlüssel zur nationalen Sicherheit
Weitere wichtige Ziele des neuen Fünf-Jahres-Plans sind die Schaffung eines einheitlichen nationalen Marktes, die Verbesserung des sozialen Wohlstands und die Modernisierung der Streitkräfte. Ein detaillierter Aktionsplan wird erst im März veröffentlicht, nach der formellen Verabschiedung durch die chinesischen Parlamentarier.
Der Schwerpunkt auf technologischer Eigenständigkeit und Binnenwachstum folgt einem wirtschaftspolitischen Kurs, den Peking bereits seit Jahren verfolgt. Da Chinas Bevölkerung schrumpft und altert, setzt Peking auf technologischen Fortschritt und Innovation, um die Produktivität zu steigern. Angesichts zunehmender geopolitischer Spannungen sehen die politischen Entscheidungsträger technologische Fähigkeiten zunehmend als Schlüssel zur nationalen Sicherheit an.
Auch die internationalen Handels- und Technologiebeschränkungen, insbesondere durch die USA, spielen in Chinas Plänen eine Rolle. "Sowohl die USA als auch China sehen sich gegenseitig als die größten Konkurrenten", sagt Bartsch. Beide hätten eigentlich kein klares Bild davon, wie sie langfristig ihre internationalen Kerninteressen durchsetzen könnten, wenn der andere ebenfalls erfolgreich ist. "Deshalb versuchen sie, sich gegenseitig zu schaden und einander zu übertrumpfen - militärisch, technologisch und wirtschaftlich." Der Einfluss von Deutschland und Europa sei gering, die Auswirkungen aber enorm. "Mittelfristig wird dieser Konflikt die kommenden Jahre auch für uns entscheidend mitprägen."
Quelle: ntv.de, mit DJ/dpa