Rheinmetall will verdoppeln Rüstungsindustrie rechnet mit Zigtausenden neuen Jobs
24.10.2025, 21:30 Uhr
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Produktion von Artilleriemunition im neuen Rheinmetall-Werk im niedersächsischen Unterlüß.
(Foto: picture alliance / photothek.de)
Während in der Autoindustrie Tausende Arbeitsplätze wegfallen, entstehen bei Rüstungsunternehmen zahlreiche neue. Daran dürfte sich so schnell nichts ändern.
Der derzeitige Rüstungsboom löst nicht nur Konjunktur-, sondern auch starke Job-Hoffnungen aus. Der Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie (BDSV) rechnet mit Zigtausenden neuen Stellen. Rheinmetall-Chef Armin Papperger sagte dem "Handelsblatt", als BDSV-Präsident gehe er davon aus, "dass in Deutschland 500.000 bis 600.000 Jobs im Sicherheitsbereich künftig entstehen könnten". Rheinmetall selbst will demnach in den kommenden drei Jahren "30.000 Arbeitsplätze aufbauen und dann insgesamt 70.000 Menschen beschäftigen".
Schwierigkeiten, Personal zu finden, hat das Unternehmen laut Papperger nicht. "Pro Jahr stellen wir 10.000 Leute ein", berichtet der Rheinmetall-Chef. "Ein Großteil davon kommt von der Autoindustrie. Dort werden aktuell Tausende Stellen abgebaut."
Wie viele Menschen die Rüstungsbranche bisher beschäftigt, ist unklar. Laut BDSV bietet die Sicherheits- und Verteidigungsindustrie knapp 136.000 Arbeitsplätze plus weitere gut 273.000 Jobs in anderen Wirtschaftszweigen, die davon abhängen. Die Angaben stammen allerdings aus dem Jahr 2015. Bei Pappergers Erwartungen handelt es sich in jedem Fall um einen massiven Jobaufbau.
Interesse von Bewerbern wächst
Wirtschaftsministerin Katherina Reiche hatte die Rüstungsindustrie im Sommer als "essenziellen Bestandteil" für eine resiliente Volkswirtschaft bezeichnet. Mit Blick auf die Schwächephase der deutschen Wirtschaft sagte sie, die Branche könne einen Beitrag dazu leisten, wirtschaftlich stärker zu werden. Davon gehen auch Wirtschaftswissenschaftler aus. Die Verteidigungsausgaben sollen in den kommenden Jahren deutlich erhöht werden, dafür wurde unter anderem die Schuldenbremse gelockert.
Dass die Branche wächst, zeigt auch die steigende Zahl von BDSV-Mitgliedern. Einschließlich Tochterunternehmen zählt der Verband inzwischen rund 400 Firmen. Im Frühjahr hatte der Branchenverband noch gut 300 Mitglieder gemeldet. Dazu gehören neben Rüstungskonzernen wie Rheinmetall oder Hensoldt allerdings auch Unternehmen wie beispielsweise die Telekom, EY, Mercedes, Getriebehersteller oder Lufthansa Technik.
Nicht nur Arbeitgeber im Rüstungsbereich sind auf der Suche, auch Bewerber interessieren sich zunehmend dafür, wie das Jobportal Indeed im Frühjahr berichtete. Mit dem Lockern der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben Ende März hatte sich dort die Zahl der Suchanfragen nach Begriffen und Unternehmen aus dem Verteidigungs- und Rüstungsbereich im Vergleich zu Anfang Februar verdreifacht.
Überdurchschnittliche Gehälter
Nachdem es in den vergangenen Jahrzehnten in Deutschland eher ein Tabu war, in der Branche zu arbeiten, wird sie heute als immer attraktiverer Arbeitgeber wahrgenommen. Neben der Bedeutung als Sicherheitsgarant empfinden Bewerber auch die Arbeitgeber als sicher, wie aus dem Recruiting in dem Bereich zu hören war. Attraktiv machen die Unternehmen zudem die vergleichsweise hohen Gehälter. Nicht nur der BDSV gibt den Durchschnittsverdienst als überdurchschnittlich an. Vom Jobportal Stepstone heißt es: "Das durchschnittliche Jahresgehalt bei einem deutschen Waffenhersteller liegt bei circa 68.000 Euro brutto, Mitarbeiter in leitenden Funktionen verdienen oft sechsstellig."
Die wachsende Bedeutung als Arbeitgeber dürfte von Dauer sein. Auch nach Ende des Ukraine-Kriegs ist mit höheren Verteidigungsausgaben zu rechnen als in der Vergangenheit. Spätestens seit Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump sind die Europäer viel mehr auf eigene militärische Stärke angewiesen.
Der Rheinmetall-Chef hält daher auch für den Fall eines Friedens in der Ukraine an seinen Investitionsplänen etwa für eine neue Fabrik in dem von Russland angegriffenen Land fest. "Auch bei einem Frieden bleibt das Misstrauen gegenüber Russland die nächsten 20 bis 25 Jahre bestehen. Und es muss viel passieren, bis dieses Misstrauen verschwindet", sagt Papperger. "Die europäischen Nato-Staaten, die gesamten westlichen Staaten müssen sich darauf vorbereiten, wehrhaft zu sein. Hinzu kommt, dass durch den Krieg überall die Munitionslager leer sind. Es wird Jahre dauern, die wieder zu füllen."
Quelle: ntv.de