Wirtschaft

Fahrradverleih der Zukunft? E-Bikes sollen die Innenstädte erobern

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Mehrere Fahrradverleiher an einem Ort bedeuten niedrigere Preise für die Kunden.

(Foto: imago/Andreas Gora)

Der Markt für Fahrradverleihsysteme in Deutschland boomt. Auf dem Kongress "Vivavelo" geht es um den Stadtverkehr von morgen. Dort präsentieren Experten Vorschläge, wie die Verkehrswende gelingen kann. Autofahrer kommen dabei nicht gut weg.

Die Frage stellt sich nicht nur beim Auto, sondern auch beim Fahrrad: Muss es immer das eigene Fahrzeug sein oder kann man sich auch eines leihen? Auf dem Fahrradkongress "Vivavelo" gehört zu den großen Fragen, wie der Verkehr in den Städten von morgen aussieht und wie sich der Anteil des umweltfreundlichen Fahrrads noch steigern lässt.

Dabei sollen auch Verleihsysteme eine größere Rolle spielen. Doch die haben in Deutschland nicht mehr nur Freunde, seitdem an zentralen Orten in Großstädten wie München, Berlin und Frankfurt zu viele Mieträder den Fußgängern im Wege stehen.

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Leihfahrräder stehen den Fußgängern oft im Wege.

(Foto: imago/Seeliger)

Das gefällt auch Wasilis von Rauch nicht, dem Vorsitzenden des Verkehrsclubs Deutschland (VCD). Dennoch findet er den Wettbewerb zwischen Unternehmen wie der Bahntochter Call-A-Bike, dem Leipziger Unternehmen Nextbike, dem chinesischen Anbieter Mobike oder Obike aus Singapur gut. "Das verhindert, dass sich die Anbieter nur die Rosinen herauspicken" - will sagen, sich mit ihren Räder auf die lukrativsten Plätze in Innenstädten oder in der Nähe von Touristenattraktionen beschränken. "An der Peripherie gucken die Leute dann in die Röhre", sagt von Rauch.

Verleiher an Kundendaten interessiert

Mehrere Anbieter an einem Ort bedeuteten auch niedrigere Preise für die Kunden. Und wenn es mit den Privaten gut laufe, müssten auch die Kommunen kein öffentliches Geld für ein eigenes Mietsystem ausgeben, meint von Rauch. Er spricht von einer "Wildwestphase", die nicht lange dauern werde.

Der VCD-Chef hofft auf einen noch höheren Anteil des Radverkehrs und auf weniger Autos: "Mein Traum ist das schon." Aber solange das Parken für Anwohner so "spottbillig" sei wie heute und Zustelldienste permanentes Falschparken ungeahndet zum Teil ihres Geschäftsmodells machen dürften, bleibe er skeptisch.

Radexperte Hannes Neupert vom Verbraucherverein "ExtraEnergy" vergleicht die Situation mit der Anfangszeit nach der Öffnung des Fernbusmarkts. Erst tummelten sich da viele Firmen, es blieben aber nur wenige übrig. "Für den, der drin bleibt, wird's profitabel werden", zeigt sich Neupert überzeugt. Er glaubt, dass etwa Obike und Mobike schon bald zusammengehen werden.

Für die großen Verleihfirmen seien auch die Kundendaten an sich interessant, meint von Rauch. Er glaube zwar nicht, dass mit den Bewegungsprofilen der Nutzer viel anzufangen sei. Aber für gezielte Werbung seien die Profile durchaus nützlich.

Standard für die Ladeschnittstelle

Neupert hat beim Radverleih die nächste Stufe im Blick. Schon bald werden nach seiner Einschätzung Elektroräder flächendeckend die Städte erobern. Die EU habe inzwischen einen Standard für die Ladeschnittstelle festgelegt. Damit sei der Weg frei für ein einheitliches Ladeschlosskabel - ein Kabel, mit dem man das E-Bike abschließt und zugleich Strom lädt. Anders als beim derzeitigen Modell mit Abstellerlaubnis in einer definierten Zone könne man diese Räder dann nur an Stationen festmachen und abholen, erklärt Neupert. Davon müsste es eben genügend geben, die Kommunen sollten sich darum kümmern.

Zur Eröffnung von "Vivavelo" präsentiert Tourismusforscher Stefan Gössling von der Universität Lund in Schweden eine Kosten-Nutzen-Analyse, die Auto und Fahrrad vergleicht. Dabei berücksichtigt sind Faktoren wie Luftverschmutzung, Landnutzung, Rohstoffverbrauch, eingerechnet aber auch Betriebskosten, Zeitverlust, Gesundheitskosten und Unfälle.

Das Ergebnis des Professors: Während ein Auto mit Verbrennungsmotor in Deutschland das Gemeinwesen durchschnittlich 27 Cent pro Kilometer kostet, ergibt sich beim Fahrrad ein Nutzen von 30 Cent pro Kilometer. Zieht man fürs Auto noch jene 8 Cent ab, die der Halter für Versicherung, Steuern und Abgaben zahlt, bleiben 19 Cent übrig. Umgerechnet auf eine typische Fahrleistung kommt Gössling auf 4000 Euro Kosten für die Allgemeinheit pro Auto und Jahr, die nach seinen Worten "nicht gedeckt" sind.

Quelle: ntv.de, Bernd Röder, dpa

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