Wirtschaft

EZB-Direktor kritisiert Kampagne Aus für 500er - "Kein Abschied vom Bargeld"

Bargeld ist mehr als "Kaufkraft", es ist auch "gedruckte Privatsphäre".

Bargeld ist mehr als "Kaufkraft", es ist auch "gedruckte Privatsphäre".

(Foto: imago/Christian Ohde)

Wird die Eurozone bargeldfreie Zone? Nein, sagt EZB-Direktor Mersch. Die Argumente der Bargeldgegner hält er für fadenscheinig. Die Finanz-Tech-Allianz zum Beispiel habe nur den eigenen Profit im Sinn. Geld in der Hand sei "gedruckte Privatsphäre".

EZB-Direktoriumsmitglied Yves Mersch hat den Beschluss zum Ende des 500-Euroscheins verteidigt, sich zugleich aber auch gegen eine komplette Abschaffung des Bargelds ausgesprochen. "Wer nun glaubt, dass die Eurozone sich vom Bargeld verabschiedet, irrt", schreibt Mersch in einem Gastbeitrag für Spiegel Online. "Für viele Bürger symbolisiert Bargeld nicht nur Kaufkraft, sondern stellt gedruckte Privatsphäre dar."

Yves Mersch tritt er Kritik an der EZB entgegen.

Yves Mersch tritt er Kritik an der EZB entgegen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die Argumente der Bargeldgegner könnten nicht überzeugen, schreibt Mersch. So greife etwa die Logik zu kurz, ohne Bargeld könnten die Notenbanken die Zinsen beliebig weit senken, um die Wirtschaft zu stimulieren. Sie ignoriere die "Nebenwirkungen exzessiv negativer Zinsen" und überschätze womöglich deren Effektivität.

Mersch macht eine Finanz-Tech-Allianz aus, die sich für eine Abschaffung des Bargelds einsetze, weil dies ihre Kosten senken würde. "Welch Wunder, dass Vorschläge, Bargeld komplett abzuschaffen, vor allem von Bankern oder bankfinanzierten Ökonomen stammen - wenn auch gerne in akademischer Garderobe gekleidet", schreibt der Notenbanker.

Auch die Argumentation des "Lagers für Recht und Ordnung", das dafür plädiert, Bargeld abzuschaffen, um kriminelle und zwielichtige Aktivitäten zu unterbinden, erscheint Mersch fadenscheinig. "Dass Kriminelle sich über Mobiltelefone abstimmen, würde niemanden ernsthaft auf die Idee bringen, alle Handys zu verbieten." Nicht nur Kriminelle, auch viele rechtschaffene Bürger würden ein gewisses Maß an Privatsphäre beim Bezahlen schätzen.

Insgesamt sei es wichtig, die Debatte um das Bargeld nicht auf die ökonomische Dimension zu beschränken, appelliert Mersch. "Die gesellschaftspolitische Bedeutung von Banknoten und Münzen könnte im obersten Geschoss des Elfenbeinturms unterschätzt werden."

"Bargeldbegrenzung wird salonfähig"

Die Abschaffung des 500-Euro-Scheins ist in der Öffentlichkeit auf breite Kritik gestoßen. Auch Kreditinstitute machen Stimmung gegen die Europäische Zentralbank. Die EZB mache "weitere Schritte der Bargeldbegrenzung salonfähig", erklärte zum Beispiel der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Volks- und Raiffeisenbanken (BVR), Uwe Fröhlich. Die Entscheidung sei "nicht nachvollziehbar und ungeschickt" in Zeiten, "die durch zunehmendes Unverständnis der Bevölkerung gegenüber der europäischen Geldpolitik geprägt sind".

Auch manche Volkswirte wollen auf den Fünfhunderter nicht verzichten. Münchener Ifo-Instituts, Clemens Fuest, erklärte: "Es muss der Eindruck entstehen, dass der Hauptgrund der Abschaffung das Ziel ist, die Zinsen weiter in den negativen Bereich zu bringen." Bargeld kenne keine Negativzinsen, elektronische Konten schon.

Die EZB hatte im März den Einlagensatz auf minus 0,4 Prozent gesenkt. Institute müssen damit noch höhere Strafzinsen zahlen, wenn sie bei der Notenbank überschüssiges Geld über Nacht parken. Manche Experten befürchten, dass die Banken über kurz oder lang die Negativzinsen an Kontoinhaber weiterreichen.

Quelle: ntv.de, ddi

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