Geschönte Bilanzen? Ex-HRE-Chef muss vor Gericht
02.01.2017, 16:26 Uhr
Ex-HRE-Chef Funke im Jahr 2008: Damals kollabierte die Bank.
(Foto: picture alliance / dpa)
2008 steht das weltweite Finanzsystem vor der Kernschmelze: Die HRE ist dabei nicht die erste Bank in Deutschland, die ins Taumeln gerät. Doch nirgends muss der Staat derart massiv eingreifen. Nun beginnt die juristische Aufarbeitung.
Mehr als acht Jahre nach der Beinahe-Pleite der Immobilienbank Hypo Real Estate (HRE) muss sich ihr früherer Chef Georg Funke vor Gericht verantworten. Der Strafprozess gegen Funke und den damaligen Finanzvorstand Markus Fell soll am 20. März beginnen, wie das Landgericht München mitteilte. Nach der dramatischen Rettung der Hypo Real Estate mit staatlichen Milliardenhilfen im Jahr 2008 war Funke der meistgeschmähte deutsche Banker. Nach seinem Rücktritt betätigte er sich zeitweise als Immobilienmakler auf Mallorca.
Laut Staatsanwaltschaft sollen Funke und Fell die Krise der Bank vertuscht haben. Die Anklage lautet auf Bilanzfälschung und bei Fell zusätzlich auf Marktmanipulation. Beide haben die Vorwürfe zurückgewiesen. Das Strafverfahren gegen sechs weitere ehemalige HRE-Vorstände soll dem Gericht zufolge gegen Geldauflagen eingestellt werden.
Der Prozess gegen Funke und Fell ist das letzte große Strafverfahren über die Verantwortung von Bankern in der Finanzkrise, das in Deutschland vor Gericht landen wird. Das HRE-Verfahren zog sich wegen langwieriger Ermittlungen und eines Richterwechsels in die Länge. Andere Prozesse gegen Vorstände deutscher Banken, die sich in der Finanzkrise verhoben hatten, endeten mit Freisprüchen, Einstellungen oder Bewährungsstrafen. Ins Gefängnis musste bisher niemand. Funkes Verteidiger Wolfgang Kreuzer will sich ebenfalls für einen Freispruch einsetzen.
Einen Teil ihrer Ermittlungen hatte die Staatsanwaltschaft bereits selbst eingestellt, weil sich einzelne Vorwürfe nicht erhärteten. Ein von der HRE-Hauptversammlung beauftragter Gutachter vertrat die Auffassung, dass die HRE-Banker trotz Managementfehlern nicht schuld an der Existenzkrise gewesen seien.
Allerdings urteilte das Oberlandesgericht München in einem von Aktionären geführten Schadenersatzprozess, der HRE-Vorstand habe Anleger getäuscht. Der Schadenersatzstreit liegt nun beim Bundesgerichtshof (BGH). In diesem Zivilprozess wird auch Funke verklagt, er musste jedoch nicht persönlich vor Gericht erscheinen.
Der Beinahe-Zusammenbruch der HRE war in Deutschland das dramatischste Kapitel der Finanzkrise, die infolge fauler Immobilienkredite in den USA weltweit Banken in Schieflage brachte. Der HRE wurde zum Verhängnis, dass sie wegen der Bankenkrise kein frisches Geld mehr bekam. Kurz nach der Pleite der US-Bank Lehman Brothers rettete die Bundesregierung das Münchner Institut mit fast zehn Milliarden Euro Kapital und Garantien von zeitweise 124 Milliarden Euro
Quelle: ntv.de, jwu/rts