"Versuch der Stimmungsmache"? Fitschen greift Staatsanwaltschaft an
05.03.2015, 01:50 Uhr
(Foto: REUTERS)
"Unwahr", "verzerrend" - das sind die beiden meistverwendeten Worte vor Beginn des Prozesses gegen den Co-Chef der Deutschen Bank, Fitschen. Die Vorwürfe des Managers kontert die Staatsanwaltschaft kurzerhand.
Bereits vor dem anstehenden Prozess geht es heiß her im Fall Jürgen Fitschen: Der Anwalt des Co-Chefs der Deutschen Bank wirft der Münchner Staatsanwaltschaft in einem Schreiben an das Landgericht München I nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" "unwahre und verzerrende" Darstellungen vor. Es geht um das Angebot einer einvernehmlichen Bußgeldlösung im Fall Kirch, das Fitschen abgelehnt hatte. Deshalb kommt es nun zum Prozess gegen Fitschen, der am 28. April 2015 vor der 5. Strafkammer des Landgerichts beginnt.
Die Staatsanwaltschaft hat demnach ihrerseits Fitschens Anwalt Hanns Feigen vorgehalten, bei Gericht einen "unwahren beziehungsweise verzerrenden Vortrag" abgeliefert zu haben. Der Verteidigung gehe es ersichtlich nur um den "Versuch der Stimmungsmache". Die Staatsanwaltschaft würde es sehr begrüßen, wenn die Verteidigung künftig bei einem "wahrheitsgemäßen Vortrag" bliebe.
Grundsätzliche Bedeutung
Bei dem ungewöhnlichen Schlagabtausch geht es um Vorgänge vor gut einem Jahr, die für den bevorstehenden Prozess von grundsätzlicher Bedeutung sind. Es geht um die Frage, ob das Verfahren gegen Fitschen ursprünglich eingestellt werden sollte und die Anklage dann nur nachgeschoben worden wäre oder nicht.
Am 7. Januar 2014 gab es nach Feigens Darstellung ein Gespräch zwischen ihm, der ermittelnden Oberstaatsanwältin Christiane Serini und dem Leiter der Staatsanwaltschaft München I, Manfred Nötzel. Die Staatsanwaltschaft habe, "ohne jede Zusage", die Möglichkeit einer Erledigung des Verfahrens nach Paragraf 153a der Strafprozessordnung angedeutet - also Einstellung gegen Geldauflage, da die "Schwere der Schuld" dem nicht entgegen stehe, heißt es dem Blatt zufolge.
Feigen will demnach geantwortet haben, dass sein Mandant Fitschen da nicht mit mache. Daraufhin sei der Paragraf 130 des Ordnungswidrigkeitengesetzes (OWiG) ins Gespräch gebracht worden. Demnach können "natürliche Personen", also vor allem Betriebsinhaber oder -chefs, gegen Recht und Gesetz verstoßen, wenn sie ihre internen Aufsichtpflichten verletzen. Eine Woche später habe die Strafverfolgerin bei ihm, Feigen, angerufen und erklärt, eine solches Verfahrensende komme nur dann in Betracht, wenn Fitschen 500.000 Euro Geldbuße akzeptiere. Und wenn auf einen entsprechenden Bescheid hin unverzüglich und verbindlich erklärt werde, keinen Widerspruch bei Gericht einzulegen.
Keine einvernehmliche Lösung
Bei einem weiteren Gespräch zwischen Serini und einem Anwalt der Deutschen Bank am 24. Februar 2014 sei sogar von einem "Modell Fitschen" die Rede gewesen. Auf diese Weise könne auch ein gegen die Bank selbst laufendes Bußgeldverfahren gleich mit erledigt werden. Das wäre für das Geldinstitut eine "praktikable Lösung" und vermeide, dass die Bank als solche in einem Prozess quasi mit auf der Anklagebank sitze. Doch am 28. Februar 2014 teilte Feigen der Staatsanwaltschaft München I mit, Fitschen akzeptiere keinen Bußgeldbescheid. Die einvernehmliche Lösung war damit vom Tisch.
Serini erklärte ddazu laut Zeitung ihrerseits in einer Stellungnahme bei Gericht, ernsthafte Gespräche über einen Verfahrensabschluss nach Paragraf 130 OWiG seien das schon deshalb nicht gewesen, weil die Staatsanwaltschaft erst im Sommer 2014 den gesamten Sachverhalt überschaut habe.
Als Angeklagte vor Gericht stehen werden neben Fitschen auch dessen Vorgänger Josef Ackermann und Rolf Breuer sowie zwei weitere Ex-Vorstände des Instituts. Sie alle sollen versucht haben, die Justiz in einem vom inzwischen verstorbenen Medienmagnaten Leo Kirch betriebenen Schadenersatzprozess zu täuschen. Die Angeklagten bestreiten das.
Quelle: ntv.de