Wirtschaft

Scharfe Kritik von DGB und Politik GDL bestreikt Bahn-Personenverkehr

Die GDL weitet ihren am Montagnachmittag begonnenen Ausstand aus. Nach dem Güter- ist nun auch der Personenverkehr massiv gestört. Aus der Union kommt die Forderung nach der Einführung eines gesetzlichen Schlichtungsverfahrens.

Bei der Deutschen Bahn wird von der Lokführergewerkschaft GDL seit dem frühen Morgen auch der Personenverkehr bestreikt. Die Arbeitsniederlegung begann um 2 Uhr. Ein Drittel der Fernzüge sowie etwa zwei von drei Regionalzügen würden trotzdem fahren, teilte die Bahn mit. Besonders viele Personenzüge würden in Berlin, Halle/Saale, Frankfurt am Main und Hamburg ausfallen.

Im Regionalverkehr will die Bahn 15 bis 60 Prozent des regulären Angebots aufrechterhalten, wobei mit den größeren Ausfällen in Ostdeutschland gerechnet wird. Im Westen der Republik gibt es unter den Lokführern noch einige Tausend Beamte, die nicht streiken dürfen.

Ab Mittag werde auf der Unternehmenswebseite der für 48 Stunden geltende Ersatzfahrplan veröffentlicht, teilte die Bahn weiter mit. Bereits am Montagnachmittag hatten die Lokführer einen Streik im Güterverkehr begonnen und damit massive Verspätungen und Ausfälle verursacht. Die Arbeitsniederlegungen sollen bis Sonntagmorgen dauern.

Es ist damit der bisher längste Ausstand in der Geschichte der Deutschen Bahn AG. In dem inzwischen seit gut zehn Monate laufenden Tarifkonflikt streikt die GDL nun zum achten Mal. Eine Schlichtung lehnte GDL-Chef Claus Weselsky ab.

"GDL ist rücksichtslos"

Nachdem Mitglieder der Bundesregierung den Streikkurs der GDL kritisierten, stößt er nun auch bei einer großen Gewerkschaft des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) auf massive Kritik. "Die GDL verfolgt rücksichtslos ihre eigenen Ziele für ihre kleine Klientel", sagte der Vorsitzende der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE), Michael Vassiliadis, der in Hannover erscheinenden "Neuen Presse". Die GDL gehe nicht verantwortlich mit dem Arbeitskampfinstrument um.

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Nicht viel los auf dem Hamburger Hauptbahnhof.

(Foto: dpa)

Der stellvertretende Unionsfraktionsvorsitzende Michael Fuchs warb in der "Bild"-Zeitung für die Einführung eines gesetzlichen Schlichtungsverfahrens im Bahn- und Luftverkehr. "Bevor gestreikt wird, sollen die Parteien miteinander reden - wie erwachsene Menschen", sagte Fuchs. Der aktuelle Tarifstreit bei der Bahn habe "eine neue Dimension" erreicht, sagte der CDU-Poliitker: "Ein Gewerkschaftsboss spielt mit hunderttausenden Bahnreisenden Katz und Maus."

Der Generalsekretär des CDU-Wirtschaftsrats, Wolfgang Steiger, forderte Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) auf, schnellstmöglich eine Zwangsschlichtung des Konflikts zu ermöglichen. Wenn eine "Kleinstgewerkschaft wie die Lokführer" das ganze Land erpresse, "muss eine Zwangsschlichtung für Bereiche der öffentlichen Daseinsfürsorge im Streikrecht eingeführt werden", sagte Steiger der "Bild". Dafür könne der Gesetzgeber "klare Kriterien zur Verhältnismäßigkeit festlegen, damit die Regelung gerichtsfest ist".

Der Bundesvorsitzende der Jungen Union, Paul Ziemiak, forderte Nahles in der "Bild" ebenfalls zur Einführung einer Zwangsschlichtung auf. Außerdem müsse es künftig "generell klarere Regeln für Arbeitskämpfe" geben. "Ein Mediationsverfahren sollte immer Vorbedingung von Streiks sein, ergänzt um eine angemessene Ankündigungspflicht von vier Tagen", sagte Ziemiak. Die Zahl der Streiks habe in den vergangenen Jahren stark zugenommen. "Deutschland verliert dadurch an Wettbewerbsfähigkeit - und Bahn, Lufthansa und zahlreichen Pendlern entstehen Milliardenschäden", warnte der CDU-Politiker.

Weselsky: "rechtmäßig und zulässig"

GDL-Chef Claus Weselsky bekräftigte indes, dass er keinen Grund für eine Schlichtung sehe. "Unsere Ziele sind rechtmäßig und das, was wir tun, ist zulässig", sagte er der ARD. Indirekt drohte Weselsky mit weiteren Steiks. Auf die Frage, ob mit weiteren Arbeitsniederlegungen zu rechnen sei, sagte der Gewerkschaftschef: "Wenn das Bahnmanagement unbeeindruckt auf uns zeigt unter der Überschrift 'das sind die Streikhanseln', dann werden die Mitglieder der GDL - die Lokführer und Zugbegleiter - das Management weiter abstrafen wollen!"

Angst vor Folgen

Deutschlands Konzerne befürchten wegen des einwöchigen Ausstands einen Schaden von bis zu einer halben Milliarde Euro. Besonders betroffen sind nach Angaben des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) die Stahl-, Chemie- und Autobranche, die auf die pünktliche Lieferung von Einzelteilen und Rohstoffen angewiesen seien.

Die Bahn hatte zuletzt angeboten, die Löhne vom 1. Juli an in zwei Stufen um insgesamt 4,7 Prozent zu heben. Dazu sollte eine Einmalzahlung von insgesamt 1000 Euro bis zum 30. Juni kommen. Die GDL fordert für die Beschäftigten fünf Prozent mehr Geld und eine Stunde weniger Arbeitszeit pro Woche.

Ein Knackpunkt für die Gewerkschaft ist die Einstufung der Lokrangierführer im Tarifgefüge der Bahn. Sie kritisiert, die Bahn wolle diese Kollegen, die etwa für das Koppeln und Entkoppeln von Zügen zuständig sind, niedriger einstufen als Mitarbeiter auf der Strecke. Der Konflikt ist auch deshalb so schwierig, weil die GDL mit der größeren Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) um Einfluss im Bahn-Konzern ringt. Außerdem will die GDL einen Erfolg erzielen, bevor das kommende Tarifeinheitsgesetz der schwarz-roten Bundesregierung die Macht kleiner Gewerkschaften beschränkt.

Quelle: ntv.de, bad/dpa/AFP

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