
Die Sonnenstunden und der viele Platz machen Algerien zu einem geeigneten Standort für die Erzeugung von nachhaltiger Energie. Auch die Nähe zu Europa ist ideal.
(Foto: imago images/Andia)
Die deutsche Industrie braucht Energie. Viel Energie. Die muss bald auch noch klimaneutral sein. Die Bundesregierung sieht in Algerien viel Potenzial. Doch die Probleme sind mindestens ebenso groß.
In Algier scheint die Sonne - das Wetter passt zum Besuch von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck in der Hauptstadt Algeriens. Das Land soll ein Puzzleteil in der deutschen Energiestrategie werden - erst als Lieferant von Erdgas, dann von grünem, also mit Solarenergie erzeugten Wasserstoff. Die meteorologischen Voraussetzungen stimmen zwar, doch bei den politischen und strukturellen ist noch viel Luft nach oben.
Habeck geht es nicht nur um Sonne, sondern erst einmal auch um Erdgas. Deutschland muss angesichts des Krieges in der Ukraine den langjährigen Energie-Großlieferanten Russland ersetzen. Algerien ist eines der Länder, auf das die Bundesregierung dabei hofft.
Das Land ist weltweit der zehntgrößte Gasproduzent. Bei der Größe der Gasvorkommen liegt Algerien auf Platz 13. Ein Großteil der Felder ist nicht erschlossen. Bislang produziert Algerien im Jahr etwa die Menge, die Deutschland vor dem russischen Überfall auf die Ukraine verbraucht hat. Die Hälfte des Gases geht in den Export, der Löwenanteil davon nach Europa. Nach Deutschland fließt bislang nur wenig. Das soll sich ändern.
Aber Erdgas soll nur eine Zwischenlösung sein auf dem Weg, die Energieversorgung der deutschen Industrie klimaneutral zu machen. Wesentlicher Bestandteil der Energietransformation ist grüner Wasserstoff. Für die Produktion ist Algerien ein idealer Standort - zumindest geografisch.
Das liegt nicht nur an den vielen Sonnenstunden in dem nordafrikanischen Land am Mittelmeer und dem Platz für riesige Solarfelder, sondern auch an der Nähe zu Europa. Außerdem gibt es bereits ein Pipeline-Netz, mit dem Gas über Tunesien, durch das Mittelmeer, über Italien und Österreich bis nach Süddeutschland fließt. Das könnte für den Transport von grünem Wasserstoff umgerüstet werden.
Taskforce soll helfen
Also macht sich Habeck auf den Weg nach Nordafrika, begleitet von einer Delegation von Wirtschaftsvertretern. Investitionen und Know-how aus Deutschland sollen helfen, eine Wertschöpfungskette rund um grünen Wasserstoff in dem Land aufzubauen. Während seines Kurztrips trifft Habeck zu diesem Zweck den Staatspräsidenten, den Energieminister sowie den Minister für Industrie und unterzeichnet eine Absichtserklärung über künftige Wasserstofflieferungen aus Algerien. Dafür soll eine bilaterale Wasserstoff-Taskforce eingerichtet und eine Wasserstoffpilotanlage gebaut werden.
Doch ob tatsächlich irgendwann grüner Wasserstoff aus Algerien nach Deutschland fließt, steht in den Sternen. Algerien ist kein Paradies für Investoren. Bürokratie, Korruption und eine staatlich gelenkte Wirtschaft - das alles zusammengenommen ist eine enorme Herausforderung. Regelungen werden plötzlich geändert, die Machtstrukturen sind undurchsichtig - im Hintergrund ziehen Militär und Sicherheitsorgane die Fäden.
Hinzu kommt, dass sich das Land nur langsam in Richtung erneuerbare Energien bewegt. Wie erheblich die Hindernisse sind, zeigt sich an dem Stellenwert der Solarenergie in dem Land: Algerien hat im Schnitt satte 3000 Sonnenstunden im Jahr. Rund zwei Millionen Quadratkilometer nimmt die Sahara ein, im flächenmäßig größten Land Afrikas gibt es also viel Platz für Solaranlagen. Die allermeisten Menschen leben in Städten an der Küste, der Rest des Landes ist nur dünn besiedelt. Das sind perfekte Bedingungen für günstige Sonnenenergie. Doch gewonnen wird sie kaum - stattdessen wird Strom aus Gas gewonnen, anstatt es nach Europa zu verkaufen.
Derzeit sieht es aber so aus, als würde die Regierung sich von der Abhängigkeit von Öl und Gas lösen wollen. Ein Beispiel ist das wichtigste Prestigeprojekt, die weltweit drittgrößte Moschee in Algier, die kurz vor der Eröffnung steht. Das riesige Bauwerk bietet Platz für 30.000 Gläubige und hat das mit 265 Metern höchste Minarett der Welt. Auf den Dächern des Komplexes sorgen Solarzellen für Strom und warmes Wasser.
Quelle: ntv.de