Freistaat verliert Markenzeichen IFO-Institut sieht bayerische Exportstärke schwinden
22.01.2024, 11:02 Uhr Artikel anhören
Die Industrie- und Handelskammer (IHK) prophezeit Bayern, aber auch Deutschland eine tiefgehende Anpassung.
(Foto: picture alliance/dpa)
Hohe Exportzahlen sind Ausdruck von Wettbewerbsfähigkeit und starker Nachfrage. Doch der Reiz von "Made in Bavaria" schwindet: In einer Untersuchung begräbt das IFO-Institut die starke bayerische Exportwirtschaft. Zu den Ursachen gehören fehlende Fachkräfte und hohe Energiepreise.
Kräftige Exportüberschüsse als Ausdruck der wirtschaftlichen Stärke Bayerns gehören einer Studie zufolge der Vergangenheit an. Bereits seit 2019 sei der Freistaat kein Netto-Exporteur von Gütern mehr, heißt es in einer neuen Untersuchung des Münchner IFO-Instituts. Der Freistaat bezieht also mehr Waren aus dem Ausland als er dorthin exportiert.
Bis 2022 stieg das Defizit demnach auf einen Jahreswert von 34,2 Milliarden Euro, auch getrieben durch hohe Energiepreise. Die Daten für 2023 liegen bisher nicht vollständig vor. Bis einschließlich November sei aber ein Defizit im Güterhandel von 9,5 Milliarden Euro aufgelaufen. Das IFO-Institut sieht in dieser Entwicklung einen dauerhaften Trend: Der Freistaat müsse sich damit von einem wesentlichen Markenzeichen seines Aufschwungs der Nachkriegszeit verabschieden.
"Zwar sind Exportüberschüsse oder -defizite für sich genommen weder gut noch schlecht", sagt Oliver Falck, der Leiter des IFO-Zentrums für Industrieökonomik und neue Technologien und Mitautor der Studie. "Aber hohe Exporte sind ein Ausdruck von Wettbewerbsfähigkeit und dafür, dass Güter 'Made in Bavaria' gefragt sind."
Automobilbranche und chemische Industrie besonders betroffen
Auch falle die Industrieproduktion in Bayern - ebenso wie in Deutschland insgesamt - seit 2018 zurück. Zugleich hätten Österreich und der Euroraum teils Zuwächse verzeichnet. Zudem lägen die Anlageinvestitionen in Deutschland dauerhaft auf niedrigem Niveau. "Das sind deutliche Anzeichen für Belastungen am Industriestandort Bayern: Zu diesen gehören fehlende Fachkräfte, hohe Energiepreise und Defizite bei der Digitalisierung", sagt Falck. "Besonders betroffen sind die Automobilbranche und die chemische Industrie."
Als weitere Erklärung für die Industrieschwäche in Bayern werden auch Hemmnisse im freien Welthandel und Subventionsprogramme im Ausland genannt. Das beschleunige Produktionsverlagerungen bayerischer Hersteller nach Asien und in die USA.
Der Industrie- und Handelskammer (IHK) für München und Oberbayern zufolge könne sich der Standort nicht vom noch stärkeren gesamtdeutschen Abwärtssog lösen. Eine tiefgehende Anpassung stehe bevor. "Der strukturelle Wandel ist voll im Gange", sagte Hauptgeschäftsführer Manfred Gößl. "Die Grundausrichtung muss heißen: auf Forschung und Entwicklung setzen, auf Automatisierung, Digitalisierung und Künstliche Intelligenz." Gleichzeitig brauche die Wirtschaft Rückenwind durch steuerliche Anreize für Investitionen, weniger Bürokratie, schnelle Genehmigungen, moderne Infrastruktur, sichere Energieversorgung sowie erstklassige Aus- und Weiterbildung.
Quelle: ntv.de, chr/rts