"Ruhige Herbstkonjunktur" Industrieaufträge steigen schwächer
06.09.2016, 09:41 UhrDie Analysten waren zu optimistisch: Die Auftragseingänge für die deutsche Industrie verzeichnen im Juli eine geringere Zuwachsrate als von ihnen erwartet. Eine Eintrübung der deutschen Konjunktur erwarten die Fachleute nicht.
Der Auftragseingang der deutschen Industrie ist schwächer als erwartet ins dritte Quartal 2016 gestartet. Das lässt eine weiterhin nur moderate industrielle Aktivität erwarten. Nach Mitteilung des Statistischen Bundesamts (Destatis) erhöhten sich die Auftragseingänge im Juli gegenüber dem Vormonat um 0,2 Prozent. Volkswirte hatten einen Zuwachs von 0,6 Prozent prognostiziert.
Der Rückgang im Vormonat wurde auf 0,3 (vorläufig: 0,4) Prozent revidiert. Ohne Großaufträge sanken die Bestellungen im Juli um 1,3 Prozent.
Die Auftragseingänge aus dem Inland verringerten sich um 3,0 Prozent, während die aus dem Ausland um 2,5 Prozent zunahmen und die aus dem Euroraum sogar um 5,9 Prozent. Die Bestellungen aus dem übrigen Ausland erhöhten sich um 0,6 Prozent.
Bei den Herstellern von Vorleistungsgütern lag der Auftragseingang auf dem Niveau des Vormonats. Bei den Herstellern von Investitionsgütern gab es einen Zuwachs von 0,8 Prozent. Im Bereich der Konsumgüter fielen die Aufträge hingegen um 4,3 Prozent. Auf Jahressicht sanken die Auftragseingänge saisonbereinigt um 0,5 Prozent, nachdem das Minus im Juni 2,8 Prozent betragen hatte.
Keine deutliche Eintrübung erwartet
Nach Einschätzung des Bundeswirtschaftsministeriums spricht die gegenwärtige Seitwärtsbewegung der Auftragseingänge für eine "eher ruhige Industriekonjunktur im Herbst". "Das Geschäftsklima im verarbeitenden Gewerbe hatte sich zuletzt eingetrübt, verblieb aber über seinem langjährigen Durchschnitt", urteilte das Ministerium.
Die deutsche Wirtschaft ist im ersten Quartal um 0,7 Prozent gewachsen und im zweiten Quartal um 0,4 Prozent. Für das dritte Quartal erwarten Beobachter bisher überwiegend keine deutliche Eintrübung. Im zweiten Quartal war die Industrieproduktion spürbar gesunken. Produktionsdaten für Juli werden am Mittwoch um 8.00 Uhr veröffentlicht. Volkswirte erwarten einen Rückgang um 0,3 Prozent.
Stimmen von Analysten
Alexander Krüger, Bankhaus Lampe: "Der Auftragseingang setzt seine lethargische Seitwärtsbewegung fort. In diesem Monat war es das Inland, das hierzu beigetragen hat. Da die Weltwirtschaft nur verhalten wächst, ist echte Besserung nicht in Sicht."
Jana Meier, HSBC Trinkaus: "Das deutet auf eine eher ruhige Entwicklung in den kommenden Monaten hin. Wenn man die Großaufträge herausnimmt, sieht das Bild etwas schlechter aus. Die Brexit-Folgen spiegeln sich in den Daten noch nicht wider. Das beruhigt sich im Moment zwar etwas. Die Unsicherheit über den weiteren Fortgang dürfte aber mittelfristig auf die Investitionen durchschlagen."
Thomas Gitzel, VP Bank: "Durchatmen ist angesagt. Im Juli verbuchen die Auftragseingänge wieder ein positives Vorzeichen. Wäre im Juli ein erneuter Rückgang zu vermelden gewesen, hätte es ziemlich düster ausgesehen. Der Zuwachs ist aber alles andere als berauschend. Die deutschen Unternehmen tun sich im laufenden Jahr relativ schwer, an neue Aufträge zu kommen. Davon sind selbst Flaggschiffe wie etwa der Maschinenbau betroffen. Die wirtschaftlichen und politischen Verunsicherungen dämpfen die Bestelllaune rings um den Globus. Der Brexit-Entscheid war dabei lediglich das vorerst letzte Glied in der Kette. Mit US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump steht der nächste Unsicherheitsfaktor vor der Tür. Trump ist der Freihandel ein Dorn im Auge. Gerade aber das wollen global agierende Unternehmen nicht hören. Vermutlich ist die Saure-Gurken-Zeit bei den Auftragseingängen noch nicht beendet."
Quelle: ntv.de, wne/DJ/rts