Wirtschaft

Hoffnung für den Dax? "Jahresendrally ist nicht abgesagt"

Von seinem Rekordhoch im April ist der Dax mittlerweile mehr als 3000 Punkte zurückgekommen.

Von seinem Rekordhoch im April ist der Dax mittlerweile mehr als 3000 Punkte zurückgekommen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Es läuft nicht mehr beim Dax: Nach Rekordständen im Frühjahr geht es zuletzt nur nach unten. Jetzt markiert der Index sogar den tiefsten Stand des Jahrs. Börsenexperte Robert Halver nennt die Gründe für den Absturz - und sagt, warum er dennoch optimistisch ist.

n-tv.de: Der Dax markiert heute ein neues Jahrestief bei 9325 Punkten. Ist die im ersten Halbjahr tobende Börsen-Party aus Ihrer Sicht nun endgültig vorbei?

Robert Halver: Im Augenblick kommt einiges zusammen. Nach Murphys Gesetz: Alles was schief gehen kann, geht derzeit schief. Wir haben die Konjunktur in Asien als Belastungsfaktor, gerade für das zyklische Deutschland. Wir haben die ungeklärte Zinswende in den USA, die stört. Wir haben die Weltkonjunktur, die im Augenblick etwas verhaltener eingeschätzt wird. Wir haben zudem beim Dax einige Problembranchen.

Welche sind das?

Robert Halver ist Leiter der Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank.

Robert Halver ist Leiter der Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank.

Die Banken etwa, die werden reguliert wie schwer erziehbare Kinder. Die Versicherungen leiden unter niedrigen Zinsen, die sie immer weniger in die Lage versetzen, Garantie-Verzinsungen zu erwirtschaften. Unsere Versorger wurden nach Fukushima aus wahlpopulistischen Gründen zum Abschuss freigegeben. Und jetzt kommt als ein ganz markanter Punkt hinzu: Das wahrscheinlich erotischste Industrielabel "Made in Germany" wurde durch den VW-Abgas-Skandal  beschädigt. Deutsche Industriegüter standen im Ausland immer für höchste Qualität, aber nun kommt ganz plötzlich die Frage in den Anlageausschusssitzungen vor allem der bedeutenden US-Investoren die Frage auf, ob Deutschland diesem Anspruch noch genügen kann. Das ist vor allem ein Kopf-Problem dieser bedeutenden Anlegergruppen, kein rationales Problem. Denn unsere Autos sind nach wie vor großartig. Aber die Psychologie lässt im Moment den klaren Verstand nicht zum Zug kommen.    

Im April hatten wir beim Dax noch fast 12.400 Punkte. Nun sind es rund 3000 weniger. Haben Sie das für möglich gehalten?

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Nein, das hätte ich nicht gedacht. Konsolidierungen gehören dazu, sicher. Dass der Dax so deutlich zurückgegangen ist, ist sogenannten "Schwarzen Schwänen" geschuldet, also Ereignisse, die man nicht vorhersehen konnte. Dazu gehören die schwache Konjunkturentwicklung und der Börsensturz in China wie auch der Skandal um manipulierte Abgaswerte bei VW.

Für den starken Anstieg des Dax in der ersten Jahreshälfte wurde vor allem die lockere Geldpolitik der EZB verantwortlich gemacht. Diese hält an, aber der Dax sinkt wieder. Wie kommt das?

Die lockere EZB-Geldpolitik war zunächst so etwas wie ein Dammbruch. Viele Anleger sagten sich: Angesichts von enormem Anlagebedarf bei gleichzeitig erbärmlichen Zinserträgen müssen wir jetzt Aktien kaufen. Aber mittlerweile ist man weiter und sieht, dass die Geldpolitik es nicht zu schaffen scheint, in der Eurozone die Inflation und Wirtschaft anzutreiben. Sie wird auch immer kritischer gesehen, was die Aktienmärkte angeht. Obwohl sie sicherlich so etwas ist wie eine Lebensversicherung für die Aktienmärkte ist. Aber die Gleichung "Mehr Geld gleich höhere Aktienkurse" geht nicht mehr auf. Die Geldpolitik ist an ihre Grenzen gekommen. Ihre frühere Allmacht ist immer öfter ohnmächtig. Das versucht sie mit noch mehr Notenbankgeld zu kompensieren.Zur Normalität der Geldpolitik werden wir wohl nie mehr zurückkehren können.

Wie geht es Ihrer Meinung nach nun weiter mit dem Dax?

Im Moment betreiben die Anleger das große Reinemachen. Das wird den Dax zunächst noch schwankungsintensiv halten. Die Anlegerwunden werden sozusagen geleckt. Aber mir ist es lieber, es kommt alles zeitgleich auf den Tisch als langes Siechtum. Da muss der Dax jetzt durch. Denn wenn die Nacht am schwärzesten ist, ist der Morgen am nächsten. Die Weltwirtschaft wird nicht zusammenbrechen und "Made in Germany" wird nicht untergehen. Im November und Dezember werden sich die Wogen geglättet haben und der Dax wieder steigen. Die Jahresendrally ist also nicht abgesagt, auch wenn sie weniger schwungvoll verlaufen wird als bislang gedacht.

Mit Robert Halver sprach Kai Stoppel.

Quelle: ntv.de

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