Wirtschaft

Reinheitsgebot von 1760 v. Chr. Kleinste Brauerei serviert ältestes Bier

Die genaue Rezeptur des Bieres in der "Schlossplatzbrauerei" wird nicht verraten.

Die genaue Rezeptur des Bieres in der "Schlossplatzbrauerei" wird nicht verraten.

(Foto: facebook.com/NicolaNeumann)

In Köpenick, einem kleinen Randbezirk von Berlin, wird das älteste Bier der Welt gebraut. Neben dem babylonischen Reinheitsgebot von 1760 v. Chr. ist das 500-jährige Jubiläum des deutschen Reinheitsgebots neumodischer Schnickschnack.

Gästen der "Schlossplatzbrauerei" im Berliner Randbezirk Köpenick steigt beim Betreten des kleinen Lokals ein süßlicher Geruch in die Nase. Er entweicht dem großen Kupferbottich, in dem Joachim Rubbert und Sohn Maximilian gerade ihr Bier brauen - und zwar nach dem babylonischen Reinheitsgebot von etwa 1760 vor Christus. Im Vergleich dazu ist das deutsche Reinheitsgebot, das am Samstag sein 500-jähriges Jubiläum feiert, eine neumodische Erscheinung.

Es gibt vieles zu erzählen über den kleinen Glaskubus mit seinen kaum 40 Gästeplätzen im Herzen Köpenicks: Dass Familie Rubbert hier die kleinste Brauerei Deutschlands betreibt. Dass die Entstehungsgeschichte der im Jahr 2004 eröffneten Kneipe fast so abenteuerlich ist wie der unwahrscheinliche Lebensweg seines Gründers. Dass Vater und Sohn mit ihren zwölf Eigenkreationen schon Craftbier brauten, bevor handwerklich gemachtes Bier zum Trendprodukt wurde.

Doch es ist das babylonische Bier, das den Rubberts weit über Berlin hinaus Aufmerksamkeit bringt. "Selbst das japanische Staatsfernsehen war schon da", sagt der 68-jährige Rubbert und beginnt mit starkem Berliner Akzent zu erzählen. Denn eigentlich sei das ja alles ein großer Zufall gewesen.

6000 Jahre Biergeschichte

Rubbert brachte sich das Brauen selbst bei, nachdem seine Frau die Idee zur Gründung der Brauerei hatte. Sie sollte Rubberts letztes Projekt nach vielen Arbeitsaufenthalten im Ausland werden. Er wollte seinen Gästen etwas besonderes bieten und las sich in die gut 6000-jährige Geschichte des Biers ein.

Ein Plakat beim Stadtbummel machte ihn auf Berlins Vorderasiatisches Museum aufmerksam, das tausende Steintafeln aus Babylon beherbergt, der sagenumwobenen Metropole des Reichs Mesopotamien. "Da dachte ich mir, kannst ja mal hin und fragen, ob die was haben", sagt Rubbert. Und das Museum hatte tatsächlich etwas für ihn.

Der stellvertretende Direktor des Museums fand und übersetzte für Rubbert das in Babylon geltende Reinheitsgebot. Erlassen wurde es unter König Amurapi, auch als Ammurabi bekannt. "Die wussten schon, wie man das macht", sagt Rubbert über das babylonische Bierrezept, das er nicht preisgeben will. Denn auch wenn das Bier dem heutigen sehr ähnlich ist, waren die Zutaten doch nicht die gleichen.

Bier als Zahlungsmittel

Eine Kostprobe bestätigt, dass die Babylonier sich wirklich auf das Bierbrauen verstanden haben müssen. Das bernsteinfarbene Bier schmeckt fruchtig und leicht süß - irgendwie modern, weil es wie die trendigen Craftbiere mit einer ganz eigenen Note aufwartet.

Bier sei in Babylon Zahlungsmittel gewesen, sagt Rubbert. Deswegen sei es beim Reinheitsgebot nicht in erster Linie um den Geschmack gegangen. "Es ging darum, dass nicht beschissen wird", sagt der studierte Anlagenbauer lachend. Bierpanschern habe im schlimmsten Fall die Todesstrafe gedroht.

Auch das am 23. April 1516 vom bayerischen Herzog Wilhelm IV. erlassene Reinheitsgebot legte wie dutzende andere Reinheitsgebote der Geschichte Strafen fest und ermöglichte dem Herrscher eine Kontrolle über den lukrativen Bierhandel. Zugleich wurden mit dem bayerischen Reinheitsgebot rauschsteigernde Beigaben wie Stechapfel und Fliegenpilz verboten.

Diese Beigaben entdeckte auch Rubbert bei seinen Recherchen für das von ihm erfundene Mittelalterbier. Er bevorzugt aber sein "Köpenicker Moll". In nicht minder aufwändigen Recherchen erarbeitete er das Rezept jenen Biers, das um 1750 nur wenige Meter von der heutigen "Schlossplatzbrauerei" hergestellt wurde.

Dies ist jedoch noch einmal eine ganz andere Geschichte. "Letztlich kommt es nur darauf an, dass ein Bier in Ordnung ist und dass es schmeckt", sagt Rubbert. "Und dass es ein bisschen dröhnig macht."

Quelle: ntv.de, Sebastian Huld, AFP

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