Wirtschaft

Streit im öffentlichen Dienst Kommunen lehnen Lohnforderung ab

Mehr Geld für Beamte und Angestellte des öffentlichen Dienstes: In Potsdam beginnen milliardenschwere Verhandlungen (Archivbild).

Mehr Geld für Beamte und Angestellte des öffentlichen Dienstes: In Potsdam beginnen milliardenschwere Verhandlungen (Archivbild).

(Foto: dpa)

Im Staatsdienst droht Streit ums Geld: Für die 2,3 Millionen Beschäftigen von Bund und Kommunen fordern Gewerkschaften und Beamtenbund sechs Prozent mehr. Die Arbeitgeberseite droht indirekt damit, teure Tätigkeiten an private Hand zu vergeben.

Vor dem Beginn der Tarifverhandlungen für die 2,3 Millionen Angestellten der Kommunen und des Bundes haben die Arbeitgeber vor Stellenverlusten im öffentlichen Dienst gewarnt. "Ein Beschäftigter, dessen Tätigkeit ausgegliedert oder privatisiert wird, hat nichts von einem Elf-Prozent-Lohnplus", sagte der Präsident der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA), Thomas Böhle, der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Böhle bezog sich mit seiner Prozentangabe auf eigene Berechnungen. Zugleich versicherte er, die Arbeitgeberverbände wollten aber "alle Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst halten".

Böhle und ein Vertreter von Bundesinnenminister Thomas de Maiziere kommen am Nachmittag mit den Verhandlungsführern der Gewerkschaften des öffentlichen Diensts in Potsdam zusammen. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, der Deutsche Beamtenbund dbb, die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) und die Polizeigewerkschaft GdP gehen mit der gemeinsamen Forderung nach sechs Prozent mehr Lohn in die erste Verhandlungsrunde.

Durch weitere Nebenforderungen summiert sich die Forderung nach Verdi-Angaben auf sieben Prozent und eine Gesamtsumme von sechs Milliarden Euro. Die kommunalen Arbeitgeber und das Bundesinnenministerium weisen die Forderung ungeachtet sprudelnder Steuereinnahmen als überzogen zurück. Die Forderungen seien unbezahlbar, hieß es.

Polizisten, Krankenschwestern, Müllarbeiter

VKA-Präsident Böhle nennt zudem deutlich größere Prozentzahlen: Das von den Gewerkschaften verlangte Plus von mindestens 200 Euro im Monat bedeute in einer niedrigen Entgeltgruppe ein wesentlich höheres Plus als die ansonsten geforderten sechs Prozent, sagte Böhle der "NOZ". "In der Spitze läge das Lohnplus bei über elf Prozent." Der Mindestbetrag verteuere vor allem die Entgeltgruppen, bei denen der öffentliche Dienst schon jetzt kaum noch wettbewerbsfähig sei.

Als Beispiele für Entgeltgruppen mit hohem Kosten- und Wettbewerbsdruck nannte Böhle die Servicebereiche in Krankenhäusern, Hilfs- und Betreuungskräfte in Pflegeeinrichtungen, die Bodenverkehrsdienste an Flughäfen sowie die Entsorgungswirtschaft und den Nahverkehr. In diesen Bereichen liegen die Tariflöhne des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst nach Angaben des VKA-Präsidenten schon jetzt in der Regel über den Gehältern der privaten Konkurrenten.

"Wann, wenn nicht jetzt?"

Der Chef der Gewerkschaft Verdi, Frank Bsirske, verteidigte dagegen die Forderung nach einer deutlichen Gehaltssteigerung im öffentlichen Dienst. Die Beschäftigten lägen in der Tariflohn-Entwicklung seit dem Jahr 2000 durchschnittlich etwa vier Prozent hinter der Gesamtwirtschaft zurück, sagte er vor Beginn der Tarifverhandlungen.

Der Boom der deutschen Wirtschaft werde auch die nächsten Jahre andauern und sich in sprudelnden Steuereinnahmen und staatlichen Überschüssen niederschlagen, argumentiert Bsirske. "Wann, wenn nicht jetzt, kann etwas getan werden, um für die Attraktivität des öffentlichen Dienstes bei Erzieherinnen, Krankenschwestern und bei den Beschäftigten zu sorgen?"

Hoch verschuldete Kommunen

Auf den Einwand, dass viele Kommunen hoch verschuldet seien, antwortete Bsirske: "Wenn wir danach gehen, werden wir in den nächsten 30 Jahren auf Lohnerhöhungen verzichten müssen." Man werde einen Durchschnittswert bilden müssen, der sich nicht nur an den schwächsten Kommunen orientieren könne. "Wir müssen einen Beitrag leisten, um auf der Personalseite attraktiv zu bleiben", sagte er. "Und die Frage der Entschuldung der Kommunen muss auf anderem Wege angegangen werden." Dabei seien der Bund und die Länder gefordert.

Der Abschluss solle sich an der Privatwirtschaft orientieren, mit der der öffentliche Dienst in immer schärferer Konkurrenz stehe, bestätgte Beamtenbund-Chef Ulrich Silberbach. Der jüngste Abschluss für die Metallbranche etwa sah am Ende unter anderem ein Lohnplus von 4,3 Prozent plus Zuschlägen vor. In Potsdam führt dbb-Chef Silberbach zusammen mit Bsirske die Gespräche auf Arbeitnehmerseite. Als Vertreter der Arbeitgeberseite sitzt neben VKA-Chef Böhle auch Innenstaatssekretär Hans-Georg Engelke am Verhandlungstisch. Er vertritt in Potsdam den scheidenden Bundesinnenminister Thomas de Maizière.

Dass es bereits in der ersten Verhandlungsrunde zu einer Einigung zwischen den Tarifpartnern kommt, halten alle Seiten offenbar für wenig wahrscheinlich. Weitere Termine sind bereits angesetzt: Die zweite Tarifrunde soll Mitte März stattfinden, die dritte Runde Mitte April.

Quelle: ntv.de, mmo/AFP/dpa

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