Wirtschaft

Zukunftsmarkt auf der Südhalbkugel? Brasilien klopft in Europa an

Dann eben ohne die Nachbarn: Antonio Patriota.

Dann eben ohne die Nachbarn: Antonio Patriota.

(Foto: REUTERS)

Die Zeiten raschen Wachstums sind fürs Erste vorüber: Jetzt muss das aufstrebende Schwellenland Brasilien neue Quellen der Wirtschaftskraft finden. Weil die Suche mit den Nachbarn zu lange dauert, wechselt Brasiliens Außenminister Patriota die Strategie.

Brasilien prescht nach vorn: Die größte Volkswirtschaft Lateinamerikas strebt nach Angaben des brasilianischen Außenministers auf eigene Faust ein Handelsabkommen mit der Europäischen Union an.

Gemeinsame Versuche an der Seite Argentiniens, Venezuelas und Uruguays hätten in den vergangenen Jahren nicht zum Ziel geführt, erklärte Brasiliens Außenamtschef Antonio Patriota der in London erscheinenden "Financial Times". Jetzt wolle Brasilien abseits des südamerikanischen Handelsbündnisses Mercosur einen Alleingang starten.

Noch in diesem Monat soll ein entsprechender Vorschlag präsentiert werden, kündigte Außenminister Patriota an. Brasilien steht dabei Beobachtern zufolge tatsächlich unter Zeitdruck: Der wirtschaftliche Aufstiegs in den vergangenen Jahren führt nun zu einer Neueinstufung in den Statistiken der Welthandelsorganisation WTO. Ab kommendem Jahr wird Brasilien als Volkswirtschaft mit mittlerem bis hohem Einkommen eingestuft, was indirekte Konsequenzen für das Exportgeschäft nach sich ziehen wird. Brasilien, so lautet die Befürchtung, würde damit Vorteile im Handel mit der EU einbüßen.

Der Vorstoß in Richtung Europa soll die außenwirtschaftlichen Konditionen des wirtschaftlichen Schwergewichts Südamerikas verbessern: Laut "Financial Times" würde ein Abkommen zwischen Brasilien und der EU ein Handelsvolumen von 80 Milliarden US-Dollar (rund 60 Mrd. Euro) abdecken. Nach Zahlen der EU-Kommission entfallen 37 Prozent des Handels der EU mit Lateinamerika allein auf Brasilien.

Die deutschen Exporte nach Brasilien beziffert das Auswärtige Amt in Berlin auf Basis zuletzt verfügbarer Daten auf rund 11,17 Milliarden Euro. Die Einfuhren brasilianischer Waren und Güter bewegen sich in einer ähnlichen Größenordnung. Bei beiden Größen verzeichneten Statistiker in den vergangenen Jahren teils zweistellige Wachstumsraten. In der Rangliste der wichtigsten Handelspartner Deutschlands bewegt sich Brasilien weit hinter näheren Nachbarstaaten wie Frankreich, Österreich, Italien oder Polen.

Mehr als Jets, Kaffee und Soja

"Brasilien exportiert nach Deutschland vor allem Eisenerz, Soja und Sojaprodukte, Kaffee und Kaffeeprodukte, Fahrzeugteile, Zivilflugzeuge ('Embraer'), Maschinen, Fleisch, Kupfer und Rohöl", heißt es in einer Darstellung der deutsch-brasilianischen Wirtschaftsbeziehungen. "Bei den brasilianischen Importen aus Deutschland dominieren Maschinen, Autos und Autoteile, chemische Grundstoffe und pharmazeutische Produkte."

Brasilien ist das größte Flächenland Südamerikas und mit rund 198 Millionen Einwohnern auch der mit Abstand bevölkerungsreichste Staat der Region. Im vergangenen Jahr verzeichnete die aufstrebende Wirtschaftsmacht ein stark abgeschwächtes Wachstum von lediglich 0,9 Prozent. Die Inflationsrate lag bei 5,4 Prozent.

Quelle: ntv.de, mmo/dpa

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