Wirtschaft

Anleihekaufprogramm der EZB Lautenschläger bezweifelt Konjunktur-Nutzen

Wohl die einflussreichste Deutsche in der europäischen Geldpolitik - EZB-Direktoriumsmitglied Sabine Lautenschläger.

Wohl die einflussreichste Deutsche in der europäischen Geldpolitik - EZB-Direktoriumsmitglied Sabine Lautenschläger.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die EZB kauft Staatsanleihen im großen Stil. Für manche ein Tabubruch - für andere die letzte Konjunktur-Hoffnung. Zu denen gehört EZB-Vize Lautenschläger. Die gewünschten niedrigen Zinsen könnten das Programm ins Leere laufen lassen.

EZB-Direktoriumsmitglied Sabine Lautenschläger zweifelt an der erhofften Konjunkturbelebung in der Eurozone durch das Anleiheankaufprogramm der Europäischen Zentralbank (EZB). Außerdem sorgt sich die Geldpolitikerin angesichts der niedrigen Zinsen um einige Finanzinstitute in Deutschland. Deren Geschäftsmodelle könne mittel- und langfristig in eine kritische Situation geraten. Zugleich plädierte sie für eine Trennung von Geldpolitik und Bankenaufsicht.

"Bei den niedrigen Zinsen in der Eurozone habe ich Zweifel, ob die konjunkturellen Effekte des Kaufprogramms die gewünschte Größenordnung erreichen können", sagte Lautenschläger der "Wirtschaftswoche". Die langfristigen Renditen seien schon vor Beginn der Anleihenkäufe auf einem sehr niedrigen Niveau gewesen. "Die Erfahrungen der USA zeigen aber, dass Käufe von Staatsanleihen umso stärker wirken, je höher die betreffenden Renditen sind."

Die EZB hatte Anfang März ihr Anleihenkaufprogramm begonnen. Die Währungshüter wollen bis September 2016 monatlich Wertpapiere im Volumen von 60 Milliarden Euro erwerben. Sie wollen mit ihrem Programm - im Fachjargon "QE" (Quantitative Easing) genannt - die Kreditvergabe der Banken anheizen und damit die Konjunktur beflügeln.

"Wirtschaftspolitik und Geldpolitik sollten getrennt werden"

Lautenschläger warnte, die Niedrigzinsen könnten zur Bildung von Preisblasen an den Vermögensmärkten führen. "Bei niedrigen Zinsen steigt die Gefahr von zu riskantem Anlageverhalten, es können sich leicht Überhitzungen oder Preisblasen in anderen Vermögensklassen bilden", sagte sie. Außerdem könnten die niedrigen Zinsen die Reformanstrengungen der Regierungen erlahmen lassen oder sogar ausbleiben. Eine expansive Geldpolitik könne nur einen Anstoß für mehr Wachstum geben. Die entscheidenden Impulse müssten von der Wirtschaftspolitik kommen, sagte sie.

Die niedrigen Zinsen in Kombination mit dem hohen Konkurrenzdruck zwischen den Geschäftsbanken in Deutschland sind für Lautenschläger zudem eine Gefahr für das Geschäftsmodell einiger Institute. Daher müsse verhindert werden, dass Banken allein mit riskanteren Geschäften oder Einsparungen wie etwa mit Stellenabbau im Risikomanagement auf die niedrigen Zinsen reagierten. Die Bankenaufsicht reagiere auf ein erhöhtes Risiko in der Bilanz von Kreditinstituten mit der Forderung nach zusätzlichen Wertberichtigungen oder mehr Eigenkapital sowie verbesserten internen Kontrollen.

Lautenschläger, die in der Europäischen Zentralbank sowohl für die Geldpolitik als auch für die Bankenaufsicht mitverantwortlich ist, plädierte außerdem für eine Trennung beider Bereiche. "Alles, was zwischen Geldpolitik und Aufsicht läuft, geht über meinen Tisch. Und ich bin mir bewusst, dass ich in meiner Brückenfunktion zwischen beiden Bereichen vermitteln muss", sagte sie. "Langfristig halte ich aber eine Trennung der beiden Aufgaben für die bessere Wahl."

Quelle: ntv.de, dka/DJ/rts

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