Deckelung von Banker-Vergütung London erlebt Niederlage im Boni-Streit
20.11.2014, 21:05 Uhr
Die Briten fürchten um die Attraktivität des Finanzplatzes London, wenn Banker mehr so hohe Boni beziehen dürfen.
(Foto: picture alliance / dpa)
Zwei Jahres-Grundgehälter - so hoch dürfen Boni für Banker in der EU maximal sein. Großbritannien jedoch lehnt sich dagegen auf, ein einflussreicher Gutachter spielt jedoch nicht mit: London zieht seine Klage daraufhin zurück.
Großbritannien ist mit seiner Klage gegen die europaweite Begrenzung von Bonuszahlungen für Banker gescheitert. Ein einflussreicher Gutachter des höchsten EU-Gerichts hatte zuvor in einer Stellungnahme vorgeschlagen, die Klage Großbritanniens gegen die EU-Regelung komplett zurückzuweisen.
London reagierte und zog seine Klage von sich aus zurück, wie Finanzminister George Osborne am späten Donnerstagabend bekannt gab. Das Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) war in einigen Monaten erwartet worden. Das Gericht folgt oft seinen Gutachtern.
London hatte vor gut einem Jahr in Luxemburg gegen die Obergrenzen geklagt. Es geht um Vorgaben zweier EU-Gesetze, die die Tätigkeit von Banken regeln. Darin wird die Zahlung von Boni an Mitarbeiter von Banken und Investmentfirmen auf maximal zwei Jahres-Grundgehälter begrenzt. Die Briten fürchten um die Attraktivität des Finanzplatzes London, wenn Banker dort nicht mehr so hohe Boni beziehen dürfen wie bisher.
"Wir werden die Haltung und ihre Auswirkungen im Detail in Betracht ziehen", sagte ein Sprecher des Finanzministeriums in London. Der britische Bankenverband erklärte, er werde den Kampf des Finanzministeriums gegen die Bonusbremse weiter unterstützen. Es habe bereits deutliche Änderungen bei der Bezahlung von Bankpersonal gegeben. "Die Boni sind kleiner geworden, und das Personal wird dafür belohnt, wenn es Entscheidungen trifft, die der Bank zugutekommen, ihren Aktionären und der gesamten Wirtschaft", sagte ein Sprecher. Die Bonusbremse sei kontraproduktiv, weil sie Geldhäuser dazu zwinge, die Festgehälter zu erhöhen.
"Klage ist eine Verzweiflungstat"
EuGH-Generalanwalt Niilo Jääskinen wies unter anderem das Argument der britischen Regierung zurück, wonach die EU-Regelungen auf einer falschen Rechtsgrundlage beruhten. Da sich die Bonuszahlungen auf das Risikoprofil von Geldhäusern auswirkten, könnten diese in letzter Konsequenz auch die Stabilität von Finanzmärkten beeinflussen. Der EuGH habe bereits in anderem Fall geurteilt, dass ein Absichern des Bankensystems und mehr Sparerschutz von EU-Recht gedeckt seien.
Die Klage sei eine "Verzweiflungstat" des britischen Finanzministers George Osborne, meinte der SPD-Europaabgeordnete Udo Bullmann. "Exzessive und unverantwortliche Risiken dürfen nicht mit mehreren Jahresgehältern prämiert werden", so Bullmann.
"Bonus-Deckel allein als Waffe zu stumpf"
Britische Großbanken wie Barclays, HSBC und Standard Chartered versuchen die Obergrenzen zu umgehen, indem sie Sonderzahlungen und -leistungen ausloben. Die EU-Bankenaufsicht EBA hatte deren Ausgestaltung aber zum größten Teil für illegal erklärt. Der britische Notenbankchef Mark Carney hatte zuletzt sogar eine stärkere Regulierung der Fixgehälter angeregt.
"Ein Bonus-Deckel allein ist als Waffe zu stumpf, um die Risikoneigung in der Bankenbranche zu dämpfen", sagte Gehaltsexperte Tom Gosling von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC. Dies werde auch nicht dazu führen, dass Banker von London nach Übersee abwanderten. Finanzprofessor John Thanassoulis von der britischen Warwick Business School schlug vor, Großbritannien solle sich bei der EU darum bemühen, die Boni nicht für jeden einzelnen Banker zu begrenzen, sondern den gesamten Bonus-Pool einer Bank nach oben zu limitieren.
Quelle: ntv.de, kst/dpa/rts