Lastenverteilung in der Krise Ökonomen wollen Reiche stärker besteuern
06.12.2022, 13:23 Uhr
Der Reichensteuersatz, den die Ökonomen mehrheitlich erhöhen wollen, greift erst ab 278.000 Euro Jahreseinkommen.
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Wer soll welchen Anteil an den hohen Kosten der aktuellen Krise schultern? Einer Umfrage zufolge findet eine Mehrheit von Volkswirten, dass Reiche mehr Steuern zahlen sollten. Den Spitzensteuersatz will die Mehrheit von ihnen aber nicht erhöhen.
Ökonominnen und Ökonomen in Deutschland unterstützen mehrheitlich einen höheren Steuersatz für sehr hohe Einkommen. Rund 56 Prozent befürworten eine Anhebung der Reichensteuer auf Jahreseinkommen ab 278.000 Euro, wie aus einer Umfrage des Münchner IFO-Instituts unter 153 Fachleuten hervorgeht. Eine Anhebung des Spitzensteuersatzes, der bereits ab 59.000 Euro zu zahlen ist, lehnen jedoch 52 Prozent der Befragten ab. "Anders als der Name nahelegt, träfe eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes nicht nur die Bezieher sehr hoher Einkommen, sondern würde besonders die Mittelschicht belasten", sagte IFO-Forscher Marcel Schlepper.
Der Spitzensteuersatz von 42 Prozent greift 2022 für jährlich zu versteuernde Einkommen über 59.000 Euro. Der Reichensteuersatz von 45 Prozent fällt dagegen auf Einkommen über 278.000 Euro an. Die Wirtschaftsweisen hatten in ihrem Jahresgutachten befristete Steuererhöhungen für Spitzenverdienende vorgeschlagen, und damit eine heftige Debatte ausgelöst. Einen höheren Spitzensteuersatz unterstützen 46 Prozent der vom IFO befragten Volkswirte, aber 52 Prozent lehnen ihn ab. Die beiden Gruppen unterscheiden sich in ihrer Einschätzung, ob Personen mit hohem Einkommen bereits die Lasten der Krise ausreichend schultern.
Etwa 94 Prozent der Befürworter geben laut IFO an, dass eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes die Fairness der Lastenverteilung in der Krise verbessere. Von den Gegnerinnen sehen das nur 28 Prozent so. Das vom Bundestag beschlossene Inflationsausgleichsgesetz, das Steuersenkungen zum Ausgleich der kalten Progression vorsieht, unterstützen 76 Prozent. "Die öffentlichen Haushalte ächzen unter den Mehrausgaben der vergangenen Jahre", sagte Schlepper. "Eine Konsolidierung ist dringend geboten."
52 Prozent der Antwortenden befürworten es, die öffentlichen Ausgaben zu verringern. Dagegen sprechen sich 43 Prozent für Steuererhöhungen aus. Eine ähnlich hohe Zustimmung findet mit 37 Prozent eine Aussetzung der Schuldenbremse. Nur sechs Prozent befürworten weitere Extrahaushalte von Bundesfinanzminister Christian Lindner.
Quelle: ntv.de, mbo/rts