"Empfindliches Minus" Schwache Weltwirtschaft belastet deutsche Exporte
05.10.2023, 09:55 Uhr Artikel anhören
Ausfuhren "Made in Germany" sinken, deutsche Exportunternehmen müssen ein "empfindliches Minus" hinnehmen, vermeldet das Statistische Bundesamt. Auch die Importe sinken - und die Prognose sieht im weiteren Jahresverlauf nicht rosig aus.
Die schwache Weltwirtschaft belastet zunehmend die Geschäfte der deutschen Exporteure. Ihre Warenausfuhren sanken im August um 1,2 Prozent zum Vormonat auf 127,9 Milliarden Euro und damit bereits das zweite Mal in Folge, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Im Jahresvergleich war sogar ein Minus von 5,8 Prozent zu verzeichnen. Der Rückgang fiel damit im Monatsvergleich dreimal so stark aus wie von Ökonomen vorhergesagt. Im Juli hatte es bereits ein Minus von 1,9 Prozent gegeben.
"Wie der Rest der deutschen Wirtschaft verharren auch die Exporteure in der Dämmerung zwischen Rezession und Stagnation", kommentierte ING-Chefvolkswirt Carsten Brzeski die Entwicklung. Die Wahrscheinlichkeit, dass Europas größte Volkswirtschaft im gerade beendeten Sommerquartal geschrumpft ist, sei mit den schwachen Exportdaten gestiegen. "Die globale Nachfrageschwäche setzt den Unternehmen mehr und mehr zu", ergänzte Ökonom Bastian Hepperle von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank. "Zudem werden die Auftragsbücher dünner."
VP-Bank-Chefvolkswirt Thomas Gitzel sagte: "Letztlich muss der schwache Export nicht weiter verwundern, denn das globale Exportvolumen stagniert nun seit zwei Jahren." Die deutsche Industrie mit ihrem hohen Anteil ausländischer Kundschaft leide darunter. "Bereits im Juli waren also die Ausfuhren deutlich im Rückwärtsgang, jetzt muss auch im August ein empfindliches Minus hingenommen werden."
Importe schwächer als erwartet
Die Importe gaben überraschend ebenfalls nach: Sie fielen um 0,4 Prozent auf 111,4 Milliarden Euro. Hier hatten die von der Nachrichtenagentur Reuters befragten Volkswirte mit einem Wachstum von 0,5 Prozent gerechnet. "Damit ist der Handel nicht mehr der starke, widerstandsfähige Wachstumsmotor der deutschen Wirtschaft, der er einmal war, sondern eher eine Bremse", sagte Brzeski.
Die Ausfuhren in die EU-Staaten schrumpften im August um 1,5 Prozent zum Vormonat auf 69,6 Milliarden Euro, während das übrige Auslandsgeschäft um 0,9 Prozent auf 58,3 Milliarden Euro nachgab. Abnehmerland Nummer eins blieben die USA: Dorthin wurden Waren im Wert von 13,3 Milliarden Euro verkauft, ein Rückgang um 1,3 Prozent. Die Exporte nach China nahmen dagegen zu, und zwar um 1,2 Prozent auf 8,4 Milliarden Euro. Die Ausfuhren nach Großbritannien fielen um 4,2 Prozent auf 6,0 Milliarden Euro.
Erneutes Minus für September erwartet
Eine rasche Besserung ist nicht in Sicht: Der Kiel Trade Indicator des Instituts für Weltwirtschaft (IfW) signalisiert für September sowohl bei den Exporten als auch bei den Importen ein erneutes Minus. Zudem ist die Stimmung in der Exportindustrie derzeit so schlecht wie seit über drei Jahren nicht mehr. Das Barometer für die Exporterwartungen fiel im September auf minus 11,3 Punkte, von minus 6,5 Punkten im August, wie das Münchner Ifo-Institut ermittelte. "Die Exportwirtschaft befindet sich in einer Schwächephase", sagte der Leiter der Ifo-Umfragen, Klaus Wohlrabe. Ein Grund dafür ist, dass viele Zentralbanken ihre Leitzinsen im Kampf gegen die Inflation kräftig heraufgesetzt haben. Das treibt die Finanzierungskosten nach oben. "Die weltweit gestiegenen Zinsen zeigen ihre Wirkung", sagte Wohlrabe. "Sie dämpfen die Nachfrage nach deutschen Waren."
Schon im Juli waren die deutschen Exporte gesunken. Grund dafür war nach Einschätzung der Deutschen Industrie- und Handelskammer (DIHK) vor allem die "kraftlose" Nachfrage aus dem Ausland - auch wegen der "erodierenden Wettbewerbsfähigkeit" des Standorts Deutschland.
Quelle: ntv.de, ara/rts/AFP/dpa