Weniger Fahrten auf Autobahnen Sinkende LKW-Präsenz bereitet Ökonomen Sorgen
08.09.2023, 12:54 Uhr Artikel anhören
Die LKW-Fahrtleistung liefert früh Hinweise zur aktuellen Konjunkturentwicklung.
(Foto: IMAGO/Daniel Scharinger)
Um die deutsche Konjunktur ist es nicht gut bestellt. Für das dritte Quartal prophezeien Ökonomen bereits eine neuerliche Rezession. Indiz dafür sind nicht nur eine hohe Inflation und steigende Zinssätze - auch das geringe Aufkommen an Schwerlastern auf deutschen Straßen sorgt für Beunruhigung.
Aus ökologischer Sicht ist eine geringere Anzahl an Lastwagen auf deutschen Straßen eine gute Nachricht - aus ökonomischer jedoch weniger. Der als früher Hinweisgeber auf den Konjunkturverlauf geltende LKW-Verkehr auf den deutschen Autobahnen hat im August nachgelassen. Die Fahrleistung mautpflichtiger Lastkraftwagen mit mindestens vier Achsen auf Bundesautobahnen sank kalender- und saisonbereinigt um 0,8 Prozent zum Vormonat, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Im Vergleich zum Vorjahresmonat fiel der Lkw-Maut-Fahrleistungsindex sogar um 3,3 Prozent.
"Für uns ist diese Zahl ein weiteres Indiz dafür, dass die deutsche Wirtschaft im dritten Quartal schrumpfen wird", sagte Commerzbank-Ökonom Ralph Solveen. "Wir gehen schon länger davon aus, dass es in der zweiten Jahreshälfte keine Erholung der Konjunktur, sondern eine neuerliche Rezession geben wird." Das Bruttoinlandsprodukt stagnierte im zweiten Quartal. Zuvor war es zweimal in Folge geschrumpft, weshalb von einer sogenannten technischen Rezession gesprochen wird.
Die LKW-Fahrleistung auf Autobahnen wird von Ökonomen genau beobachtet: Sie liefert sehr früh Hinweise zur aktuellen Konjunkturentwicklung in der Industrie, da wirtschaftliche Aktivität auch Verkehrsleistungen erzeugt und benötigt. So besteht besonders in den industriell geprägten Flächenländern ein deutlicher Zusammenhang zwischen der regionalen LKW-Maut-Fahrleistung und dem dortigen Umsatz im verarbeitenden Gewerbe. Die Produktion von Industrie, Bau und Versorgern war im Juli um 0,8 Prozent zum Vormonat gesunken, nach minus 1,4 Prozent im Juni. "Die Gründe für die aktuelle Schwäche sind sicherlich in erster Linie in der weltweiten Straffung der Geldpolitik zu sehen, die im Inland und im Ausland die Nachfrage nach deutschen Industriegütern bremst", sagte Solveen. Die höheren Zinsen machen Investitionen teurer.
Führende Forschungsinstitute haben zuletzt ihre Prognosen für die deutsche Konjunktur gesenkt. Das Essener RWI etwa rechnet nun mit einem Rückgang des Bruttoinlandsproduktes von 0,6 Prozent in diesem Jahr. Maue Weltwirtschaft, gestiegene Zinsen, hohe Inflation und Energiekrise - das ist der aktuelle Mix für viel Verunsicherung bei Unternehmen und Verbrauchern.
Quelle: ntv.de, lno/rts