Angst vor "Schwarzem Montag" Telefonmarathon soll Krise lösen
07.08.2011, 13:06 Uhr
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Die Finanzwelt hält den Atem an: Noch vor der Eröffnung der Börsen in Asien wollen sich Politiker und Notenbanker der größten Industrienationen gemeinsam auf einen Plan gegen die Panik an den Märkten verständigen. Damit wollen sie verhindern, dass nach dem Verlust des Spitzenratings für die USA an den Börsenplätzen der Welt alle Dämme brechen und es zu einem dramatischen Ausverkauf kommt.
Frankreichs Präsident Sarkozy und Großbritanniens Premier Cameron wollen die Lage im Blick behalten.
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Unter dem Eindruck der dramatischen Kurseinbrüche an den Börsen bemühen sich die führenden Wirtschaftsnationen der Welt um eine Beruhigung der Lage. Nach einer ganzen Reihe von Telefonaten führender Eurozonen-Politiker sprach Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy, der derzeit Vorsitzender der G7 und der G20 ist, auch mit dem britischen Premierminister David Cameron. Themen waren die Schuldenkrise in Europa und die Bonitätsherabstufung der USA. Beide Politiker wollen in Kontakt bleiben und die Situation genau beobachten.
Die Finanzminister und Notenbankchefs der sieben führenden Industriestaaten (G7) wollen am Sonntag über die Turbulenzen an den Finanzmärkten beraten. Die Vertreter aus Deutschland, Japan, Großbritannien, Frankreich, Italien, Kanada und den USA wollen sich noch vor der Öffnung der asiatischen Börsen am Montag bei einer Telefonkonferenz abstimmen. Im Anschluss daran soll möglicherweise eine gemeinsame Erklärung der G7 veröffentlicht werden, um die Märkte zu beruhigen. Weitere hochrangige Regierungsverterter aus den G7-Ländern sind offenbar bereits in Gesprächen. Innerhalb der G7 wird diskutiert, das für Mitte September geplante Treffen der Finanzminister vorzuziehen.
Ohne Worte
Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy bekräftigten gemeinsam ihr Engagement zur Stabilisierung der Finanzmärkte. Die von den Staats- und Regierungschefs des Euro-Währungsgebiets und von den Institutionen der Europäischen Union am 21. Juli gefassten Beschlüsse sollten rasch vollständig umgesetzt werden, hieß es in dem am Sonntagabend in Berlin und Paris verbreiteten Kommuniqué beider Regierungschefs. Bis Ende September sollen dann auch die Parlamente den Maßnahmen zugestimmt haben.
Zunächst hatte es geheißen, Sarkozy und Merkel wollten in der Schuldenkrise erst einmal Ruhe bewahren und keine weiteren Erklärungen veröffentlichen.
Euro-Notenbanker telefonieren
Neben den G7-Finanzchefs berieten auch die Notenbankchefs der Eurozone über die heikle Lage an den Finanzmärkten. Die Präsidenten der Notenbanken stimmten sich in einer Telefonkonferenz bis in den späten Sonntagabend ab, wie sie die Schuldenkrise in der Eurozone in den Griff bekommen können. Bis in die Nacht hinein wurde nichts über die Ergebnisse der Beratungen bekannt.
Bei den Gesprächen solle es vor allem darum gehen, wie die Notenbanken verhindern können, dass Italien und Spanien noch stärker unter Beschuss der Finanzmärkte kommen und deshalb auch unter den Euro-Rettungsschirm flüchten müssen. Eine Möglichkeit wäre das Aufkaufen italienischer Anleihen durch die Europäische Zentralbank. Ein solcher Schritt könnte die Finanzmärkte beruhigen. Außerdem wollen die Währungshüter darüber beraten, wie sich die Abstufung der Vereinigten Staaten durch die Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) auf die Märkte auswirken wird.
Kursrutsch in Saudi-Arabien
An den Aktienmärkten auf der Arabischen Halbinsel hat die weltweite Verunsicherung der Anleger derweil zu anhaltenden Kursverlusten geführt. Nachdem am Samstag die Börse in Saudi-Arabien unter dem Strich mit einem Verlust von 5,5 Prozent aus dem Handel gegangen war, fiel der Leitindex in Katar zum Handelsstart erneut um mehr als 5 Prozent. "Die Menschen machen sich Sorgen darüber, ob die USA erneut in die Rezession rutschen. Das ist nicht gerade eine neue Entwicklung, aber sie erhält durch die Herabstufung mehr Aufmerksamkeit", sagte Ibrahim Masood von der Mashreq Bank.
Als erstes öffnen am Montag die Finanzmärkte in China und Fernost. Der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Tom Mayer, rechnet mit weiteren Kurseinbrüchen an den Börsen. "Schlechte Nachrichten sind immer unangenehm für Märkte", sagte Mayer der "Bild am Sonntag". Er rechne zwar nicht mit einem weltweiten Börsencrash, aber: "Es könnte Verluste geben."
Die Ratingagentur Standard & Poor's hatte am Freitag den USA die Bestnote "AAA" entzogen und die Bonität auf "AA+" abgestuft. Die Agentur begründete dies mit dem jüngsten Schuldenabkommen. Die angepeilten Einsparungen reichten zur Finanzkonsolidierung nicht aus. Außerdem wurde die Berechenbarkeit der US-Politik in Frage gestellt. Die beiden anderen großen US-Ratingagenturen Moody's und Fitch halten an der Bestnote fest. Konsequenz eines schlechteren Ratings können höhere Zinsen für die Aufnahme frischen Geldes sein: Die USA müssten dann neben der Tilgung ihrer riesigen Schulden zusätzlich eine wachsende Zinslast schultern.
Quelle: ntv.de, nne/AFP/dpa/rts