Wirtschaft

Kampf gegen Briefkastenfirmen Transparenzregister hat viele Schlupflöcher

Panama ist zum Inbegriff der Steueroase geworden, in der sich zwielichtige Geschäfte durch Briefkastenfirmen verschleiern lassen.

Panama ist zum Inbegriff der Steueroase geworden, in der sich zwielichtige Geschäfte durch Briefkastenfirmen verschleiern lassen.

(Foto: imago/Agencia EFE)

Ein neues Verzeichnis soll zeigen, wer die wahren Eigentümer aller Firmen sind. Das soll Geldwäsche und Steuerhinterziehung unterbinden. Unternehmer fühlen sich an den Pranger gestellt, Experten bezweifeln die Wirksamkeit des Registers.

Auf dem Papier ist es der Durchbruch im Kampf gegen Steuerhinterziehung und Geldwäsche: Nach Weihnachten sind im neuen deutschen Transparenzregister die realen Menschen ersichtlich, die hinter allen Unternehmen und auch Stiftungen in Deutschland stecken. Alle Gesellschaften müssen seit Oktober die natürlichen Personen melden, die ihre "wirtschaftlich Berechtigten" sind. Das sind alle, die ein Viertel der Anteile besitzen oder vergleichbaren Einfluss haben. Treuhänder oder anonyme Firmen im Ausland werden als Angaben nicht akzeptiert.

Seit Oktober existiert das Register, nach Weihnachten ist es erstmals einsehbar. Das heißt, Besitzverhältnisse und damit Geldflüsse mit Geflechten von Briefkastenfirmen zu verschleiern, wie im Rahmen der Enthüllungen der "Panama Papers" oder "Paradies Papers" tausendfach enthüllt wurde, ist ab sofort nicht mehr oder nur noch schwer möglich – in der Theorie.

In der Praxis stieß das Transparenzregister schon vor seiner Öffnung auf Kritik. Nichtregierungsorganisationen kritisieren, dass es nicht für ausreichend Transparenz sorge. Wirtschaftsvertreter sprechen dagegen von einem Generalverdacht, unter den Unternehmer gestellt würden und warnen vor zu viel Einsicht in Geschäftsdaten, die etwa Konkurrenten gar nichts angingen.

Welchen Fortschritt das Register tatsächlich bringen wird, ist noch nicht absehbar - aber er dürfte begrenzt sein. "Ich erwarte, dass Recherchen zu Firmengeflechten mit der neuen Datenbank deutlich einfacher werden", sagt Markus Henn vom Netzwerk Steuergerechtigkeit. Noch aber ist unbekannt, wie und wem das Register überhaupt zur Einsicht geöffnet wird.

Strengere Regeln im EU-Ausland

Bis wenige Tage vor dem Start gibt es noch keine offiziellen Informationen zum Antragsverfahren, zu den Gebühren oder zur Ausgestaltung der Suchfunktionen in der Datenbank. Laut Gesetz haben Behörden wie Zoll und Finanzämter Zugriff sowie Personen "mit berechtigtem Interesse", das könnten etwa Journalisten sein. Wann ihr Interesse aber im Einzelfall als berechtigt anerkannt wird, ist nicht geregelt.

Klar ist, dass die Angaben, die deutsche Unternehmen hinterlegen müssen, weit hinter dem zurückbleiben, was andere EU-Länder verlangen. In Deutschland etwa sind lediglich Name, Geburtsdatum, Wohnort und die Art des wirtschaftlichen Interesses gefragt. In Großbritannien müssen Unternehmen dagegen auch die genaue Anschrift ihrer Eigner preisgeben. Zudem ist das Transparenzregister dort im Internet für jeden ohne Anmeldung oder Begründung frei zugänglich. "In Dänemark muss wohl sogar eine Kopie des Personalausweises hinterlegt werden", erklärt Mark Pawlytta, Rechtsanwalt und Leiter des Bereichs Familienunternehmen beim Beratungsunternehmen KPMG Law.

Vor allem durch die teils unterschiedlichen Regelungen in den EU-Staaten entsteht bei vielen Unternehmen, gerade auch bei Mittelständlern und Familienunternehmen – ein neuer bürokratischer Aufwand. Deutsche Firmen, die Tochtergesellschaften oder Beteiligungen in verschiedenen EU-Ländern hätten, müssten nicht nur die deutschen, sondern auch die Mitteilungspflichten im jeweiligen EU-Land beachten, erklärt Pawlytta. So könnte auch der Anteilseigner eines deutschen Familienunternehmens durchaus von der weitergehenden Transparenz in Dänemark betroffen sein, wenn die Firma dort etwa eine Tochtergesellschaft habe.

Der KPMG-Berater rät Unternehmenschefs dazu, diese Pflichten ernst zu nehmen. Das Gesetz sehe Geldbußen von bis zu einer Million Euro vor. Verantwortlich dafür, dass die richtigen Informationen mitgeteilt werden, sei immer die Unternehmensleitung, nicht der Gesellschafter, der aber wiederum eine Pflicht hat, die Unternehmensleitung in die Lage zu versetzen, die richtigen Mitteilungen vorzunehmen

Während das neue Register für die Firmen erheblichen Aufwand bedeuten kann, lässt es kriminellen Geldwäschern und Steuerflüchtlingen mehrere Schlupflöcher. Zum einen bleiben Gesellschaften, die gar keinen Sitz in der EU haben, weiter außen vor. Aber auch für deutsche Unternehmen und Stiftungen lasse das Register Ausnahmen zu, kritisiert Steuerexperte Henn. Ein Passus im Gesetz macht ihm besonders Sorgen: "Unternehmen müssen nur die Informationen melden, die sie mit 'angemessenem Aufwand' ermitteln können", erklärt Henn. Er fürchtet, dass sich Firmen mit hinter Briefkastenfirmen verborgenen Anteilseignern einfach darauf berufen werden, dass die natürliche Person hinter anonymen Gesellschaften in Steuerparadiesen nicht mit "angemessenem Aufwand" ermittelbar sei.

Quelle: ntv.de, mbo

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