Wirtschaft

Schlappe für den Ex-Chef Treffen der Prokon-Gläubiger startet mit Eklat

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Mehr als 4000 Gläubiger sind zu der Gläubigerversammlung in zwei Hamburger Messehallen gekommen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Paukenschlag zu Beginn: Ein Gericht entzieht Tausenden Prokon-Anlegern das Stimmrecht auf der Gläubigerversammlung. Das ist ein Rückschlag für Ex-Chef Rodbertus im Machtkampf um die Windpark-Firma. Diesen könnte nun ein anderer für sich entscheiden.

Der umstrittene Gründer des insolventen Windpark-Unternehmens Prokon ist vorerst mit dem Versuch gescheitert, die Mehrheit auf der Gläubigerversammlung zu erringen. Vor Beginn der mit Spannung erwarteten Veranstaltung habe das Insolvenzgericht alle Abstimmungsvollmachten, die eine im Namen von Carsten Rodbertus agierende Vereinigung von vielen Anlegern eingesammelt hatte, für nichtig erklärt, wie die Rechtsanwälte der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) und Anlegerschützer mitteilten.

Die von den Investoren an einen Rodbertus-Vertrau ten erteilten Vollmachten seien rechtswidrig und würden in der Gläubigerversammlung daher nicht berücksichtigt, erklärte Klaus Nieding, Vizepräsident der DSW. Seinen Angaben nach hatte die Vereinigung einen entsprechenden Antrag dazu gestellt, weil sie in dem Vertrauten lediglich einen "Strohmann" von Rodbertus sah.

Dies sei eine Interessenkollision, da der Gründer von Prokon womöglich Schäden in Höhe von hunderten Millionen Euro verursacht habe. Der Insolvenzverwalter habe bereits öffentlich mitgeteilt, dass er Schadenersatzansprüche gegen ihn prüfen werde.

Anwalt spricht von "rechtsstaatswidrigem Verfahren"

Dieter Graefe, einer der Anwälte der für Rodbertus agierenden "Arbeitsgemeinschaft für eine lebenswerte Zukunft von Prokon", nannte die Entscheidung des Gerichts "eine Farce". Graefe, der nach eigenen Angaben etwa 5000 der nicht zugelassenen Anleger vertritt, sprach von einem "klar rechtsstaatswidrigen Verfahren". Auf diese Weise würden die Stimmrechte der Anleger "vernichtet".

Auf der Gläubigerversammlung war eine Kampfabstimmung zwischen den verschiedenen Gläubigergruppen erwartet worden. Die Rodbertus-Vereinigung lehnt die Pläne des gerichtlich bestellten Insolvenzverwalters Dietmar Penzlin zur Stabilisierung von Prokon ab und will ihn auswechseln. Penzlin hat dagegen zahlreiche Anlegerschutzverbände und andere Investorengruppen auf seiner Seite.

Ex-Chef will mehr als 15.000 Gläubiger hinter sich wissen

Nach eigenen Angaben hatten Rodbertus und seine Helfer Vollmachten von mehr als 15.000 Anlegern eingesammelt. Nach Einschätzung von Anlegerschützern und -anwälten vor Ort war schon vor der Entscheidung des Gerichts allerdings nicht damit zu rechnen, dass sich dessen Vereinigung auf der Versammlung durchsetzen würde. Er gehe davon aus, dass eine "deutliche Mehrheit" der Gläubiger für die Pläne von Insolvenzverwalter Penzlin stimmen werde, hatte DWS-Vertreter Nieding erklärt.

Die Gläubigerversammlung könnte sich wegen der höchst komplizierten Materie über Stunden hinziehen. Die Versammlung entscheidet über die Zukunft der insolventen Windenergie-Firma Prokon Regenerative Energien. Mehr als 4000 Gläubiger sind zu dem Treffen in zwei Hamburger Messehallen gekommen. Mit einem Ergebnis ist womöglich erst am Abend zu rechnen.

Anleger haben Milliarden investiert

Prokon plant, errichtet und betreibt Windparks. Zudem investierte das Unternehmen unter Rodbertus in andere Bioenergieprojekte. Die Firma aus Itzehoe finanzierte sich durch Genussrechte, die mit Zinsversprechen von bis zu acht Prozent pro Jahr beworben wurden. 75.000 Anleger investierten 1,4 Milliarden Euro, wobei sie nur nachrangige Forderungen erwarben. Pleitebedingt müssen sie nun um ihr investiertes Kapitals bangen.

Insolvenzverwalter Penzlin will zumindest Teile der Gläubigeransprüche retten, indem er das Unternehmen stabilisiert. Rodbertus, gegen den Ermittlungen wegen Insolvenzverschleppung und anderer Wirtschaftsdelikte laufen, wirft ihm vor, eine "Zerschlagung" zu planen.

Schon vor der Gläubigerversammlung hatten Penzlin und Rodbertus öffentlich um die Gunst der Anleger geworben. Penzlin warf Rodbertus vor, die Investoren durch Verbreitung falscher Informationen zu verunsichern und wie in der Vergangenheit mit unrealistischen Versprechungen zu ködern. Zudem nannte er Details zu den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen Rodbertus. Demnach werden diese unter anderem wegen Betrugs und Untreue geführt.

Politik will Anleger künftig besser schützen

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) stellte derweil als Reaktion auf die Prokon-Pleite strengere Vorgaben für Verkaufsprospekte sowie Beschränkungen bei der Werbung für Vermögensanlagen in Aussicht. "Verbraucher müssen wissen, worauf sie sich einlassen", sagte Maas dem "Tagesspiegel". Ein entsprechender Referentenentwurf solle demnächst vorgelegt werden.

Nach dem Insolvenzantrag von Prokon hatte die Bundesregierung Maßnahmen angekündigt, um Verbraucher besser vor riskanten Geldanlagen am sogenannten grauen Kapitalmarkt zu schützen. Dazu gehören unter anderem auch Geschäfte mit Genussrechten wie denen von Prokon.

Quelle: ntv.de, kst/AFP/rts

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