IFO-Studie zu Teuerungen Unternehmen nutzen Inflation für eigene Profite
13.12.2022, 15:52 Uhr
Nicht nur Energiekrise und Lieferengpässe befeuerten Preissprünge auf viele Produkte. Auch Profite sollen eine Rolle spielen.
(Foto: picture alliance / SvenSimon)
Laut einer IFO-Studie nutzen viele Unternehmen die Inflation, um Gewinn zu machen. Sie ziehen ihre Preise an, ohne dass es wirklich nötig wäre. Markteingriffe vonseiten des Staats lehnt das Institut aber ab – stattdessen gibt es einen Gegenvorschlag.
Noch immer kämpfen Verbraucher mit der hohen Inflation. Alltägliche Produkte sind teurer, Konsumausgaben steigen. Anders als bisher angenommen, sollen Lieferengpässe und die Energiekrise jedoch nicht die einzigen Kostentreiber sein. Laut einer Studie des Instituts für Wirtschaftsforschung (IFO) nutzen viele Unternehmen die Inflation aus, um ihre Gewinne zu steigern.
"Das gilt vor allem für den Handel, die Landwirtschaft und den Bau", sagte der stellvertretende Leiter der IFO-Niederlassung Dresden, Joachim Ragnitz. Das gehe aus Daten der amtlichen Statistik für Wirtschaftsleistung hervor. Daraus haben die IFO-Experten Unterschiede zwischen nominaler und preisbereinigter Wertschöpfung ermittelt. Um die nominale Wertschöpfung zu berechnen, werden alle aktuellen Marktpreise der Güter summiert, die in einer bestimmten Periode für den Endverbraucher produziert wurden. Bei der preisbereinigten Wertschöpfung werden Preisveränderungen rausgerechnet, indem die Preise eines Basisjahres verwendet werden.
So konnte das IFO Rückschlüsse auf Preisanhebungen ziehen, die nicht durch höhere Vorleistungskosten verursacht wurden. "Nach Corona hatten private Haushalte hohe Ersparnisse angesammelt", sagte Ragnitz. "Diese wurden im Jahr 2022 aufgelöst und haben die Konsumnachfrage befeuert." Grundsätzlich sind die Konsumausgaben im Jahr 2021 im Vergleich zum Vorjahr stark eingebrochen, was mit coronabedingten Einschränkungen zusammenhing. Nach Ende vieler Maßnahmen hat die Nachfrage wieder zugenommen, was die ausgebremste Wirtschaft ankurbelte.
Unter anderem Forstwirtschaft, Fischerei und Baugewerbe betroffen
Auch milliardenschwere Entlastungen durch die Regierung sollen laut IFO dazu beigetragen haben, die Nachfrage zu stützen und damit Spielräume für Preisanhebungen zu erweitern. Insbesondere in der Land- und Forstwirtschaft einschließlich Fischerei sowie im Baugewerbe und in den Branchen Handel, Gastgewerbe und Verkehr haben demnach viele Unternehmen ihre Preise deutlich stärker erhöht, als es aufgrund der gestiegenen Kosten für Vorleistungen allein zu erwarten gewesen wäre.
"Einige Unternehmen scheinen den Kostenschub als Vorwand dafür zu nehmen, durch eine Erhöhung ihrer Absatzpreise auch ihre Gewinnsituation zu verbessern", sagte Ragnitz. Landwirtschaftsbetriebe hätten zunächst wohl ihre Vorräte an Dünge- und Futtermitteln aufgebraucht, in ihrer Kalkulation aber die zu erwartenden Preissteigerungen bei Nachbestellungen bereits eingerechnet. Auf dem Bau dürften Ungleichgewichte zwischen Angebot und Nachfrage zu den besonders starken Preiserhöhungen beigetragen haben, befeuert durch Material- und Personalengpässe.
Das gelte vor allem für einige Ballungszentren. Gegen überzogene Preisanhebungen helfe nur mehr Wettbewerb, sagte Ragnitz. Verbraucher könnten auch billigere Produkte kaufen und so die Gewinninflation dämpfen. Ob sich die Preissteigerungen durch alle Produktklassen ziehen, günstige bis teure, lässt Ragnitz jedoch ungeklärt. Stattdessen betont er, dass staatliche Eingriffe in die Preise nicht nötig seien.
Entlastungen nur für bestimmte Haushalte
Auch eine Übergewinnsteuer sei wegen ihrer verzerrenden Wirkung auf die Knappheitssignale des Marktes weder marktkonform noch rechtssicher durchzusetzen. In einigen EU-Ländern wird eine solche Steuer allerdings bereits angewandt, etwa in Italien. Berechnet wird diese auf Gewinne oder Umsätze, die weit über denen eines festgelegten Zeitraums liegen (beispielsweise das Vorjahr). Betroffen sind vor allem Energiekonzerne, die vom diesjährigen Nachfrage-Chaos stark profitierten.
Da es keine Anhaltspunkte dafür gebe, dass hinter den Preissteigerungen Absprachen der Unternehmen stehen, seien auch kartellrechtliche Maßnahmen nicht hilfreich. Die Bekämpfung der Inflation sei vor allem eine Aufgabe der Europäischen Zentralbank (EZB). Die Regierung könne zur Senkung der Inflation beitragen, indem sie auf breit angelegte Entlastungen zugunsten aller Haushalte verzichte und politische Maßnahmen auf besonders arme Haushalte beschränke. Eine umstrittene Maßnahme, da diese laut Experten meist bürokratisch nur schwer umzusetzen ist. Bedarfsberechnungen könnten so viel Zeit kosten, wie etwa der Ökonom Maurice Höfgen in seinem Blog erklärte.
Quelle: ntv.de, tkr/rts/DJ