Wirtschaft

Unfähig, Steuern zu kassieren Varoufakis pocht auf Schuldenerlass

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Der angeblich letzte Einigungsversuch zwischen Athen und seinen Geldgebern ist gescheitert. Doch der griechische Finanzminister bleibt unverändert bei seinen Forderungen. In einem Interview gibt er allerdings massive Probleme seiner Behörde zu.

Im festgefahrenen Schuldenstreit mit den internationalen Geldgebern pocht Griechenlands Finanzminister Yanis Varoufakis auf einen teilweisen Schuldenerlass sowie längere Laufzeiten zur Tilgung. In einem Interview mit der "Bild"-Zeitung sagte Varoufakis, das Land brauche eine Umschuldung. "Nur so können wir die Rückzahlung von so viel Schulden wie möglich garantieren und auch leisten." Er würde auf weitere Hilfsgelder verzichten, wenn die Gläubiger von EZB, IWF und EU einen Schuldenschnitt anbieten würden. Auch der IWF wolle eine Umschuldung. Außerdem benötige Griechenland "eine Streckung der Laufzeiten".

Am Sonntagabend war in Brüssel nach Angaben der Europäischen Kommission eine weitere Verhandlungsrunde ohne Einigung zu Ende gegangen. Kommissionschef Jean-Claude Juncker habe am Wochenende einen "letzten Versuch" gestartet, eine Einigung zwischen Athen und seinen Gläubigern herbeizuführen, sagte ein Sprecher der EU-Kommission. Doch trotz einiger Fortschritte lägen die Strategie der griechischen Regierung und die Forderungen der Geldgeber zu weit auseinander. "Die griechischen Vorschläge bleiben unvollständig", bemängelte der Sprecher. Juncker sei aber weiterhin "überzeugt", dass eine Einigung bis Monatsende möglich sei. Damit rückt eine Pleite des Landes in greifbare Nähe. Ende des Monats läuft das internationale Rettungsprogramm für Griechenland aus.

Laut EU-Kommission muss Athen jährlich noch "bis zu zwei Milliarden Euro" zusätzlich einsparen. Auf dieser Grundlage würden die Diskussionen nun innerhalb der Eurogruppe fortgesetzt, sagte der Kommissionssprecher. Deren Finanzminister treffen sich am Donnerstag in Luxemburg, auch die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, ist dabei.

Athen will "keinen Cent"

Im "Bild"-Interview schloss Varoufakis ein Ausscheiden aus der Eurozone nicht völlig aus. Er halte aber einen "Grexit" für keine sinnvolle Lösung. "Aber alles ausschließen kann niemand, auch ich kann nicht ausschließen, dass ein Komet die Erde trifft." Der Minister sagte zugleich: "Wir wollen kein weiteres  Geld." Deutschland und der Rest der Euro-Zone hätten Griechenland "doch schon zu viel Geld gegeben - und zwar gehörig". Griechenland wolle "keinen Cent für Löhne und Renten und Schuldentilgung".

Trotz der festgefahrenen Gespräche könne es eine schnelle Einigung geben, sagte Varoufakis. "Eine Einigung könnte in einer Nacht erreicht werden. Aber: Die Kanzlerin muss dabei sein." Das seinem Land von den Gläubigern auferlegte Sparprogramm sei gescheitert. "Es führt kein Weg daran vorbei: Wir müssen ganz von vorn anfangen, Tabula rasa machen."

Zugleich räumte er massive Probleme in der staatlichen Finanzverwaltung ein, etwa bei der Mehrwertsteuer: "Wissen Sie, was unser wirkliches Problem mit der Mehrwertsteuer ist? Wir sind nicht in der Lage, sie zu kassieren", erklärte der Athener Finanzminister. Er warnte davor, wie von den Gläubigern gefordert, die Mehrwertsteuer für "wichtige Lebensbereiche" auf 23 Prozent zu erhöhen: "Dann kommt noch weniger in die Kassen. Klingt verrückt, aber es ist so: Je höher diese Steuern, je weniger zahlen die Leute, sie fühlen sich dann berechtigt, nicht mehr zu zahlen."

Um 13.30 und 14.30 Uhr gibt es bei n-tv auch ein News Spezial zum Griechen-Drama.

Quelle: ntv.de, mbo/dpa/rts

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