Wirtschaft

Deutscher Rekordüberschuss Wachstum geht über Sparen

23,7 Milliarden Euro sind eine gewaltige Summe. Wenn Wirtschaftswachstum und Beschäftigung zurückgehen, wird der Überschuss aber schnell abschmelzen.

23,7 Milliarden Euro sind eine gewaltige Summe. Wenn Wirtschaftswachstum und Beschäftigung zurückgehen, wird der Überschuss aber schnell abschmelzen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Obwohl die Regierung das Geld derzeit mit vollen Händen ausgibt, verbucht der Staat einen Rekordüberschuss. Wirtschaftsforscherin Kristina van Deuverden erklärt, woher das Geld kommt und warum der Geldsegen bald wieder vorbei sein dürfte.

Obwohl die Regierung das Geld derzeit mit vollen Händen ausgibt, verbucht der Staat einen Rekordüberschuss. Ökonomin Kristina van Deuverden vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung erklärt, woher das Geld kommt und warum der Geldsegen bald wieder vorbei sein dürfte.

n-tv.de: Deutschlands öffentliche Haushalte haben im vergangenen Jahre einen Rekordüberschuss von fast 24 Milliarden Euro erzielt. Woher kommt dieses viele Geld?

Kristina van Deuverden: Der mit Abstand wichtigste Faktor, der zu dieser Entwicklung beigetragen hat sind die wirtschaftliche Entwicklung, die sich seit einiger Zeit besonders günstig auf die Steuer- und Beitragseinnahmen auswirkt. Das liegt zum einen daran, dass die Konjunktur stark vom Binnenkonsum getrieben wird, was zu mehr Steuereinnahmen führt als ein exportgetriebenes Wachstum. Zum anderen ist es der historisch sehr hohe Beschäftigungsstand, der zu hohen Einnahmen und relativ wenigen Ausgaben vor allem bei den Sozialversicherungen führt.

Dazu kommen natürlich die niedrigen Zinsen. Anleger haben in der letzten Zeit sogar noch etwas draufgelegt, um der Bundesregierung Geld zu leihen. Als größter Schuldner spart deshalb vor allem der Bund jedes Jahr Milliarden, aber auch die Länder und Kommunen profitieren.

Die Bundesregierung ist sehr stolz auf Schäubles "Schwarze Null". Ist die günstige Haushaltslage auch ein Ergebnis der sparsamen Haushaltspolitik des Finanzministers?

Von Haushaltskonsolidierung kann man derzeit bei der Bundesregierung nicht sprechen. Im Gegenteil: Die Ausgaben sind ja zuletzt stark gestiegen. Wirklich gespart hat die Regierung Anfang des Jahrtausends mit ihren großen Sparpaketen. Allerdings wuchs das Haushaltsdefizit damals trotzdem ständig weiter an.

Wann und wie gelang die Wende vom wachsenden Defizit zum Überschuss?

Kristina van Deuverden ist Wirtschaftsforscherin und Expertin für Finanzpolitik beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung.

Kristina van Deuverden ist Wirtschaftsforscherin und Expertin für Finanzpolitik beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung.

Die Verbesserung der öffentlichen Haushaltslage kann man bis zum Jahr 2007 zurückverfolgen. Das Entscheidende war die steigende Beschäftigung, der Umschwung am Arbeitsmarkt. Das wurde dann von der Finanzkrise kurz unterbrochen. Aber danach verbesserte sich mit dem Aufschwung auch die Situation der öffentlichen Kassen rapide.

Im Moment sprudeln die Einnahmen. Aber stehen die deutschen Staatsfinanzen auch für die Zukunft auf einer soliden Grundlage?

Ich erwarte, dass sich die Situation mittelfristig wieder deutlich verschlechtern wird. Einige Faktoren kann die Politik nicht oder kaum beeinflussen. Die Zinsen etwa werden wieder anziehen und damit die Kosten für den Schuldendienst. Zudem wird sich das Altern der Bevölkerung nicht nur auf die Sozialversicherung drastisch auswirken, sondern auch auf das Wirtschaftswachstum.

Was ist in dieser Situation wichtiger: Sparen, indem man etwa Schulden abbaut, oder das Wachstum ankurbeln?  

Das Wachstum muss meines Erachtens oberste Priorität haben - gerade im Interesse kommender Generationen. Wenn wir den Schuldenberg etwas reduzieren, erspart uns das in Zukunft eventuell einen Teil der Zinszahlungen. Aber wenn wir das Wachstum vernachlässigen, dann fehlen uns für alle öffentlichen Kassen die Einnahmen.

Allerdings sind volle Kassen, vor allem in einem Wahljahr wie diesem, auch gefährlich. Die Versuchung, Geschenke an die Wähler zu verteilen ist groß, der Spardruck dagegen gering. Wichtig ist daher, die Prioritäten bei den Ausgaben so zu setzen, dass sie auch zum Wirtschaftswachstum beitragen.

Mit Kristina van Deuverden sprach Max Borowski

Quelle: ntv.de, mbo

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