Wirtschaft

Tuifly hebt nicht ab Was können betroffene Passagiere tun?

Nicht wenige Reisende sitzen in ihrem Urlaubsort fest.

Nicht wenige Reisende sitzen in ihrem Urlaubsort fest.

(Foto: picture alliance / dpa)

Ausfälle und gravierende Verspätungen haben den Flugbetrieb von Tuifly gehörig durcheinander gebracht. Seit Anfang Oktober sind tausende Flugpassagiere von den Problemen der drittgrößten Fluggesellschaft Deutschlands betroffen. Wegen massenhafter Krankmeldungen des Personals, musste ein Großteil der Maschinen am Boden bleiben. Tuifly selber wies zunächst Ansprüche auf Entschädigungen von sich und berief sich auf "höhere Gewalt". Im Interview mit n-tv.de erklärt Eve Büchner wie Entschädigungen für Flugausfälle und Flugverspätungen eingefordert werden können.

n-tv.de: Habe ich bei Flugannullierung immer Anspruch auf Entschädigungszahlungen?

Eve Büchner

Eve Büchner

Eve Büchner: Wenn die Airline Ihnen keinen Ersatz für den gestrichenen Flug anbietet, haben Sie definitiv Anspruch auf eine Ausgleichszahlung. Wenn Sie sieben Tage oder weniger vor planmäßiger Abflugzeit über die Annullierung informiert werden, besteht Anspruch, wenn Sie über eine Stunde früher abfliegen oder Ihr Endziel mit über zwei Stunden Verspätung erreichen. Bei einer Information über sieben Tage vor planmäßiger Abflugzeit besteht nur Anspruch auf Entschädigung, wenn Sie über zwei Stunden früher abfliegen oder Ihr Reiseziel mit über vier Stunden Verspätung erreichen. Werden Sie 14 Tage vor Abreise über die Annullierung informiert, haben Sie leider keinen Anspruch auf die Entschädigung. Wenn außergewöhnliche Umstände, zum Beispiel starke Unwetter oder Vogelschlag, zur Streichung Ihres Fluges geführt hat, besteht leider ebenfalls kein Anspruch auf eine Zahlung der Fluggesellschaft.

Was muss ich beachten, wenn ich meine Entschädigung einfordern möchte?

Treffen die oben genannten Kriterien auf Ihren annullierten Flug zu, haben Sie gute Chancen, die Entschädigungszahlung zu erhalten. Heben Sie möglichst viele Dokumente zu Ihrer Reise auf! Um Ihre Ansprüche durchzusetzen sind Boardingpässe und Buchungsbestätigung besonders hilfreich. Auch E-Mails und SMS der Fluggesellschaft sind Beweise für Ihre Reiseverzögerung. Erfahren Sie erst am Flughafen von der Annullierung Ihres Fluges, fordern Sie hierfür eine schriftliche Bestätigung von der Airline oder dem Flughafenpersonal.

Muss die Airline für Ersatzbeförderung sorgen?

Ja, die Fluggesellschaften sind dazu verpflichtet, eine angemessene Ersatzbeförderung für Sie zu organisieren. Warten Sie möglichst auf ein Angebot der Fluggesellschaft, bevor Sie sich eigenhändig um einen alternativen Transport bemühen. Vor Gericht werden meistens Ersatzbeförderungen innerhalb von 48 Stunden als zumutbar gewertet - haben Sie das Angebot der Airline abgelehnt und selbstständig einen anderen Transport gebucht, erlischt dadurch Ihr Anspruch auf Ausgleichszahlung.

Wer kommt für Zusatzkosten auf?

Besonders ärgerlich ist es, wenn Sie in Ihrem Urlaubsland von einer Flugannullierung betroffen sind. Häufig ist dies damit verbunden, dass sie eine weitere Nacht im Urlaubsland verbringen müssen. Bestehen sie darauf, dass die Fluggesellschaft Ihnen ein Hotel organisiert und für die Kosten aufkommt. In der Regel wird dies über Übernachtungsgutscheine geregelt. Weitere Zusatzkosten, zum Beispiel Verpflegungskosten, sind leider nur schwer von den Airlines einzufordern, da diese in der Regel jegliche entstandenen Schäden als abgegolten betrachten, sobald die Entschädigungszahlung geleistet wurde.

Sogenannter "Wilder Streik" - eine neue Streikform?

Um solch eine Namensgebung zu nutzen, sollte die Rechtssprechung abgewartet werden. Hier bleibt abzuwarten, wie die Situation der "massenhaften" Krankschreibungen durch zukünftige Gerichtsurteile in den einzelnen Fällen vor dem bekannten Hintergrund rechtlich definiert werden.  Auch wenn wir zurzeit davon ausgehen, dass die Fluggesellschaften bei der aktuellen Situation zahlen müssen, ist es dennoch nicht auszuschließen, dass nachfolgend durch ein Gericht eine Streiksituation als Begriff hierfür gefestigt wird.

Liegt hier ein außergewöhnlicher Umstand vor, der die Fluggesellschaft von der Pflicht einer Entschädigungszahlung befreit?

Nein. Sie sollten Ihr Recht auf eine Entschädigungszahlung gemäß der Verordnung des EuGh 261 aus dem Jahre 2004 zugesprochen bekommen. Eine Durchsetzung des Anspruchs vor Gericht hängt hierbei jedoch von der zukünftigen, rechtlichen Definition ab. Sollte die Krankschreibungswelle vor Gericht als Streik bestätigt werden - ist es wahrscheinlich, dass eine Entschädigungforderung nicht gezahlt werden muss.

Die ehemalige n-tv-Moderatorin Eve Büchner ist Gründerin des Start-ups "Refund.me", das mit Hilfe von Partneranwälten Entschädigungsfälle von Fluggästen klärt. Andere Firmen bieten einen ähnlichen Service an. Auch eine Rechtsschutzversicherungen kann um Hilfe gebeten werden.

Quelle: ntv.de

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