US-Börsen schließen im Minus Wirtschaftsprüfer von SMCI geht und schickt Aktie auf Sturzflug
30.10.2024, 22:03 Uhr Artikel anhören
Die großen US-Indizes schlossen alle mit Verlusten.
(Foto: AP)
Mitten in einer Affäre um angebliche Bilanz-Unregelmäßigkeiten muss sich Super Micro Computer (SMCI) einen neuen Wirtschaftsprüfer suchen. Auch Anleger verlieren das Vertrauen in den Computerhersteller. Derweil schüren starke Daten zur US-Konjunktur neue Zinssorgen.
Nach unterschiedlich ausgefallenen Konjunkturdaten und Konzernbilanzen haben die US-Börsen mit leichten Kursverlusten geschlossen. Der Dow-Jones-Index der Standardwerte gab 0,2 Prozent auf 42.141 Punkte nach. Der breiter gefasste S&P 500 verlor 0,3 Prozent auf 5813 Zähler. Der Index der Technologiebörse Nasdaq ließ 0,6 Prozent auf 18.607 Stellen Federn.
Das US-Bruttoinlandsprodukt (BIP) stieg im dritten Quartal aufs Jahr hochgerechnet um 2,8 Prozent und damit fast so schnell wie im Frühjahr mit damals 3,0 Prozent. Auch die US-Unternehmen schufen einer Umfrage zufolge im Oktober mehr als doppelt so viele Stellen wie von Experten erwartet. Dies schürte Sorgen um das Ausmaß der künftigen Zinssenkungen der US-Notenbank Fed.
Die Währungshüter versuchen, mit straffer Geldpolitik die hohe Inflation in Schach zu halten und den heiß gelaufenen Arbeitsmarkt abzukühlen, ohne die Konjunktur abzuwürgen. "Die zwei Berichte deuten darauf hin, dass die Fed bei ihrer Sitzung nach der US-Präsidentschaftswahl zwar eine weitere Zinssenkung vornehmen wird - allerdings nur um einen Viertelprozentpunkt", sagte Bill Adams, Chefökonom beim Finanzdienstleister Comerica.
Bilanz-Wirrwarr bei SMCI
Gleichzeitig versuchten die Anleger, eine Reihe Nachrichten aus den Unternehmen zu interpretieren. Für Gesprächsstoff sorgte etwa Super Micro Computer. Die Papiere des Herstellers von KI-Servern brachen um mehr als 32 Prozent ein. Mitten in einer Affäre um angebliche Bilanz-Unregelmäßigkeiten muss sich das Unternehmen einen neuen Wirtschaftsprüfer suchen. Ernst & Young habe das Mandat aufgegeben, teilte SMCI mit.
SMCI zufolge hatte Ernst & Young Ende Juli Bedenken in Bezug auf die Unternehmensführung, die Einhaltung von Transparenzregeln und interne Kontrollen bei der Rechnungslegung angemeldet. Daraufhin habe der Konzern einen Sonderausschuss mit Untersuchungen beauftragt.
"Wir legen unser Mandat nieder, da uns kürzlich Informationen zur Kenntnis gelangt sind, die dazu geführt haben, dass wir uns nicht mehr auf die Darstellungen der Geschäftsleitung und des Prüfungsausschusses verlassen können und nicht bereit sind, uns an den von der Geschäftsleitung erstellten Abschlüssen zu beteiligen", zitierte SMCI aus einer Mitteilung von Ernst & Young an die US-Börsenaufsicht SEC. Der Server-Anbieter wies diese Vorwürfe zurück und bezweifelte, dass Geschäftsberichte wegen der von Ernst & Young aufgeworfenen Fragen korrigiert werden müssen.
Im Rampenlicht standen auch neue Konzernbilanzen und -prognosen. Unter Druck nach einem enttäuschenden Finanzbericht gerieten etwa die Papiere des Chipherstellers AMD, die um mehr als zehn Prozent abrutschten. Die Anteilsscheine von Rivalen wie Micron, Marvell und Nvidia verloren in ihrem Sog zwischen 1,3 Prozent und knapp vier Prozent. Der Aufwärtstrend bei der Künstlichen Intelligenz (KI) setze sich zwar fort, "aber die Leute kommen zu der Erkenntnis, dass es viel schwieriger sein wird, mit der Hardware Geld zu verdienen", sagte Jamie Cox vom Finanzdienstleister Harris Financial Group. "Also nutzen sie Enttäuschungen bei den Bilanzen als Vorwand, um sich im Softwarebereich neu zu positionieren."
Steil nach unten ging es auch für den Pharmakonzern Eli Lilly, die Restaurantkette Chipotle und den Lebensmittelkonzern Kraft Heinz. Die Titel verloren nach den jüngsten Quartalsberichten zwischen gut drei und knapp acht Prozent.
Reddit nach Zahlen mit Kursfeuerwerk
Gefragt waren dagegen Reddit. Die seit März notierten Aktien des Onlineforums Reddit schossen um bis zu 43,1 Prozent in die Höhe und waren mit 117 Dollar so teuer wie nie. Das Unternehmen verbuchte im dritten Quartal erstmals einen Gewinn. Hintergrund seien unter anderem Lizenzverträge für KI-Inhalte mit Google und OpenAI gewesen.
Die Investoren griffen auch bei Alphabet zu. Die Titel der Google-Mutter kletterten nach starken Zahlen um knapp drei Prozent. Nun warten die Investoren auf die Zahlen des Software-Riesen Microsoft und der Facebook-Mutter Meta nach Börsenschluss am Mittwoch.
Die Preise für Rohöl der Sorten Brent und WTI kletterten unterdessen um je knapp zwei Prozent auf 72,46 Dollar und 68,50 Dollar je Fass (159 Liter). Die Förderländer der Gruppe Opec+ könnten Insidern zufolge eine für Dezember geplante Erhöhung der Ölproduktion um einen Monat oder mehr verzögern. Am Metallmarkt setzte das Gold seinen Höhenflug fort. Die Feinunze des Edelmetalls verteuerte sich um bis zu 0,5 Prozent auf ein Rekordhoch von 2789,89 Dollar.
Das Geschehen rund um die deutsche Börse (DAX) können Sie in unserem Börsen-Tag noch einmal nachverfolgen.
Quelle: ntv.de, mba/rts