Verkäufe gehen zurück Wohin führt Teslas "Jahr des Übergangs"?
03.01.2025, 15:31 Uhr Artikel anhören
Teslas "Cybercab" ist bislang nur vor Filmkulissen unterwegs.
(Foto: picture alliance / Cover Images)
Nach Jahren des atemberaubenden Wachstums meldet Tesla erstmals einen leichten Rückgang beim Absatz. Autoexperten zufolge hat der einstige Pionier seine Vorreiterrolle verloren. Andere erwarten eine "neue Wachstumsstory".
Das letzte Jahr, in dem Tesla einen Rückgang seiner Verkaufszahlen melden musste, war 2011 - ein anderes Zeitalter für den Autobauer: Der Absatz der damals futuristischen Elektro-Sportwagen aus Kalifornien sank von 1306 im Vorjahr auf 1129 Autos. Seitdem wuchs Tesla unter der Führung von Elon Musk in atemberaubendem Tempo auf inzwischen mehr als das 1000-Fache an verkauften Autos an. Nun hat der E-Autobauer für 2024 erstmals seit 2011 einen - wenn auch leichten - Rückgang beim Absatz um 1,1 Prozent auf 1,79 Millionen Wagen bekannt gegeben. Musk und seine Kritiker ebenso wie seine Bewunderer sind sich einig, dass Tesla an einem Übergang steht. Darüber, wohin dieser führt, gehen die Ansichten allerdings weit auseinander.
Auf die Autobranche spezialisierten Analysten zufolge dürfte Teslas selbstgestecktes Wachstumsziel von 20 bis 30 Prozent auch 2025 kaum erreichbar sein. Die Wachstumsstrategie der vergangenen Jahre stößt an ihre Grenzen. Die Modellpalette des einstigen Branchenpioniers ist vergleichsweise alt. Während die Konkurrenten vor allem in China jedes Jahr Dutzende Elektrowagen mit modernster Software und neuer Batterietechnik auf den Markt bringen, stammt Teslas neuestes Modell - abgesehen vom Cybertruck, der auf dem Massenmarkt nur eine untergeordnete Rolle spielt - aus dem Jahr 2020.
Einen noch stärkeren Einbruch beim Absatz konnte Tesla im vergangenen Jahr nur mit massiven Preisnachlässen und Sonderaktionen wie Gratis-Strom an seinen Ladestationen und Null-Prozent-Finanzierungen erreichen. Vom Datenanbieter FactSet befragte Analysten gehen davon aus, dass der durchschnittliche Preis pro verkauftem Tesla auf das niedrigste Niveau seit mindestens vier Jahren gesunken ist. Damit dürfte die Rendite, die bei Tesla in den vergangenen Jahren deutlich über der der Konkurrenz gelegen hatte, empfindlich schrumpfen.
Neue Modelle, die wieder unter der Konkurrenz hervorstechen würden, sind auch für das kommende Jahr nicht zu erwarten. Stattdessen rechnen Beobachter mit der Einführung eines vergleichsweise günstigen Modells der unteren Mittelklasse, mit dem sich Tesla weiter im Massenmarkt etablieren will. Damit könnte sich Tesla neue Kundenschichten erschließen, zitiert die Nachrichtenagentur AP den Analysten Setz Goldstein von der Ratingagentur Morningstar. Teslas Autos würden damit "vergleichbar mit denen von Honda, Ford und GM". Im Gegensatz zur Luxusklasse, in der Tesla vor Jahren gestartet war, sind die Gewinnmargen bei diesen günstigeren Fahrzeugen allerdings hauchdünn.
Technologieanalyst sieht Börsenwert bei über zwei Milliarden Dollar
Als gewöhnlicher Autokonzern mit leicht angestaubter Mittelklassen-Modellpalette müsste sich Tesla auch an der Börse mit seinen Konkurrenten aus der Autobranche vergleichen lassen. Davon ist der aktuelle Aktienkurs selbst nach einem jüngsten Rückgang in Reaktion auf die enttäuschenden Absatzzahlen weit entfernt. Mit mehr als 1,2 Billionen Dollar wird Tesla an der Börse rund viermal so hoch bewertet wie der zweitwertvollste Autokonzern der Welt, Toyota. Die deutschen Autobauer sind zusammen gerade einmal etwa 200 Milliarden Dollar wert.
Für die Anhänger von Elon Musk unter den Experten führen diese Vergleiche jedoch in die Irre. Auch Musk hat 2024 als "Jahr des Übergangs" für Tesla gesprochen, aber nicht hin zu einem gewöhnlichen Autohersteller, sondern zu einem von Robotik und Künstlicher Intelligenz geprägten Technologiekonzern. Der bekannte Technologie-Analyst Dan Ives etwa prophezeit, dass Tesla 2025 vor einer "neuen Wachstumsstory" stehe. Der Wert des Unternehmens werde noch in diesem oder dem folgenden Jahr auf über 2 Billionen Dollar steigen. Entscheidend dafür seien Teslas Pläne, mit einer Flotte selbstfahrender Taxis ein ganz neues Geschäftsmodell zu etablieren.
Im vergangenen Herbst hatte Musk den Prototypen eines solchen "Cybercabs" präsentiert. Einen festen Termin für dessen Verkaufsstart gibt es allerdings noch nicht. Pionier wird Tesla in diesem Bereich jedenfalls nicht mehr. Während Musk seit Jahren davon spricht, dass die Einführung komplett autonom fahrender Teslas unmittelbar bevorstehe, haben erste Konkurrenten in den USA und China bereits fahrerlose Taxis in Betrieb genommen.
Quelle: ntv.de