Marktberichte

Es geht immer weiter abwärts Börsen erleben Kurs-Debakel

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Nichts zu lachen haben derzeit Börsianer: Die Kurse brechen erneut ein.

(Foto: picture alliance/dpa)

Dieser Tag wird Anlegern noch lange in Erinnerung bleiben - allerdings nicht in angenehmer. Der deutsche Leitindex Dax stürzt auf den tiefsten Stand seit mehreren Jahren. Und anderswo sieht es nicht besser aus. 

Der Ausnahmezustand an den Aktienmärkten dauert an. Die Frankfurter Börse durchlebt einen tiefschwarzen Tag, der Leitindex Dax fällt um mehr als 5 Prozent auf 8742 Punkte - das ist der niedrigste Stand seit 2013. Für den MDax und den TecDax geht es ebenfalls deutlich nach unten.

Zwischenzeitlich hatte der Dax seine massiven Auftaktverluste spürbar reduziert. Im Handel war daraufhin von einem "Dead Cat Bounce" die Rede. Damit beziehen sich Börsianer auf die britische Redensart, derzufolge selbst eine tote Katze wieder hochspringt - wenn man sie aus ausreichender Höhe hinunterwirft.

Trotz der Zinssenkungen und Geldspritzen großer Notenbanken ergreifen Börsenanleger weltweit panikartig die Flucht, der Ausverkauf an den Aktienmärkten nimmt weiter Fahrt auf. In New York brach der Dow Jones zeitweise so stark ein wie seit dem "Schwarzen Montag" am 19. Oktober 1987 nicht mehr - dem stärksten Kursrückgang seit dem Zweiten Weltkrieg. "Die Aktienmärkte befinden sich mittlerweile im Crash-Modus", sagte Michael Winkler, Chefstratege bei der St. Galler Kantonalbank. "Dagegen helfen auch die am Wochenende verkündeten weiteren Notfallzinssenkungen der US-Notenbank Fed nicht."

An der Wall Street wurde der Handel gleich zu Beginn automatisch für 15 Minuten ausgesetzt, nachdem der S&P mehr als sieben Prozent absackte. Zu Börsenschluss in Frankfurt lag der Dow um 8 Prozent tiefer bei 21.362 Punkten, der breiter gefasste S&P 500 verlor 7,7 Prozent auf 2503 Zähler, der Index der Technologiebörse Nasdaq 7,6 Prozent auf 7278 Punkte. Vor diesem Hintergrund kletterten die "Angstbarometer" VDax und VStoxx auf neue Rekordhochs.

Hoffen auf Konjunkturpakete

Angeführt von der US-Notenbank Fed hatten zahlreiche Zentralbanken Zinsen gesenkt und milliardenschwere Geldspritzen angekündigt. Außerdem will die Fed mit günstigen Dollar-Kreditgeschäften die Versorgung mit der Weltleitwährung sicherstellen.

"Die Anleger-Stimmung hat aber einen Punkt erreicht, an dem positive Maßnahmen Ängste verschlimmern und als Katastrophe angesehen werden", sagte Ayush Ansal, Chef-Anleger des Vermögensverwalters Crimson Black.

Dabei sind sich Marktteilnehmer einig, dass die Notenbanken nicht viel ausrichten können. Der Schock an den Märkten herrscht angebots- und nachfrageseitig zugleich. Mehr erwartet man daher vom Treffen der Finanzminister der Eurogruppe. Hier könnten eventuell Fiskalpakete beschlossen werden, um die Konjunktur direkt anzukurbeln.

Auch die Industriedaten aus China sind beängstigend und schüren Befürchtungen, das BIP im ersten Quartal könnte schrumpfen. Die Produktion in der Januar-Februar-Periode brach um 13,5 Prozent ein, der Umsatz im Einzelhandel sogar um 20,5 Prozent. In den USA ist derweil der Empire State Manufacturing Index im März auf minus 21,5 nach plus 12,9 eingebrochen. Erwartet worden war lediglich ein Rückgang auf 3,5. Die meisten Analysten gehen in der Zwischenzeit davon aus, dass die Weltkonjunktur vor einer schweren Rezession steht.

Gold profitiert nur kurz

Die drastische US-Zinssenkung vom Wochenende setzte der Währung des Landes zu. Der Dollar-Index, der den Kurs zu wichtigen Währungen widerspiegelt, büßte bis zu 1,3 Prozent ein. Der Euro verteuerte sich im Gegenzug um bis zu 1,2 Prozent auf 1,1236 Dollar. Starke Nerven brauchten Gold-Anleger: Die "Antikrisen-Währung" Gold konnte ihre Anfangsgewinne nicht halten und verbilligte sich um bis zu 5,1 Prozent auf 1452,01 Dollar je Feinunze (31,1 Gramm), bevor sie mit 1508 Dollar 1,4 Prozent im Minus lag. Offenbar mussten weitere Anleger das Edelmetall verkaufen, um Verluste in anderen Bereichen auszugleichen, sagten Börsianer.

Am Rohölmarkt drückte neben der Rezessionsangst auch der Preiskrieg zwischen Saudi-Arabien und Russland auf die Kurse. Dies ließ den Preis der Sorte Brent aus der Nordsee zeitweise fast 13 Prozent ins Minus rutschen auf ein Vier-Jahres-Tief von 29,52 Dollar je Barrel (159 Liter). Dadurch werde die Lage vor allem für US-Schieferölförderer kritisch, warnte Analyst Jeffrey Halley vom Brokerhaus Oanda. Die Regierung in Washington werde wohl eher früher als später ein Rettungsprogramm für die hoch verschuldete Branche auflegen müssen.

Wegen des technisch aufwendigen Fracking-Verfahrens arbeiten diese Firmen Experten zufolge erst ab einem Ölpreis von 45 bis 50 Dollar profitabel. Eine Reihe von Firmen der Branche schraubten ihre Investitionen herunter. Aktien von US-Schieferölförderern wie Occidental oder Apache verloren bis zu knapp einem Fünftel. Auch die Titel von größeren Firmen der Branche brachen ein: Die Papiere von Chevron und Exxon Mobil verloren bis zu zehn Prozent, in Europa sackten Total-, BP und Shell-Aktien bis zu 7,6 Prozent ab.

Auch Bankaktien kamen in den USA unter die Räder. Die Absenkung des Schlüsselsatzes auf praktisch null Prozent binnen zwei Wochen werde die Gewinne der Institute schmälern, prognostizierten die Experten des Vermögensberaters Raymond James. Die Papiere von Citigroup, JPMorgan und Bank of America brachen bis zu 17 Prozent ein.

Tui-Aktie stürzt ab

Zudem litten die Touristikwerte erneut wegen der internationalen Reisebeschränkungen. Der europäische Branchenindex brach zeitweise um mehr als 16 Prozent ein, so stark wie nie zuvor. Tui-Titel stürzten sogar um 40 Prozent auf ein Rekordtief von 2,42 Euro ab. Der Reisekonzern beantragte wegen wegbrechender Buchungen Staatshilfe. Zum Corona-Krisentreffen der Bundesregierung mit Vertretern der Luftfahrtbranche fielen die Aktien von Lufthansa, Air-France-KLM und der British-Airways-Mutter IAG sowie der Billig-Flieger Ryanair und EasyJet um bis zu einem Drittel.

Gefragt waren dagegen die Titel von Drägerwerk, die mit einem Plus von zeitweise knapp 68 Prozent den größten Kurssprung der Firmengeschichte verbuchten und noch ein Fünftel fester schlossen. Am Freitag hatte die Bundesregierung 10.000 Beatmungsgeräte bei der Medizintechnik-Firma bestellt. Auch andere Länder reißen sich um solche Apparate, die zur Behandlung von Coronavirus-Patienten benötigt werden.

Quelle: ntv.de, jga/rts/dpa/DJ

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