Was bringt die neue Börsenwoche? Corona-Krise prügelt Kurse in den Keller
04.04.2020, 09:16 Uhr
Wann findet der Dax den Boden?
(Foto: imago/Sven Simon)
Die Coronavirus-Krise wird auch in der verkürzten Vorosterwoche den deutschen Aktienmarkt fest im Griff haben. Während in China allmählich wieder Normalität einkehrt und auch in Europa die Zahl der Neuinfektionen abzunehmen scheint, verschärft sich die Lage in der weltgrößten Volkswirtschaft, den USA.
Die Talfahrt der internationalen Börsen könnte sich in der Karwoche verlangsamen. Am Freitag ging der deutsche Leitindex Dax mit einem Minus von 0,4 Prozent auf 9525 Punkte aus dem Handel. Im Wochenverlauf hat er damit um etwas mehr als 1 Prozent nachgegeben. Noch Mitte Februar war der Dax bei knapp unter 13.800 Punkten auf ein Rekordhoch gestiegen. Bald darauf setzte - ausgelöst durch die Corona-Pandemie - eine rasante Talfahrt ein. Bis Mitte März stürzte der Leitindex um 40 Prozent in Richtung 8200 Punkte ab. Seither versucht er sich an einer Erholung.
"Zwar sind weitere, abrupte Kursrückgänge nie auszuschließen, dennoch zeichnet sich die Bodenbildung an den Märkten langsam ab", sagt Michael Jensen, Geschäftsführer des Vermögensverwalters Moventum. Für eine Trendwende bedürfe es aber einer Eindämmung der Coronavirus-Pandemie. Jensen zieht Parallelen zum Ausbruch der Lungenkrankheit Sars 2002/2003. "Zu sehen war, dass die Börsen so lange fielen, wie die Infektionszahlen stiegen. Als die Zahl der Neuinfektionen fiel, stiegen die Börsen wieder."
"Die Lage an den Aktienmärkten hat sich zuletzt zwar etwas beruhigt, dabei handelt es sich vermutlich aber lediglich um eine Zwischenerholung", schreibt dagegen Analyst Markus Reinwand von der Helaba. Er sieht typische Merkmale einer "Bärenmarkt-Rally", in der auf einen Absturz zwischenzeitlich deutliche Erholungsbewegungen folgen, bevor es zu weiteren Kurseinbrüchen kommt.
Uwe Streich von der LBBW geht ebenfalls davon aus, "dass die Märkte ihren Boden noch nicht ganz gefunden haben". Jochen Stanzl von CMC Markets hält sogar "panikartige Zustände" wie in den ersten beiden März-Wochen "zeitnah für denkbar", während Robert Halver von der Baader Bank optimistischer ist: "Emotional scheint das Schlimmste hinter uns zu liegen." Halver hofft, dass den Börsen die zweite Verkaufswelle erspart bleibt.
"Sieger steht noch nicht fest"
Ein weiterer Ausverkauf gilt aber als möglich. Denn bislang kann niemand das Ausmaß der Folgen der virusbedingten Einschränkungen für die Wirtschaft abschätzen. Daher rücken Konjunkturdaten verstärkt in den Fokus. Unternehmensseitig dürften weitere Jahresziele zurückgenommen, Dividenden gestrichen und Aktienrückkaufprogramme ausgesetzt werden.
Ivan Mlinaric, Geschäftsführer des Vermögensverwalters Quant Capital, warnt derweil vor überzogenen Erwartungen. Auf der einen Seite pumpten Notenbanken und Staaten Billionen in die Finanzmärkte. "Auf der anderen Seite entwickelt sich eine realwirtschaftliche Abwärtsspirale, je länger der Lockdown dauert." Realwirtschaft gegen Geld- und Finanzpolitik laute der Kampf - und der Sieger stehe noch nicht fest.
Vor diesem Hintergrund warten Börsianer gespannt auf die anstehenden Konjunkturdaten. Den Anfang machen am Montag die Auftragseingänge der deutschen Industrie für Februar. Experten erwarten hier einen Rückgang um zwei Prozent. Die deutlich schwächere Nachfrage aus China, das seine Wirtschaft wegen des Coronavirus früher als andere Staaten heruntergefahren hatte, mache sich hier bemerkbar, sagt Commerzbank-Volkswirt Ralph Solveen. Voll durchschlagen werde die Krise aber wohl erst in den Zahlen für März.
Unterdessen gehe das Drama am US-Arbeitsmarkt weiter, fügt Solveen hinzu. "Dort verlieren wohl weiterhin jede Woche mehrere Millionen Menschen ihren Arbeitsplatz." Rund zehn Millionen Amerikaner mussten seit Mitte März Stütze beantragen. Experten des US-Kongresses rechnen mit einem Anstieg der Arbeitslosenquote im laufenden Quartal auf mehr als zehn Prozent.
Ölpreis fährt Achterbahn
Gleichzeitig schielen Anleger mit einem Auge auf den Ölpreis, dessen Absturz auf den tiefsten Stand seit fast 20 Jahren die Turbulenzen am Aktienmarkt in den vergangenen Wochen verstärkt hatte. Die Aussage von US-Präsident Donald Trump, er habe im Preiskrieg zwischen Saudi-Arabien und Russland vermittelt, und die beiden Konfliktparteien würden die Fördermenge um zehn oder gar 15 Millionen Barrel pro Tag kürzen, hatte den Rohöl-Sorten Brent und WTI in der alten Woche den jeweils größten Tagesgewinn ihrer Geschichte beschert.
Insidern zufolge will die "Opec+", zu der neben den Mitgliedern des Exportkartells weitere Förderländer wie Russland gehören, am Montag über eine Reduzierung der Fördermenge um zehn Millionen Barrel pro Tag beraten. Bei einer noch stärkeren Kürzung müssten aber auch Staaten außerhalb der Allianz ihren Beitrag leisten. "Das könnte sich als das größte Hindernis auf dem Weg zu einer Einigung erweisen", warnen die Analysten der Royal Bank of Canada. Trump hat nach eigenen Angaben keine Reduzierung der US-Produktion angeboten. Die USA liegen bei der Rohöl-Förderung mit Saudi-Arabien und Russland fast gleichauf.
Quelle: ntv.de, jga/rts/dpa