Ernüchterung nach dem Gipfel Dax droht wilde Woche
30.10.2011, 12:00 Uhr
Draghi, G20, US-Jobs und das 3. Quartal: Die Agenda ist reich gefüllt.
(Foto: dapd)
Kaum lässt die Wirkung des großen Euro-Gipfel von Brüssel nach, schon wirft das nächste Spitzentreffen seine Schatten voraus: Stärker als mit dem G20-Gipfel in Cannes dürfte sich der deutsche Aktienmarkt in der kommenden Woche allerdings mit dem halben dutzend Unternehmensergebnisse aus dem Dax beschäftigen.
Kommt sie oder kommt sie nicht, die große Erholungsrally am deutschen Aktienmarkt? Oder ist die erste Eurphorie nach der langen Nacht von Brüssel bereits komplett verraucht? Dass sich die Euro-Länder nun endlich auf ein weitreichendes Maßnahmenpaket zur Lösung der Schuldenkrise geeinigt haben, werten die meisten Analysten zwar als großen Fortschritt. "Fraglich ist allerdings, ob die Euphorie, mit der die Anleger am Donnerstag auf die Gipfel-Beschlüsse reagiert haben, anhält," sagt Tobias Basse, Aktienstratege bei der NordLB.

Klarheit zum G20-Gipfel: "Die Politiker dürften offene Fragen zur externen Finanzierung der EFSF-Hebelung und des zweiten Hilfspakets für Griechenland erörtern."
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Die Experten der Landesbank Berlin gehen davon aus, dass der Dax mittelfristig um die psychologisch wichtige 6000-Punkte-Marke pendeln wird. In der abgelaufenen Woche war er unter dem Eindruck der Erleichterung nach dem Euro-Gipfel bis auf 6430 Zähler gestiegen. Im Prinzip würden mit den verkündeten Maßnahmen weiterhin nur die Symptome bekämpft, es erscheine daher wenig wahrscheinlich, dass die Schuldenkrise bereits beigelegt sei, hieß es in einem Kommentar der Landesbank Berlin.
Die erleichterte Euphorie nach den Gipfelbeschlüssen hat dem ein Wochenplus von 6,3 Prozent beschert. In den vergangenen Monaten hatten die Turbulenzen rund um die Euro-Krise und Rezessionsängste das deutsche Börsenbarometer alerdings deutlich stärker ins Minus geschickt.
Die Details der Euro-Rettung entscheiden
Die Gipfel-Beschlüsse sehen vor, Griechenland die Hälfte seiner Schulden bei den Banken zu erlassen und den Euro-Rettungsschirm EFSF auf eine Billion Euro zu "hebeln". Allerdings sind noch viele Fragen offen. So muss Griechenland die Details des Schuldenschnitts noch mit den Banken aushandeln. Auch die beiden Modelle, mit denen die Mittel des EFSF effektiver eingesetzt werden sollen, sind noch nicht fertig. Daneben steht die Zustimmung von anderen Gläubigern außerhalb der Bankenbranche - wie zum Beispiel Fonds und Versicherer - nocht weitgehend aus.
Mehr Klarheit erhoffen sich die Anleger vom G20-Treffen am Donnerstag und Freitag in Cannes. "Die Politiker dürften offene Fragen zur externen Finanzierung der EFSF-Hebelung und des zweiten Hilfspakets für Griechenland erörtern", erklärt Commerzbank-Experte Alexander Aldinger.
Richtungssignale von außen
Insgesamt dürften die Impulse für den deutschen Aktienmarkt nach Einschätzung von Analysten in den kommenden Monaten allerdings außerhalb Europas zu suchen sind. "Der Fokus sollte sich nun wieder mehr auf die US-Konjunkturdaten richten, die zuletzt eher wenig Beachtung gefunden haben", sagt NordLB-Stratege Basse. Den Anfang macht am Montag der Chicagoer Einkaufsmanager-Index für Oktober. Im Vorfeld befragte Analysten sagen im Schnitt einen Rückgang auf 59,2 Punkte von 60,4 Zählern im Vormonat voraus.
Im Fokus steht neben dem ISM-Index für die Industrie (Dienstag) der monatliche Arbeitsmarktbericht am Freitag. Experten gehen davon aus, dass im Oktober außerhalb der US-Landwirtschaft 95.000 neue Stellen geschaffen wurden, nach 103.000 im Vormonat. Einen ersten Hinweis auf die Beschäftigungslage in der weltgrößten Volkswirtschaft bieten zwei Tage zuvor bereits die Daten der privaten Arbeitsagentur ADP (Prognose: 114.000 neue Stellen). Commerzbank-Experte Christoph Balz geht davon aus, dass die US-Wirtschaft im Schlussquartal 2011 insgesamt zwar weiter expandiert - "aber zu langsam, um die Krise rasch zu überwinden".
Mario Draghi übernimmt
Vor diesem Hintergrund warten Anleger auch gespannt auf die Ratssitzungen der der US-Notenbank Fed und der Europäischen Zentralbank (EZB). Am Markt wird damit gerechnet, dass Mario Draghi bei seinem Debüt als Sitzungsleiter die Zinsen am Donnerstag stabil halten wird. Fed-Chef Ben Bernanke könnte tags zuvor nach der " " die Weichen für mögliche weitere Maßnahmen zur Stützung der schwächelnden US-Konjunktur stellen.
Mehr als ein halbes Dutzend Dax-Firmen wollen in der neuen Woche ihre Quartalsergebnisse vorlegen - unter anderem die Commerzbank. Dort interessiert Anleger unter anderem die Höhe der .
Außerdem erhoffen sie sich Antworten auf die Frage, wie sich das Institut zusätzliches Kapital beschaffen will, um die im Zuge der Euro-Beschlüsse zur Bewältigung der Schuldenkrise noch einmal verschärften Eigenkapitalvorschriften zu erfüllen.
Quelle: ntv.de, mmo/rts