Marktberichte

Wall Street schließt im Plus JPMorgan hilft Börsen über London-Blues

(Foto: dpa)

Nach dem Brexit-Votum rührt die Bank of England (BoE) überraschend die Zinsen im Vereinigten Königreich doch nicht an. Viele Börsianer werden davon kalt erwischt. Doch der Markt holt die Verluste schnell wieder auf.

Angesichts guter Zahlen von JPMorgan hat auch die überraschend ausgefallene Leitzinssenkung der Bank of England (BoE) dem deutschen Aktienmarkt nichts anhaben können. Der Dax gab nach der Entscheidung am frühen Nachmittag zwar innerhalb von Minuten rund ein Prozent nach, berappelte sich aber wieder und ging mit rund 1,4 Prozent Plus bei 10.068,30 Punkten aus dem Handel. Am Vormittag hatte der Leitindex schon einmal rund 1,5 Prozent gewonnen und war deutlich über 10.000 Punkte gestiegen. Der MDax rückte 0,9 Prozent auf 20.562,03 Zähler vor. Der TecDax legte 0,5 Prozent zu auf 1.634,06 Stellen.

Dax
DAX 23.682,44

Die meisten Analysten wurden von der Leitzinsentscheidung kalt erwischt. Sie hatten damit gerechnet, dass die britischen Notenbanker den Leitzins um 25 Basispunkte auf 0,25 Prozent senken würden, um die wirtschaftlichen Folgen eines Brexit abzumildern. Zwar ließen die Hüter des Pfund den Leitzins überraschend unangetastet. Zugleich signalisierte die Bank von England aber, dass im August der Geldhahn aufgedreht werden könnte, sobald Klarheit über die Auswirkungen des Brexit-Referendums für die Wirtschaft besteht.

Vor allem bei Finanztiteln griffen die Anleger daher zu. Die Papiere der Deutschen Bank erholten sich um 3,6 Prozent und Commerzbank-Anteile um gut 2,6 Prozent. Stimmungsaufheller für die Branche waren besser als erwartet ausgefallene Quartalszahlen der US-Investmentbank JPMorgan. Die Aktien gewannen 1,5 Prozent. Das Brexit-Votum hinterließ bislang beim US-Marktführer keine größeren Spuren, der Überschuss fiel aber dank Einsparungen nicht so stark wie von Analysten erwartet aus. Im Schlepptau legten Goldman Sachs und Morgan Stanley um 2,9 bzw. 3,1 Prozent zu - der Bankensektor gewann 1,7 Prozent und stellte die Branche mit den höchsten Aufschlägen. Die Quartalszahlen seien "ein guter Startschuss" für die Quartalsberichte der nun noch folgenden großen Geldhäuser in den USA, sagte ein Händler. Am Freitag folgen Wells Fargo und Citigroup mit Geschäftszahlen.

An der Wall Street gingen die Anleger dank der positiven Erwartungen im Finanzsektor auch insgesamt auf Rekordjagd. Der Dow Jones der Standardwerte legte 0,7 Prozent auf 18.506 Punkte zu. Der breiter gefasste S&P-500 stieg 0,5 Prozent auf 2163 Zähler. Der Index der Technologiebörse Nasdaq rückte um 0,6 Prozent auf 5034 Punkte vor.

Im Blick standen bei den Einzelaktien auch BASF und Bayer. Der Chemiekonzern hat sein Übernahmeangebot für den US-Saatguthersteller Monsanto erhöht. Zuvor hatte Bloomberg berichtet, BASF habe die Gespräche über eine Zusammenlegung der Monsanto-Pflanzenschutzsparte mit der von BASF wieder aufgenommen. BASF legte 3,6 Prozent zu, Bayer rückte 0,5 Prozent vor. Für Monsanto geht es 2,8 Prozent nach oben.

Dämpfend wirkten dagegen die weiter schwelende Bankenkrise in Italien und die Rettungspläne des Ministerpräsidenten Matteo Renzi. Für Aufmerksamkeit sorgte laut einem Händler in dieser Situation nun die Investmentbank Citigroup mit einer Kaufempfehlung für den italienischen Bankenprimus Unicredit.

JPMorgan entzückt die Wall Street

Im Blick standen auch die Aktien der Google-Mutter Alphabet. Die Europäische Kommission hat ein weiteres Wettbewerbsverfahren gegen den Suchmaschinenbetreiber eröffnet. Die EU-Behörde hat das sogenannte "Statement of Objections", also die Beschwerdepunkte, vorgelegt, in denen dem Konzern eine missbräuchliche Ausnutzung der Dominanz im Anzeigengeschäft vorgeworfen wird. Für die Alphabet-Aktie ging es dennoch 0,3 Prozent nach oben.

Für die Aktien von Cree ging es um rund 12,0 Prozent aufwärts. Der deutsche Chipkonzern Infineon will Wolfspeed übernehmen, die zu Cree gehört. Der Übernahmepreis beträgt 850 Millionen Dollar in bar. Das Management von Cree hat der Übernahme bereits zugestimmt.

Die Aktie von Yum Brands stieg gut 3,8 Prozent, nachdem der Betreiber von Restaurantketten seine Gewinnprognosen erhöht hatte, vor allem wegen des erholten Geschäfts in China. Im abgelaufenen Quartal verdiente Yum auf bereinigter Basis 75 Cent je Aktie, während Analysten mit 74 Cent gerechnet hatten.

Angesichts des britischen Zinsentscheids und der guten Zahlen von JPMorgan gingen die US-Konjunkturdaten unter. Die wöchentlichen Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe stagnierten auf dem Niveau der Vorwoche. Zudem haben die US-Produzenten ihre Waren im Juni so stark verteuert wie seit Mai 2015 nicht mehr. Die Erzeugerpreise legten vor allem wegen steigender Energiekosten um 0,5 Prozent zum Vormonat zu und damit leicht stärker als erwartet.

Asien: Plus in Japan und China

Die Fernost-Börsen beeindruckt der Brexit immer weniger. Am Donnerstag verbuchten die meisten Handelsplätze abermals Gewinne. "Brexit bedeutet letztendlich nicht einen Zusammenbruch des globalen Finanzsystems oder eine größere Drosselung in den Volkswirtschaften außerhalb Großbritanniens", sagte Koichi Yoshikawa von der Standard Chartered Bank in Tokio. Der Tokioter Leitindex Nikkei schloss 0,95 Prozent höher bei knapp 16.386 Punkten. Der breiter gefasste Topix-Index legte 0,8 Prozent zu auf 1311 Stellen. Der MSCI-Index für asiatische Aktien außerhalb Japans notierte 0,3 Prozent fester.

Der japanische Regierungschef Shinzo Abe hat nach dem Wahlsieg seiner Regierungskoalition vom Wochenende weitere Maßnahmen gegen die Flaute der Konjunktur angekündigt. Details sind aber noch unklar. Am Dienstag hatte Abe den früheren US-Notenbankchef Ben Bernanke getroffen, der als Verfechter einer expansiven Geldpolitik gilt. Der Besuch hatte Spekulationen genährt, Abes Konjunkturpaket könne von geldpolitischen Lockerungsschritten der Bank von Japan flankiert werden.

Gefragt waren unter anderem Nintendo-Aktien. Sie verteuerten sich um knapp 16 Prozent. Die Wochengewinne summieren sich auf über 50 Prozent. Der Konzern profitierte weiter vom Erfolg seines Smartphone-Spiels Pokemon GO. Anlass für den Kurssprung ist das neue Smartphone-Spiel Pokémon Go, das in den USA und Australien eifrig heruntergeladen wird.

In Schanghai ging es um 1,8 Prozent aufwärts. Favoriten waren unter anderem die Energiewerte, weil staatliche Bemühungen zur Begrenzung der übermäßigen Kapazitäten die Aussichten für die Profitabilität einiger Kohleminen erhöht haben. Unter den Kohle- und Stahl-Werten, die hiervon profitierten, stiegen Inner Mongolia Pingzhuang Energy Resources und Jiangsu Shagang bis zum Tageslimit von 10 Prozent. Mit dem schwächelnden Ölpreis waren überdies Luftfahrtwerte gesucht.

In Australien schloss die Börse den vierten Handelstag in Folge im Plus, wenn auch mit 0,3 Prozent etwas gebremst. Noch immer zeigten sich die Anleger von den starken US-Arbeitsmarktdaten vom Freitag ermutigt. Sie wurden als ideal für den Aktienmarkt gesehen, da sie eine starke Konjunktur anzeigen ohne Handlungsbedarf für zinspolitische Verschärfung nahezulegen. Cimic gewannen 1,6 Prozent. Das Hochtief-Tochterunternehmen hatte am Montag den Erhalt eines Milliardenauftrags in Hongkong mitgeteilt. Unter den Minenwerten steigerten sich South32 um 5,4 Prozent, auch die anderen Werte des Sektors legten zu.

Rohstoffe: Ölpreise berappeln sich

Die Ölpreise setzten ihre volatile Entwicklung der vergangenen Tage fort. Auf den Vortageseinbruch folgte eine Erholung. Für einen Barrel US-Leichtöl der Sorte WTI ging es um 2,1 Prozent auf 45,68 Dollar nach oben, Brent gewinnt 2,4 Prozent auf 47,37 Dollar. Händler sprachen trotz der gestiegenen Ölpreise von einem eher "bearischen" Umfeld und maßen den Preissteigerungen wenig Bedeutung bei. Die Analysten der Royal Bank of Canada sahen aber auch positive Nachfragezeichen und hoben ihre Prognosen für die Jahre 2016 und 2017 an. Auch ihre Preisprojektionen nahmen die Experten nach oben. Gestützt wurden die Ölpreise auch von einem schwächeren Dollar.

Der Goldpreis fiel mit der Zinsentscheidung der BoE. Der Goldpreis reduzierte sich mit der gestiegenen Risikofreude der Anleger um 0,7 Prozent auf 1.333 Dollar. "Die Erkenntnis, dass die britische Ökonomie weniger stark vom Brexit betroffen ist, führt zum Preisverfall bei Gold und Silber", sagte Marktanalyst Chintan Karnani von Insignia Consultants.

Der Zinsentscheid der Bank of England bewegte auch den Devisenmarkt. Das britische Pfund schoss in einer ersten Reaktion von 1,3210 auf 1,3479 Dollar nach oben, konnte dieses Niveau allerdings nicht behaupten und wurde dann wieder mit 1,3314 Dollar gehandelt. "Die BoE ist zu der Auffassung gelangt, dass die Vorteile einer Zinssenkung um die inländische Konjunktur zu stützen, durch ein schwaches Pfund überwogen werden", sagte Ökonom Michael Henderson von Verisk Maplecroft.

Nur wenig verändert präsentierte sich der Euro. Die Gemeinschaftswährung notierte bei rund 1,1112 US-Dollar und damit rund 0,1 Prozent stärker. Geringe Impulse kamen vom Yen, der auf dem gesunkenen Niveau verharrt, das er am Dienstag erreicht hat.

Quelle: ntv.de, wne/hvg/DJ/rts/dpa

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