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Auch Worte verletzen Kinder anschreien ist verbaler Missbrauch

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Eltern, die ihre Kinder anschreien, beschimpfen oder verunglimpfen, sollten sich bewusst machen, was sie da tun.

Eltern, die ihre Kinder anschreien, beschimpfen oder verunglimpfen, sollten sich bewusst machen, was sie da tun.

Das Zusammenleben mit Kindern bringt viele an ihre Grenzen. Dennoch sollte man als Erwachsener immer darauf achten, wie man Heranwachsende anspricht und was man ihnen sagt. Ansonsten hinterlässt es ungewollte Nachwirkungen, warnen Forschende, die große Datenmengen analysieren.

Kinder, die von Erwachsenen angeschrien oder verunglimpft werden, haben später ein höheres Risiko, sich selbst zu verletzen, Drogen zu nehmen oder im Gefängnis zu landen. Das haben Forschende aus den USA und Großbritannien herausgefunden. Das Team um Shanta Dube und Peter Fonagy geht nach Beurteilung der Studienergebnisse davon aus, dass verbaler Missbrauch im Kindesalter weitreichende Auswirkungen auf die geistige und körperliche Gesundheit von Menschen im Laufe ihres Lebens haben kann.

Für die Untersuchung, die im Auftrag der britischen Wohltätigkeitsorganisation "Words Matter" durchgeführt wurde, schaute sich das Forschungsteam die Daten von insgesamt 166 Studien zu diesem Thema an und analysierte sie. Dabei fanden sie heraus, dass Kinder mit 76,5 Prozent überwiegend von ihren Eltern angeschrien werden. Die verbleibenden Anteile fielen mit 2,4 Prozent auf erwachsene Betreuer zu Hause und 12,7 Prozent auf Lehrer. Weiterhin wurden Erwachsene wie Trainer und Polizisten mit jeweils 0,6 Prozent genannt.

Vier Kategorien von Missbrauch bei Kindern

Bisher werden vier Kategorien von Missbrauch von Kindern beschrieben. Dazu gehören:

* Misshandlungen
* Sexueller Missbrauch
* Emotionaler Missbrauch
* Vernachlässigung

Den Forschenden ist bewusst, dass verbaler Missbrauch in Form von Anschreien, Beschimpfungen oder Verunglimpfungen durchaus ein Subtyp des emotionalen Missbrauchs sein kann. Sie fordern aufgrund ihrer Erkenntnisse jedoch etwas anderes: "Verbaler Missbrauch im Kindesalter muss wegen der lebenslangen negativen Folgen unbedingt als Missbrauchssubtyp anerkannt werden", so die Missbrauchs-Expertin Dube laut healthnews.com. Bisher sei verbaler Missbrauch nicht auf dem Radar von Eltern. Demzufolge sind sich auch wenige Erwachsene darüber im Klaren, dass es sich um ein weitverbreitetes Problem handele, das die Entwicklung von Kindern beeinträchtige.

Psychische Störungen und Gesundheitsprobleme

Durch verbalen Missbrauch könnten Kinder psychisch belastet sein, Depressionen, Wut und ein geringes Selbstwertgefühl entwickeln. Das könne schließlich zu Drogen-, Alkohol- sowie Nikotinkonsum und körperlichen Gesundheitsproblemen wie beispielsweise Fettleibigkeit führen, schreibt das Team.

Die Forschenden geben auf der Grundlage der Daten der Weltgesundheitsorganisation an, dass weltweit 36 Prozent der Kinder emotionalem einschließlich verbalem Missbrauch ausgesetzt sind. Dieser Anteil sei größer als bei denen, die körperlichem mit 22 Prozent oder sexuellem Missbrauch mit 25 Prozent ausgesetzt sind. "Oft sind sich Erwachsene nicht im Klaren darüber, wie negativ sich ihr schreiender Tonfall und kritisierende Worte wie 'dumm' und 'faul' auf Kinder auswirken können", so Dube. Das treffe vorrangig auf Personen zu, die ihre Erziehung selbst so erlebt hätten.

Eine kürzlich von den Centers for Disease Control and Prevention durchgeführte Studie über junge Menschen in den USA ergab, dass 55 Prozent der älteren Schüler im Zuhause der Familie beschimpft wurden oder andere verbale Beleidigungen erlebt hatten.

Kinder vertrauen Erwachsenen

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"Kinder sind genetisch darauf vorbereitet, den Erwachsenen zu vertrauen. Sie nehmen uns Erwachsene ernst. Wenn wir dieses Vertrauen missbrauchen, indem wir Worte verwenden, um zu beschimpfen, anstatt zu lehren, kann dies dazu führen, dass Kinder nicht nur beschämt, isoliert und ausgeschlossen werden, sondern auch nicht in der Lage sind, sich mit ihrer Gemeinschaft auseinanderzusetzen und den vollen Nutzen aus dem sozialen Lernen zu ziehen", wird Fonagy von "The Guardian" zitiert.

Dube fügte hinzu, dass insbesondere Eltern bewusst gemacht werden müsse, dass die Art und Weise, wie sie mit ihren Kindern sprechen, lebenslange Auswirkungen haben kann. Sie müssten verstehen, warum sie das tun, und beginnen, positiver mit ihren Nachkommen zu sprechen. "Das Durchbrechen der generationsübergreifenden Zyklen beginnt bei den Erwachsenen", so Dube bei scietechdaily.com. Die Ergebnisse der Forschenden der US-amerikanischen Wingate University in North Carolina und des britischen University College London wurden im Fachmagazin "Child Abuse & Neglect" veröffentlicht.

Quelle: ntv.de, jaz

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