Elektronische Hundenase Können Atemtests Sars-CoV-2 nachweisen?
27.10.2020, 11:18 Uhr
Mit Atemtests können Atemwegserkrankungen festgestellt, aber auch Parameter wie Blutalkohol gemessen werden.
(Foto: imago images/Panthermedia)
Bisher werden Sars-CoV-2-Verdachtsfälle mit zwei verschiedenen Verfahren getestet. Nun gibt es einen Ansatz für eine dritte Möglichkeit, mit dem vor allem Covid-19-Patienten von Patienten mit anderen Atemwegserkrankungen unterschieden werden sollen.
Forscher aus Dortmund und Edinburgh haben in den jeweiligen Kliniken getestet, ob man mit einer "elektronischen Hundenase" eine Infektion mit Sars-CoV-2 diagnostizieren kann. Die beiden Teams untersuchten dabei die Atemluft von Covid-19-Patienten und Patienten mit anderen Atemwegserkrankungen, schreibt das Deutsche Ärzteblatt dazu. Die Wissenschaftler benutzten dafür einen sogenannten Gaschromatografen, mit dem sogenannte flüchtige, organische Verbindungen, kurz VOC, aus Atemproben bestimmt werden können.
Das Verfahren beruht auf den besonderen Fähigkeiten des Geruchssinns von Hunden. So können beispielsweise Diabetikerwarnhunde riechen, wenn ihre Menschen in einen gefährlichen Zustand von Insulinmangel geraten. Ebenso konnte die Fähigkeit der Tiere in Untersuchungen beim Bronchialkarzinom und Sars-CoV-2-Infektion gezeigt werden. Das Problem für den klinischen Einsatz der Tiere besteht jedoch in der langen und kostspieligen Trainingszeit. Mediziner weichen deshalb auf ein Gerät aus, das als "elektronische Hundenase" bezeichnet wird.
Diese Gaschromatografen, die mit Ionen-Mobilitäts-Spektrometrie gekoppelt wurden, kamen in beiden Untersuchungen zum Einsatz. Die Patienten mussten in ein Einmalröhrchen aus Plastik blasen. Aus diesem wurde die Luft entnommen und zur Analyse in den Gaschromatografen gegeben. Bei dieser einfachen Art der Untersuchung werden keine weiteren Reagenzien benötigt. Die Ergebnisse werden zudem nach kurzer Zeit angezeigt. Die Untersuchung könnte deshalb als Schnelltest an Ort und Stelle durchgeführt werden. Bei der Probenentnahme werden zudem keine Aerosole freigesetzt, sodass keine erhöhten Sicherheitsvorkehrungen notwendig wären.
Suche nach charakteristischer Covid-19-Signatur
Bei Corona-Verdachtsfällen wird am Klinikum Dortmund neben dem klassischen Abstrich aus dem Rachen auch eine Luftprobe aus Nase und Mund entnommen. "Wir prüfen dann in der elektronischen Hundenase, ob es Auffälligkeiten in der Gas-Analyse gibt, quasi eine Art Signatur, die typisch für Covid-19 ist", erklärt Bernhard Schaaf laut einer Mitteilung. Verglichen wurde also die Zusammensetzung der Atemluft von Covid-19-, Asthma-, COPD-Patienten sowie Patienten mit viralen oder bakteriellen Atemwegsinfektionen.
Die Forscher legten bei ihren Untersuchungen besonderen Wert darauf, mit diesem Testverfahren Covid-19-Patienten von Patienten mit anderen Erkrankungen unterscheiden zu können. Das gelang in Edinburgh zu 80 Prozent und in Dortmund zu 81,5 Prozent. In Edinburgh sahen die Forschenden in der Atemluft von Covid-19-Patienten vor allem VOC von Ethanol, Octanal, Aceton/Butanon-Mix und Methanol. Zudem wurde eine bisher nicht identifizierte Verbindung entdeckt.
In Dortmund kamen noch die VOC Isopren, Propanal, Heptanal und Propanol hinzu. Wie es zu dieser Differenz kommt, können die Wissenschaftler nicht mit Sicherheit sagen. Denkbar wären Unterschiede im Versuchsaufbau oder Hintergrundkontaminationen. Genauso können auch über die Herkunft der VOC bisher nur Vermutungen angestellt werden. Die Freisetzung von Aceton könnte auf einen Angriff des Virus auf die Beta-Zellen der Bauchspeicherdrüse zurückzuführen sein (Ketose). Die (verminderte) Freisetzung von Methanol könnte auf einer Veränderung der Darmflora beruhen. Die Aldehyde (Propanal, Heptanal und Propanol) könnten bei Entzündungsprozessen entstehen.
Die Forscher, deren Ergebnisse bei "The Lancet" veröffentlicht wurden, sind sich bewusst, dass es noch weitere Untersuchungen geben muss, bevor die "elektronische Hundenase" als Diagnosemittel zum Einsatz kommen kann.
Quelle: ntv.de, jaz