Urheber weiterhin unklar Nord-Stream-Anschlag erzeugt größtes Methan-Leck der Geschichte
15.01.2025, 20:23 Uhr Artikel anhören
Die für das Nord-Stream-Leck berechneten 465.000 Tonnen Methangas stellten nur 0,1 Prozent der weltweiten Emission dar.
(Foto: picture alliance/dpa/Swedish Coast Guard)
Die Umweltbelastung durch den Anschlag auf die Gaspipelines Nord Stream spielt lange eine untergeordnete Rolle. Dank Studien wird nun aber klar: Auch ökologisch ist die Bedeutung immens, zumindest für Deutschland. So tritt viel mehr Methan aus als bislang angenommen.
Bei den Explosionen an den beiden Nord-Stream-Pipelines im Jahr 2022 ist laut neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen so viel Methan ausgetreten wie noch nie bei einem Einzelereignis. 465.000 Tonnen des Gases - und damit mehr als bislang angenommen - gelangten durch das Leck in die Atmosphäre, wie aus drei Studien hervorgeht. Im Verhältnis zu den weltweiten Emissionen ist die Menge des freigesetzten Methans aber gering.
Das Leck "stellt die größte aufgezeichnete Menge an Methan dar, die je durch ein einzelnes vorübergehendes Ereignis freigesetzt wurde", schreiben die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift "Nature". Um die Menge des freigesetzten Methans modellieren zu können, nutzten die Forscher unter anderem atmosphärische Daten, Satellitenbilder, Meeresbeobachtungen und Messungen aus der Luft.
An den Ostsee-Pipelines Nord Stream 1 und 2 zwischen Russland und Deutschland waren - inmitten geopolitischer Spannungen rund um Russlands Einmarsch in die Ukraine - im September 2022 große Gaslecks entdeckt worden. Kurz zuvor hatten seismische Institute zwei Unterwasserexplosionen aufgezeichnet. Der Fall ist bis heute nicht aufgeklärt.
30 Prozent der deutschen Methan-Emission 2022
Erste Schätzungen waren von zwischen 70.000 und 300.000 Tonnen freigesetzten Methans ausgegangen. Die nun ermittelte Menge von 465.000 Tonnen liegt zwar deutlich darüber und ist enorm, sie entsprach laut den in "Nature" und "Nature Communications" veröffentlichten Studien jedoch nur 0,1 Prozent der 2022 vom Menschen verursachten Methanemissionen.
Gerechnet auf Deutschland stellte die Menge laut Friedemann Reum vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) jedoch 30 Prozent der jährlichen Methanemissionen dar. Die Auswirkungen auf die Umwelt und das Klima sind den Forschern zufolge noch unklar.
Rohre eigentlich nach neun Tagen leer
Flugmessungen Anfang Oktober 2022 hätten großflächiges Austreten von im Meerwasser gelöstem Methan, hieß es beim DLR. Demnach stieg ein Teil des Methans nicht direkt auf, sondern löste sich zunächst im Wasser. "Neun Tage nach der Beschädigung der Pipelines fanden wir große Mengen Methan in der Luft rund um die Lecks in bis zu 45 Kilometer Entfernung", erklärte Reum. "Zu diesem Zeitpunkt hatten sich aber die Rohre bereits entleert und das Methan daraus war eigentlich weggeweht."
Doch die Daten vom 5. Oktober 2022 hätten gezeigt, dass noch immer 19 bis 48 Tonnen Methan jede Stunde emittiert wurden. Es habe sich um Methan gehandelt, das sich zunächst an den Leckstellen im Wasser gelöst hatte. Dann sei es von den Meeresströmungen weiter transportiert worden, bevor es in die Luft gelangte.
Methan ist ein starkes Treibhausgas, das auf natürliche Weise von Feuchtgebieten und Flüssen, aber auch von Kühen, Reisfeldern und Mülldeponien ausgestoßen wird. Zwar haben sich mehr als 150 Länder verpflichtet, ihre Methanemissionen zu senken, die Konzentration des Gases in der Atmosphäre erreichte 2024 dennoch einen Rekordwert.
Quelle: ntv.de, als/AFP/dpa