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Omikron-Subtyp breitet sich aus Was man bisher über BA.2 weiß

In Dänemark ist BA.2 mittlerweile die dominante Variante.

In Dänemark ist BA.2 mittlerweile die dominante Variante.

(Foto: picture alliance/dpa)

Das Coronavirus hält die Welt mit seiner starken Wandlungsfähigkeit in Atem. Zuletzt sorgt eine Version des Virus für Aufsehen, die eine Untervariante von Omikron darstellt. In Dänemark und Großbritannien ist sie bereits auf dem Vormarsch. Aber was weiß man bisher über BA.2?

Mittlerweile ist die Welt die Nachricht von neuen Versionen des Coronavirus Sars-CoV-2 gewohnt. Nun taucht eine weitere auf und breitet sich in Asien und Europa aus: BA.2. Es handelt sich dabei nicht um eine eigenen Variante, sondern um eine Untervariante von Omikron.

Wie unterscheidet sich BA.2 von Omikron?

BA.2 ist einer von drei Subtypen von Omikron: BA.1, BA.2 und BA.3. Neu ist er nicht. So konnte BA.2 schon kurz nach dem Auftreten von Omikron nachgewiesen werden. Der erste Subtyp, BA.1, hat sich mittlerweile weltweit gegen die zuvor vorherrschende Delta-Variante durchgesetzt. Die beiden anderen Subtypen BA.2 und BA.3 traten bislang nicht vermehrt auf - doch das ändert sich nun offenbar.

Der Subtyp BA.2 ist eine "Schwesterlinie" von BA.1 - beide sind Omikron-Untervarianten, und es ist nicht etwa eine aus der anderen entstanden. Auch wenn die beiden Varianten BA.1 und BA.2 weitgehend identisch sind, weisen sie unterschiedliche Mutationen auf.

Laut Anders Fomsgaard, Chef der Abteilung "Virus und mikrobiologische Spezialdiagnostik" am dänischen Statens Serum Institut (SSI), unterscheidet sich BA.2 durch mindestens zehn Mutationen zu BA.1, die wichtige Stellen des Spike-Proteins betreffen, wie er dem "Spiegel" sagte. Der Unterschied zwischen den Subtypen sei zudem größer als zwischen der Ursprungsvariante und der Alpha-Variante. "Solche Unterschiede können zu unterschiedlichen Eigenschaften führen, zum Beispiel in Bezug auf Infektiosität, Wirksamkeit des Impfstoffs oder Schweregrad."

Wo tritt die Omikron-Untervariante bisher auf?

Wo der Subtyp genau herkommt, ist bisher unklar. Die meisten Fälle gibt es derzeit in Indien, Dänemark und Schweden. In etwa 40 weiteren Ländern wurde BA.2 bereits nachgewiesen, auch in Deutschland, Frankreich und Österreich. Der Subtyp sei "fraglos schon überall vorhanden, in unterschiedlichem Ausmaß", sagte der Bremer Epidemiologe Hajo Zeeb.

Vor allem in Dänemark und Großbritannien breitet sich die Untervariante aus. In den ersten zehn Tagen des Jahres seien in Großbritannien mehr als 400 Infektionen mit BA.2 festgestellt worden, teilte die britische Gesundheitsbehörde mit. Die meisten Fälle traten in London und Südostengland auf, insgesamt sei das Fallaufkommen derzeit niedrig. In Dänemark, das dank umfangreicher Sequenzierungen bestens über die vorherrschenden Varianten im Land informiert ist, ist BA.2 nach Angaben des SSI mittlerweile für rund die Hälfte aller Fälle verantwortlich.

In Deutschland herrscht derzeit noch der Omikron-Subtyp BA.1 vor, wie aus Daten des Robert-Koch-Instituts (RKI) hervorgeht. BA.1 wurde laut dem aktuellsten Wochenbericht in der ersten Januarwoche in einer Stichprobe 1568-mal nachgewiesen werden, BA.2 tauchte lediglich 38-mal auf. "Weiterhin ist bisher keine starke Zunahme des Anteils von BA.2 unter alle Omikron-Nachweisen, wie in anderen Ländern geschehen, zu beobachten", schrieb das RKI.

Was ist über die Eigenschaften von BA.2 bekannt?

"Weil man in verschiedenen Ländern beobachten kann, dass der Anteil an BA.2 zunimmt, wird vermutet, dass BA.2 einen Vorteil in der Übertragbarkeit gegenüber BA.1 hat", sagte Sandra Ciesek, Direktorin des Instituts für Medizinische Virologie an der Frankfurter Uniklinik. Auch nach Ansicht des Biophysikers Richard Neher von der Universität Basel liegt diese Vermutung nahe.

Doch noch fehlen wissenschaftliche Belege. So könne neben einer höheren Übertragbarkeit auch eine stärkere Immunflucht dazu führen, dass sich immer mehr Menschen mit BA.2 infizierten, erklärte Ciesek. Immunflucht bedeutet, dass eine durchgemachte Infektion oder eine Impfung weniger gut vor dem Erreger schützen. Eines sei laut Virusvarianten-Experte Neher hingegen sicher: Der Vorteil, den BA.2 über BA.1 hat, ist kleiner als der von Omikron über Delta.

Könnte die neue Untervariante gefährlicher sein?

"Man kann schon sagen, dass sie noch ansteckungsfähiger als Omikron ist", sagte Epidemiologe Timo Ulrichs gegenüber ntv. "Daraus erwachsen aber auch keine größeren Konsequenzen, was die klinischen Verläufe angeht." Bisher sei allerdings noch zu wenig bekannt, um verlässliche Aussagen treffen zu können, betonte Meera Chand, Leiterin des Covid-19-Bereichs der britischen Gesundheitsbehörde. "Bisher gibt es keine ausreichenden Belege dafür, ob BA.2 schwerere Erkrankungen verursacht als Omikron BA.1." Ihre Behörde setze die Untersuchungen fort.

"Erste Analysen zeigen keine Unterschiede bei den Krankenhausaufenthalten für BA.2 im Vergleich zu BA.1", so die Einschätzung das dänischen SSI. Analysen zur Infektiosität und Wirksamkeit des Impfstoffs seien im Gange, um Studien zur Neutralisierung von Antikörpern durchzuführen. "Varianten sind gekommen, Varianten sind gegangen", sagt Virologe Robert Garry gegenüber der "Washington Post". "Ich glaube nicht, dass es einen Grund gibt, zu glauben, dass diese Variante viel schlimmer ist als die aktuelle Version von Omikron."

Was bedeutet das alles für Deutschland?

Aus Sicht des Epidemiologen Ulrichs ist die Frage offen, ob sich die Untervariante BA.2 in Deutschland komplett durchsetzen und die bisherige Omikron-Subtypen verdrängen wird und was das für Konsequenzen habe. "Für Deutschland könnte es zum Beispiel bedeuten, dass die Omikron-Welle noch etwas länger ausfällt", sage Ulrichs gegenüber ntv. Angesichts der Ausbreitung von BA.2 sei Wachsamkeit angesagt, nicht jedoch Panik, betonte der französische Epidemiologe Antoine Flahault.

Was bedeutet es für die Wirksamkeit der Impfstoffe?

Nach Ansicht des Virologe Tom Peacock vom Imperial College in London werde es "wahrscheinlich nur minimale Unterschiede in der Wirksamkeit des Impfstoffs gegen BA.1 und BA.2" geben, schrieb er auf Twitter. "Es wird erwartet, dass Impfstoffe auch bei einer BA.2-Infektion eine Wirkung gegen schwere Erkrankungen haben", kommentierte das dänische SSI.

Wie einfach ist der Nachweis von BA.2?

BA.2 fehlt eine Mutation, die bei bestimmten PCR-Tests zunächst für eine Unterscheidung von Omikron und Delta herangezogen wurde. "BA.2 wurde deshalb anfangs fälschlicherweise als "Tarnkappen-Mutation" beschrieben, weil diese Variante sich nicht von Delta in dieser Mutation unterscheidet", erklärte Virologin Ciesek. In der Regel würden jedoch entweder mehrere verschiedene Mutations-PCRs durchgeführt oder das Genom sequenziert, sodass Labore durchaus zwischen BA.1, BA.2 oder Delta unterscheiden könnten.

(Dieser Artikel wurde am Mittwoch, 26. Januar 2022 erstmals veröffentlicht.)

Quelle: ntv.de, kst/dpa/AFP

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