Studie des Umweltbundesamts So viel würde ein Tempolimit auf deutschen Straßen bringen
19.12.2024, 17:44 Uhr Artikel anhören
Ein allgemeines Tempolimit auf Autobahnen und Bundesstraßen würde den CO2-Ausstoß und die Zahl der Verkehrsunfälle senken.
(Foto: picture alliance / Jochen Tack)
Ein generelles Tempolimit würde Autobahnen und Landstraßen sicherer machen und Deutschland dabei helfen, seine Klimaziele zu erreichen. Eine neue Studie des Umweltbundesamtes legt nun konkrete Zahlen vor, wie viele Emissionen tatsächlich eingespart werden könnten.
Deutschland ist das einzige europäische Land ohne generelles Tempolimit auf den Autobahnen. Dabei spricht sich inzwischen sogar eine Mehrheit der Bevölkerung dafür aus. Viele erhoffen sich von einer allgemeinen Geschwindigkeitsbegrenzung ein entspannteres Fahren und mehr Sicherheit. Tatsächlich könnten Tempolimits die Zahl der Verkehrsunfälle drastisch senken, sagt auch die Unfallforschung. Hinzu kommt, dass bei geregelten Geschwindigkeiten der Verkehr besser fließen kann, weniger Kraftstoff verbraucht und weniger CO₂ ausgestoßen wird.
Eine neu veröffentlichte Studie des Umweltbundesamtes (UBA) hat genauer untersucht, wie groß die Einsparungen in verschiedenen Regelungsszenarien ausfallen würden. Dabei wurden auch diverse Nebenwirkungen eines Tempolimits berücksichtigt, wie etwa ein verändertes Mobilitätsverhalten und Fahrwege. Schließlich ist davon auszugehen, dass Menschen andere Strecken oder auch Verkehrsmittel wählen, wenn der Zeitvorteil der Autobahnen schrumpft.
Bis zu 11,7 Millionen Tonnen CO₂-Einsparung
Den Berechnungen der UBA-Studie zufolge würde ein Tempolimit auf Autobahnen und Landstraßen den Klimagas-Ausstoß um bis zu 8,1 Prozent senken. Ausgehend von einer Jahresemission im Straßenverkehr von 144 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalent im Jahr 2022 entspräche dies einer Reduktion von 11,7 Millionen Tonnen CO₂ pro Jahr. Dies gilt allerdings nur bei einer strengen Geschwindigkeitsbegrenzung von 100 Stundenkilometern (km/h) auf der Autobahn und 80 km/h außerhalb von Ortschaften.
Bei einer erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h auf Autobahnen und 100 km/h auf den Landstraßen würde der Einspareffekt bereits auf 2,2 Prozent beziehungsweise 3,2 Millionen Tonnen schrumpfen. Ein mittleres Szenario mit 120 km/h auf Autobahnen und 100 km/h auf Landstraßen würde zu einer Einsparung von 3,9 Prozent, beziehungsweise 5,6 Millionen Tonnen jährlich führen.
Allerdings handelt es sich bei diesen Angaben um keine feste Konstante. Da man davon ausgeht, dass in Zukunft mehr elektrisch betriebene oder emissionsarme Autos auf den Straßen unterwegs sein werden, dürfte auch der Klimaeffekt von Tempolimits mit der Zeit abnehmen. Die UBA-Studie versucht daher, die eingesparten Treibhausgasemissionen für verschiedene Zeiträume zu prognostizieren.
Fahrtzeiten: bis zu 19 Stunden Mehraufwand pro Jahr
Für die Studie wurde außerdem berechnet, wie sich ein generelles Tempolimit auf die Reisezeiten auswirken würde. Unter einer angenommenen Geschwindigkeitsbegrenzung von 130 km/h auf Autobahnen und 100 km/h auf Landstraßen müsste der durchschnittliche Autofahrer demnach pro Jahr etwa 1,4 Stunden mehr Reisezeit einplanen. Im strengsten Szenario wächst der Zeitaufwand jedoch auf fast 19 Stunden pro Jahr an.
Neben klimaschädlichem CO₂ verursacht der Autoverkehr noch weitere gesundheits- und umweltschädliche Emissionen, die durch ein generelles Tempolimit teilweise vermieden werden könnten. Laut der UBA-Studie würden die Feinstaubemissionen beispielsweise um bis zu elf Prozent und die Stickoxidemissionen um bis zu 16 Prozent zurückgehen.
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) fühlt sich durch die UBA-Studie bestätigt und nutzte die Veröffentlichung, um die Bundesregierung erneut aufzufordern, noch vor den Neuwahlen ein generelles Tempolimit auf den Weg zu bringen. "Die Zeit der Ausreden ist vorbei. Die neue UBA-Studie zeigt eindrucksvoll, dass das Einsparpotenzial eines Tempolimits von 100/80/30 sogar noch höher ist als bisher angenommen", sagte DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch. "Mit einem solchen umfassenden Tempolimit kann der Verkehrssektor seine letztjährige Klimalücke beinahe schließen."
Allein im Verkehrsbereich muss Deutschland bis 2030 mindestens 180 Millionen Tonnen CO₂ einsparen, um seine Klimaziele zu erreichen. Ein Tempolimit könne ein Drittel dieser Klimalücke schließen, schätzt die Deutsche Umwelthilfe und stützt sich dabei auf eigene Untersuchungen und die neue Studie des Umweltbundesamtes. Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) und der Sozialverband VdK sprechen sich zum Schutz der Verkehrsteilnehmer für ein generelles Tempolimit aus.
Quelle: ntv.de