Ursprung der Corona-Variante Sprang Omikron von Mäusen auf Menschen über?
24.10.2022, 18:07 Uhr
Mäuse könnten eine wichtige Rolle in der Evolution der Omikron-Variante gespielt haben, wie eine neue US-Studie zeigt.
(Foto: picture alliance / imageBROKER)
Omikron gibt Forschenden weltweit Rätsel auf. Denn die Corona-Variante fügt sich nicht in den Virus-Stammbaum ein. Wie ist sie also entstanden? Eine neue US-Studie liefert nun erste Hinweise auf den Ursprung.
Ende 2021 taucht die Corona-Variante Omikron erstmals in Südafrika auf und verbreitet sich anschließend rasend schnell über alle Kontinente. Schon damals sind sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler einig: Omikron ist nicht wie seine Vorgänger. Die Variante weist mehr als 30 Mutationen am Spike-Protein auf und ist in der Lage, den Immunschutz zu umgehen. Und eine weitere Sache wird schnell klar: Die Viruslinie ist sehr standhaft. Denn auf Omikron BA.1, wie der erste bekannte Omikron-Subtyp heißt, folgte in Deutschland eine Welle mit Omikron BA.2, inzwischen ist Omikron BA.5 dominant.
Auffällig ist von Beginn an die genetische Struktur von Omikron. "Das Virus scheint keine Tochter von Delta oder kein Enkel von Beta zu sein, sondern eine neue Linie von Sars-CoV-2 zu repräsentieren", schrieb eine Gruppe südafrikanischer Forscherinnen und Forscher kurz nach der Entdeckung von Omikron. Der Sars-CoV-2-Stammbaum in der Nextstrain-Datenbank, in die Forschende weltweit ihre Ergebnisse zu Virussequenzierungen einspeisen, zeigt zudem deutlich, dass sich Omikron parallel zu Alpha, Beta, Gamma und Delta entwickelt hat. Doch woher kommt diese hochansteckende Corona-Variante, die offenbar keine nächsten Virus-Verwandten hat?
Theorien dazu gibt es viele. So vermuteten Forschende, dass sich die Variante in einer isoliert lebenden Population entwickelt haben könnte, wo das Virus bereits seit längerer Zeit zirkuliert. Eine andere Theorie besagt, dass Omikron in einem immungeschwächten Covid-19-Patienten entstanden sein könnte. Das Virus könnte sich aber auch in einem tierischen Wirt versteckt und dort weiterentwickelt haben und dann als mutierte Omikron-Variante (wieder) auf den Menschen übergesprungen sein. Letzteres hat nun ein Team der University of Minnesota genauer untersucht.
Mutationen passen perfekt zu Mäusen
"Das Reservoir von Sars-CoV-2 und seiner Varianten im Tierreich nachzuverfolgen ist wichtig, um die aktuelle Pandemie zu verstehen und künftige zu verhindern", schreiben die Fachleute um Fang Li im Fachmagazin "Proceedings of the National Academy of Sciences". Für ihre Studie analysierten die Forschenden die Bindung des Spike-Proteins an den Rezeptor des Wirts. Dabei identifizierten sie mehrere Mutationen im Omikron-Spike-Protein, die einzigartig an die Mäuse-Rezeptoren angepasst und mit den menschlichen Rezeptoren nicht kompatibel sind. Dies deute darauf hin, dass die Omikron-Variante nicht direkt vom Menschen stammt, sondern von anderen Tierarten auf den Menschen übertragen wurde, schreibt das Forschungsteam.
Es gibt allerdings auch Mutationen im Omikron-Spike-Protein, die nicht spezifisch für eine Spezies sind. So nutzt die Mutation mit der Bezeichnung N501Y dem Virus sowohl dabei, menschliche Zellen als auch Mauszellen zu befallen. Bereits frühere Corona-Varianten weisen diese spezielle Mutation auf. Sie könnte daher laut den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern eine entscheidende Rolle bei der Entstehung von Omikron gespielt haben.
Demnach könnte eine frühere Sars-CoV-2-Variante mit N501Y-Mutation von einem Menschen oder einem Tier auf Mäuse übergesprungen sein. "Als sich die Sars-CoV-2-Variante dann in Mäusen ausbreitete, entwickelten sich Maus-spezifische Mutationen an der Rezeptorbindestelle, die zur Entstehung der Omikron-Variante beitrugen", schreiben die Forschenden. Das Virus sei anschließend wieder von der Maus auf den Menschen übertragen worden.
Sars-CoV-2 ist in der Lage, zwischen tierischen und menschlichen Wirten hin- und herzuspringen. So gibt es immer wieder Berichte von Haustieren, die von ihren Haltern infiziert werden - und umgekehrt. Aber auch unter wildlebenden Tieren, wie zum Beispiel Weißwedelhirschen, kommt es zu Corona-Ausbrüchen. Die Eigenschaft des Virus, viele Tierarten zu infizieren, sei einer der Hauptgründe dafür, dass immer wieder neue Varianten auftreten, resümieren die Forschenden. "Die Übertragung von Coronaviren vom Tier auf den Menschen wird wahrscheinlich weiterhin die globale Gesundheit bedrohen." Eine epidemische Überwachung von beispielsweise Nagetieren sei somit wichtig, um das Auftreten neuer Corona-Varianten in Zukunft zu verhindern.
Quelle: ntv.de