Ehe verliert an Bedeutung Studie: Zusammenziehen macht glücklicher als Heiraten
23.09.2025, 17:25 Uhr Artikel anhören
"Das Zusammenziehen bringt vor allem Stabilität", sagt ein Forscher.
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Der Beginn einer Partnerschaft steigert das Wohlbefinden deutlich - und das für mindestens zwei Jahre. Wissenschaftler sehen darin mehr als einen kurzen "Flitterwochen-Effekt". Warum die Ehe heute weniger wichtig ist, erklären sie auch.
Der Wechsel vom Single-Dasein in eine Partnerschaft mit gemeinsamem Haushalt steigert messbar die Lebenszufriedenheit. Zu diesem Ergebnis kommen Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen der Universitäten Bielefeld und Greifswald sowie der britischen University of Warwick. Grundlage ihrer Analyse sind die Angaben von 1103 Personen, deren Daten aus Langzeitstudien in Deutschland und Großbritannien stammen.
Den größten Effekt hat der im Fachmagazin "Journal of Personality" veröffentlichten Studie zufolge der Beginn einer Partnerschaft. "Der Beginn einer Partnerschaft ist der Wendepunkt für die Lebenszufriedenheit und dies zum Guten", erklärte Erstautor Usama El-Awad von der Universität Bielefeld: "Das Zusammenziehen bringt vor allem Stabilität." Das ginge deutlich aus den Daten hervor. Der positive Effekt hält den Angaben zufolge mindestens zwei Jahre lang an.
Die Eheschließung bringt laut der Studie keinen zusätzlichen schnellen Effekt, wenn die Partner zuvor schon zusammengezogen sind. Solche Effekte konnten demnach nur in Daten früherer Erhebungen um 1993 nachgewiesen werden.
"Die Eheschließung ist heute zumindest in den ersten Jahren der Beziehung weniger wichtig als früher, was wahrscheinlich an gesellschaftlichem Wandel und wachsender Akzeptanz nichtehelicher Lebensgemeinschaften liegt", schlussfolgert El-Awad.
Mehr als nur ein kurzes Aufleben
Co-Autorin Theresa Entringer von der Universität Greifswald und dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) betonte: Die Lebenszufriedenheit bei allen untersuchten Gruppen steige mit dem Beziehungsbeginn und dem Zusammenziehen - "unabhängig von Alter, Geschlecht, Einkommen oder Bildung."
Laut Co-Autorin Anu Realos von der University of Warwick zeigt sich, dass der Zugewinn an Lebenszufriedenheit über die ersten Jahre einer Beziehung anhält und eben kein bloßer Flitterwochen-Effekt ist. "Damit widersprechen die Ergebnisse der früher verbreiteten Ansicht, dass Menschen nach positiven oder negativen Ereignissen schnell zu einem genetisch festgelegten Grundzustand des Wohlbefindens zurückkehren."
Die Studie stützt sich auf das Sozio-oekonomische Panel (SOEP) in Deutschland und die britische Langzeitstudie Understanding Society (UKHLS). In beiden Studien werden Menschen regelmäßig zu Lebensbedingungen, Zufriedenheit und anderen Themen befragt: im SOEP seit 1984 jährlich etwa 20.000 Haushalte und in der UKHLS seit 2009 jährlich etwa 40.000 Haushalte.
In diesen Studien fand das Team 1103 Menschen, die mindestens bei einem der jährlichen Interviews als Singles alleine lebten und über die anschließenden zwei Jahre eine Partnerschaft eingingen und mit ihrem Partner zusammenzogen. Sofern sie zusammenblieben - was meist der Fall war - wurde ihre Lebenszufriedenheit noch über zwei weitere Jahre betrachtet. Teils hätten die Menschen in dieser Zeit auch geheiratet.
Quelle: ntv.de, lwe/dpa