Falls das nächste Virus kommt Welche Lehren aus der Pandemie ziehen?
17.03.2021, 18:42 Uhr
Wird die Menschheit für die nächste Pandemie besser vorbereitet sein?
(Foto: imago images/Addictive Stock)
Mehr als ein Jahr wütet das Coronavirus bereits auf der Erde - ein Ende der Seuche erscheint zumindest am Horizont. Doch was hätte man besser machen können, auch mit Blick auf zukünftige Pandemien? Forscher und Gesundheitsprofis ziehen erste Lehren.
Noch ist die Corona-Pandemie in vollem Gange. Doch ein Jahr nach ihrem Beginn scheint es mit den Impfstoffen zumindest einen Ausweg zu geben - wenn dieser sich auch unerwartet holprig gestaltet. Doch Wissenschaftler gehen fest davon aus, dass es nicht die letzte Pandemie gewesen sein wird. Welche Lehren kann man also aus dieser Jahrhundert-Katastrophe ziehen, um für das nächste Mal besser vorbereitet zu sein? Die "New York Times" hat versucht, das herauszufinden, und bei Wissenschaftlern und Gesundheitsexperten nachgefragt.
Eine Lektion etwa ist aus Sicht der US-Epidemiologin Lauren Ancel Meyers, dass die Menschheit lernen muss, sich auf mögliche Gefahren vorzubereiten, die noch gar nicht bekannt sind. "Wir müssen unser kollektives Versagen der Vorstellungskraft überwinden", so Meyers. Jahrzehnte seien damit verbracht worden, sich auf eine Pandemie mit Viren einzustellen, die jenen ähneln, die bereits bekannt sind. "Mit Blick auf die Zukunft müssen wir uns auf ein viel breiteres Spektrum an Bedrohungen vorbereiten", fordert Meyers.
Was die Impfstrategie angeht, hätten laut Saad Omer, Direktor des Yale Institute for Global Health, vor allem zwei Prinzipien Bestand gehabt: "Wenn der Vorrat an Impfstoffen begrenzt ist, sollte man die Sterblichkeit reduzieren und das Gesundheitssystem aufrechterhalten. Sterblichkeit ist unumkehrbar", so Omer. Darüber sollte man vor "dem nächsten Sturm" nachdenken. Die Entscheidung darüber, wer zuerst geimpft wird, sollte zudem rechtzeitig getroffen werden.
Auch bezüglich der medizinischen Behandlung einer zunächst unbekannten Krankheit wie Covid-19 ziehen Forscher rückblickend ihre Lehren. So rät der Intensivmediziner Gregory Martin von der Emory University davon ab, sich in solchen Fällen als Erstes auf die Suche nach neuen, bisher unbekannten Behandlungsmethoden zu begeben. "Wir haben erkannt, dass es am besten ist, sich an die Grundlagen der Intensivmedizin zu halten", so Martin. "Egal ob es sich um Covid-19 oder die nächste virale Pandemie handelt, sollte man auf das vertrauen, was wir als Grundlage für die Patientenversorgung wissen." Hintergrund ist, dass zu Beginn der Pandemie händeringend nach einem Corona-Medikament gesucht wurde - eine Suche, die bis heute noch nicht zum großen Durchbruch geführt hat.
"Kinder müssen mit Kindern zusammen sein"
Mit Blick auf die jüngere Bevölkerung zieht die US-Jugendpsychologin Marsha Levy-Warren Lehren über den Einfluss von sozialer Isolation als Folge von Schulschließungen: "Soziale Isolation ist für Teenager besonders herausfordernd und beeinträchtigt potenziell ihre Reifung", resümiert Levy-Warren. Diejenigen von ihnen, die sich in sicheren sozialen Umgebungen befanden und zumindest teilweise zur Schule gingen, hätten besser abgeschnitten als diejenigen, die das nicht konnten. "Kinder müssen mit Kindern zusammen sein, und sie brauchen ein strukturiertes Leben", so die Psychologin.
Die Abhängigkeit vom Ausland bei der Versorgung mit medizinischem Material stellte zu Beginn der Pandemie ebenfalls ein Problem dar: Man denke nur an die Knappheit von Gesichtsmasken und weiterem medizinischem Material in Deutschland, weil dieses auf dem Weltmarkt heiß umkämpft war. Auch die USA waren davon betroffen, wie Mike Bowen, Miteigentümer des Masken-Herstellers Prestige Ameritech anmerkt: "Dies war ein ziemlich milder Virus. Angenommen, die Todesrate hätte bei 20 Prozent gelegen und China und Mexiko hätten ihre Lieferungen von Schutzmaterial eingestellt. Die gesamte Maskenversorgung wäre zusammengebrochen." Die Lehre daraus: "Die Regierung muss im Ausland hergestellte persönliche Schutzausrüstung als ein Problem der nationalen Sicherheit behandeln", so Bowen mit Blick auf die USA.
Quelle: ntv.de, kst