
In Deutschland war laut dem Laborverband vergangene Woche jeder dritte PCR-Test positiv.
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Weil die Labore in Deutschland am Limit sind, werden die PCR-Tests priorisiert. Nur noch vulnerable Gruppen und alle, die mit ihnen zu tun haben, bekommen den Nachweis kostenlos. Dabei gibt es Alternativen zum zeitintensiven Labortest.
Was ist der Klassiker?
Der laborgestützte PCR-Test wird vom Bundesgesundheitsministerium als der "Goldstandard" bezeichnet. Er kann das Coronavirus am zuverlässigsten nachweisen. Zudem ist er verlässlicher als Antigen-Schnelltests, die jede und jeder zu Hause machen kann. Medizinisch geschultes Fachpersonal entnimmt beim PCR-Test mit einem Stäbchen eine Probe aus dem Nasen- und Rachenraum. Dieser Abstrich geht anschließend ins Labor.
Dort wird dann eine sogenannte Polymerasekettenreaktion (Polymerase Chain Reaction, PCR) durchgeführt. Bei der Virendiagnostik ist das ein übliches Verfahren, um den Erreger nachzuweisen. Dabei wird das Erbgut des Virus vervielfältigt, so kann es auch in geringer Anzahl nachgewiesen werden. Der Vorgang dauert im Labor etwa vier bis fünf Stunden. Die Transportwege und alles andere mit eingerechnet, dauert es im Normalfall 12 bis 48 Stunden, bis das Ergebnis bei der getesteten Person vorliegt. In manchen Fällen auch länger.
Das ist auch der große Nachteil des laborgestützten PCR-Tests: Er ist sehr zeitintensiv. Je mehr Infizierte es gibt, desto größer ist die Nachfrage nach den Tests, etwa, wenn es mehr Verdachtsfälle gibt oder sich mehr Menschen aus der Isolation oder Quarantäne freitesten wollen.
Geht das nicht schneller?
Es könnte flotter gehen. "Zu wenig vorgebeugt und gekümmert" wirft die Tübinger Ärztin Lisa Federle dem Gesundheitsministerium im SWR vor. Sie kritisiert nicht nur, dass man fast zwei Jahre Zeit für eine Testinfrastruktur hatte, sondern ihr Anliegen sind auch die sogenannten PoC-PCR-Tests (Point of Care). Das sind Geräte, die Corona-Testergebnisse innerhalb einer Viertelstunde liefern können.
Je nach Hersteller beruht das auf derselben oder einer vergleichbaren Technologie wie die Labor-PCR. Auch hier wird vom medizinisch geschulten Personal eine Probe aus dem Nasen- oder Rachenraum entnommen. Der Unterschied ist jedoch, dass der Abstrich nicht erst in ein Labor gebracht werden muss, sondern direkt vor Ort überprüft werden kann.
Besonders, wenn es darum geht, positive Schnelltests zu bestätigen, biete sich der PoC-PCR-Test gut an, schreibt das Gesundheitsministerium. Das liege daran, dass er selten zu falsch-positiven Ergebnissen neige. Umgekehrt reiche die Sensitivität zwar an PCR-Tests heran, sei aber etwas geringer. Heißt: Selten könne es falsch-negative Ergebnisse geben. Das Robert-Koch-Institut (RKI) weist darauf hin, dass die Ergebnisse nicht immer mit denen eines Labortests vergleichbar seien.
Der große Nachteil ist der Preis: Im schlechtesten Fall kann es bis zu 15.000 Euro kosten, ein PoC-PCR-Gerät anzuschaffen. Der Städtetagspräsident Markus Lewe sagte der Deutschen Presse-Agentur, dass er sich vorstellen kann, dass diese Tests helfen könnten. "Dafür müsste dann aber auch die Finanzierung für diesen Test verbessert werden." Gesundheitsminister Karl Lauterbach kündigte bei RTL an, die erst jüngst gekürzte Vergütung für einen PoC-PCR-Test wieder zu erhöhen.
Was ist mit Österreich, was machen die anders?
In Wien wird auf einen ganz anderen Ansatz gebaut. Der sogenannte Gurgeltest beruht ebenfalls auf der PCR-Technologie. Nur wird hier die Probe anders entnommen. Wie der Name schon sagt, beruht er darauf, dass eine Kochsalzlösung im Mund und Rachenraum gegurgelt wird. Das gibt ihm einen entscheidenden Vorteil gegenüber den Stäbchentests: Es braucht kein geschultes Personal. Es wird jedoch gewarnt: Beim Gurgeln können auch Aerosole entstehen, Infizierte könnten andere Menschen im Raum gefährden.
Das Ganze läuft in Österreich im Rahmen des Programms "Alles Gurgelt!". Die PCR-Tests sind in Supermärkten oder Tankstellen erhältlich. Jemand, der einen Test machen möchte, holt den Gurgeltest dort ab. Zu Hause wird dann vor einer Videokamera gegurgelt, damit auch sicher ist, dass der Test wirklich gemacht wurde. Anschließend wird die Probe wieder in den Supermarkt oder die Tankstelle gebracht.
Weiterer Trumpf: Pooltestung
Österreichs Hauptstadt Wien hat in ihrer Teststrategie noch einen weiteren Vorteil gegenüber Deutschland. Die Pooltestung erlaubt es, dass mehrere Abstriche gleichzeitig überprüft werden können. Das schont die Kapazitäten. Ist das Ergebnis negativ, bekommen alle Personen einen negativen Bescheid - und es war nur ein PCR-Test nötig. Liegt ein positives Ergebnis vor, wird einzeln erneut nachgetestet. Bei einer steigenden Positivquote wird die Zahl der gleichzeitig getesteten Proben reduziert. Das macht das Verfahren dann auch ineffektiver.
Auch in Deutschland wurde über diese Pooltestung diskutiert. Jedoch kam sie hier bisher nicht großflächig zum Einsatz, nur in Kindertagesstätten und Schulen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach sieht die Verantwortung dabei bei der Vorgängerregierung. "Dieses Verfahren ist vor einem Jahr nicht vorbereitet worden, darum können wir darauf jetzt nicht zurückgreifen", sagte der SPD-Politiker in der ARD. Er selbst hatte das sogenannte kombinatorische Pooling bereits im Mai 2020 vorgeschlagen.
Quelle: ntv.de