Politik

Gewalt gegen Politiker "Maischberger": Aiwanger nennt Grüne "Extremisten"

Aiwanger sieht in gesellschaftlicher Polarisierung den Grund für die zunehmende Gewalt.

Aiwanger sieht in gesellschaftlicher Polarisierung den Grund für die zunehmende Gewalt.

(Foto: WDR/Oliver Ziebe)

Angriffe auf Politiker häufen sich. Der körperlichen Gewalt auf der Straße gehen seit Jahren verbale Tiefschläge bestimmter Politiker voraus. Bei "Maischberger" kann Bayerns Wirtschaftsminister Aiwanger das Problem nicht erkennen - und demonstriert, dass er selbst ein Teil davon ist.

Angriffe auf Grüne in Essen und Dresden, der sächsische Spitzenkandidat der SPD für die Europawahl, Matthias Ecke, wird am Freitagabend zusammengeschlagen, am Dienstagnachmittag wird die Berliner Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey bei einem Angriff am Kopf und im Nacken verletzt. Die Angriffe auf Politiker nehmen zu. Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger von den Freien Wählern und Hessens Ex-Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir von den Grünen sprechen in der ARD-Sendung "Maischberger" über mögliche Gründe.

"Gewalt darf kein Mittel der politischen Auseinandersetzung sein. Gegen niemanden. Wenn man einmal von diesem Grundsatz abweicht, dann kommt man auf eine schiefe Ebene - und kommt von dieser Rutschbahn nicht mehr runter", betont Al-Wazir im Laufe der Diskussion, die später recht unappetitlich wird.

Fakt ist: Viele Menschen in Deutschland sind mit der Politik der Ampelregierung unzufrieden. Tarek Al-Wazir kann das verstehen: "Dass die Zusammenarbeit in der Koalition keinen Schönheitspreis verdient, ist keine Frage, um es vorsichtig zu sagen." Aber an den gewaltsamen Übergriffen treffe die Ampel keine Schuld, sagt Al-Wazir: "Man muss sich mal sehr genau überlegen, wo das eigentlich begann und wer am Ende dafür sorgt, dass das politische Klima sich so verändert hat und so vergiftet worden ist: Das sind die Rechtsradikalen, und das sind leider auch Populisten, die denken, sie müssten den Rechtsradikalen hinterherlaufen." Damit meint er unter anderem Hubert Aiwanger, der im vergangenen Jahr auf einer Kundgebung gegen das Heizungsgesetz in Erding bei München die Wähler aufgefordert hatte, sich die Demokratie zurückzuholen.

Jetzt hätte Aiwanger die Gelegenheit nutzen können, um sich von seiner Aussage zu distanzieren oder sie zumindest abzuschwächen. Aber der denkt nicht daran. Die Generalsekretärin der Grünen habe verlangt, man müsse die Demokratie zurückerobern, dass sei viel schlimmer gewesen. Darauf habe er Grünen-Chefin Lang angesprochen, die habe behauptet, nichts davon zu wissen. Da habe sie gelogen, sie müsse es besser gewusst haben.

Und überhaupt weist Aiwanger die Behauptung Al-Wazirs zurück. "Es liegt an der Polarisierung der Gesellschaft mit diesem Links-Rechts-Trend, dass sich die Gesellschaft spaltet", sagt er. Die Gesellschaft sei relativ perspektivlos, immer mehr Bürger hätten Angst vor der Zukunft. Das machten sich Extremisten zunutze. "Die linken und rechten Ränder waren immer eine Gefahr für die Demokratie", so Aiwanger. Es gebe jetzt Rechte, die die Linken angriffen, und dann gebe es die Antifa, die Gewalt gegen Polizisten, den Staat und rechte Politiker ausübe. Die Gewalt gehe von Extremisten aus, die immer stärker würden, je weniger die politische Mitte die Gesellschaft zusammenhalten könne. "Man findet nicht mehr in der Mitte zusammen, sondern man sieht im anderen den Feind, die einen in der AfD, die anderen in den Grünen, und so spaltet sich die Gesellschaft."

Aiwanger und die grünen Extremisten

Er könne nichts dafür, wenn die Grünen in Bierzelten ausgepfiffen würden, sagt Aiwanger, als er auf Gewalt gegen grüne Politiker angesprochen und gefragt wird, ob seine Wortwahl vielleicht nicht ganz unschuldig daran sei. "Die Leute haben die Nase voll von diesem Heizungsgesetz, Selbstbestimmungsgesetz, dieser beschleunigten Einbürgerung, der Cannabis-Freigabe, vielen solcher Dinge, wo einfach der Normalbürger sagt: Kümmert euch lieber, dass meine Energie bezahlbar ist, dass ich noch Auto fahren darf, verbietet mir nicht den Verbrennermotor, macht mir meine Ölheizung nicht madig, wenn ihr nichts Besseres habt. Das ist die Ursache." Er kritisiere die Grünen, um die ideologischen Auswüchse der Grünen-Politik einzudämmen. "Und wenn ich dann schuld sein soll, dass deswegen Grüne angegriffen werden, das ist wirklich eine Sündenbocksuche. Da müssen Sie woanders suchen, aber bitte nicht bei mir." Im Übrigen würden alle möglichen Parteien angegriffen, die AfD noch mehr als die Grünen.

Ja, es gebe Extremisten auf allen Seiten, antwortet Al-Wazir. "Die Frage ist: Wie geht man mit diesen Stimmungen (in der Bevölkerung) um: Versucht man sie anzuheizen, oder versucht man sie runterzukochen?"

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Aiwanger, dessen Blutdruck in der Zwischenzeit ein wenig angestiegen zu sein scheint, platzt nun der Kragen: "Haben denn die Grünen bisher versucht, die Blockierer bei der IAA runterzukochen? Die Klimakleber? Ihr habt die doch immer angeköchelt! Ihr seid doch vorne mitgelaufen! Und der Joschka Fischer, der Steinewerfer, immer vorneweg auf Polizisten. Die Grünen brauchen sich nicht als Demokraten gerieren."

Nun versucht die Moderatorin, Frieden zu stiften, und auch Aiwanger versucht, sich zu beruhigen. Dabei entgleist ihm noch einmal die Sprache: "Wenn ich sehe, dass ich die Grünen einbremsen muss oder andere Extremisten, die massiv irgendwo auftreten, Islamisten, Rechtsradikale oder Linksextremisten, da sage ich überall Stopp, bleibt in der politischen Mitte, setzt euch miteinander auseinander und macht keine körperliche Gewalt."

Am Ende bleibt der Eindruck: Aiwanger unterstützt keine Gewalt gegen Politiker. Aber deswegen seine Sprache zu zügeln, dazu ist er nicht fähig.

Quelle: ntv.de

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