Höllenritt an der Grenze zur Zauberei McLaren P1 - Nicht von dieser Welt
04.02.2014, 10:43 Uhr
Major Tom im Tiefflug: der neue McLaren P1.
(Foto: McLaren)
Mit Autofahren hat dieses Auto nicht mehr viel zu tun: Wer beim McLaren P1 aufs Gas tritt, fühlt sich wie ein Astronaut beim Raketenstart. Aber nicht nur die Fahrleistungen des Tieffliegers mit den Formel1-Genen sind überirdisch.
Karosserie aus Karbon, Fahrwerk wie im Rennwagen, Bremsen mit endzeitlicher Verzögerung, Motor mit schier unversiegbarer Leistung plus elektrischen Boost und dazu noch Kurvengeschwindigkeiten an der Grenze zur Zauberei - viel näher als mit dem McLaren P1 kann man dem Formel 1-Gefühl kaum kommen.

Das Kürzel, das McLaren für sein neues Top-Modell gewählt hat, steht in der Formel 1 nicht umsonst für die Pole Position.
(Foto: McLaren)
Auf einer Rennstrecke lasse sich kein anderer Sportwagen derart schnell über die Ideallinie scheuchen wie die Karbonflunder, in die 50 Jahre Formel1-Know-How eingeflossen sind, sagt Projektleiter Paul McKenzie. Wer einmal am Steuer des P1 gesessen hat, sieht die Vollgaswelt mit anderen Augen und erlebt eine Fahrt, die mit Worten kaum zu beschreiben ist. 0 auf 100 in 2,8 Sekunden, nach 6,8 Sekunden auf 200 km/h, weitere 9,7 Sekunden später zeigt der Tacho 300 und wenn die Elektronik bei Tempo 350 die Reißleine zieht, ist der P1 immer noch bestens bei Puste - so müssen sich Astrotauten fühlen, wenn ihre Rakete ins All geschossen wird.
Mit Naturgesetzen nicht zu erklären
Und dabei ist Straßenlage so gottverdammt stabil, dass man seinem Physiklehrer nachträglich nochmal die Leviten lesen möchte. Trägheit der Masse, Erdanziehung, Fliehkraft - solche Märchen, lieber Herr Lehrer, können sie anderen erzählen. Mit Naturgesetzen ist das, was der allein über die Hinterräder angetriebene P1 auf einer Rundstrecke inszeniert, jedenfalls nicht mehr zu erklären.Viel zu schnell schießt der allein über die Hinterräder angetriebene P1durch die Kurven, viel zu eng nimmt er die Kehren und viel zu fest haftet er auf dem Kurs, der Grenzbereich will partout nicht kommen. Möglich machen das ein extrem aufwändiges Fahrwerk und eine noch ausgefeiltere Aerodynamik. Während sich unter der Hülle aus Karbon und Aluminium die Dämpfer auf Knopfdruck verstellen lassen und die Bodenfreiheit im Race-Mode um ganze fünf Zentimeter abgesenkt wird, bewegen sich spezielle Flaps im Unterboden und aus dem Heck hebt sich bis zu 30 Zentimeter weit ein riesiger Flügel, der jedem Jumbo-Jet zur Ehre gereichen würde. Von unten saugt er sich förmlich am Asphalt fest, von oben lasten bei 300 km/h allein auf dem Heckflüge 600 Kilo Abtrieb.
Der Treibsatz für diesen Höllenritt steckt im Heck direkt im Nacken der Insassen. Für ihr Flaggschiff haben die Briten den 3,8-Liter großen V8 aus dem 12C noch einmal kräftig überarbeitet. Mit Hilfe zweier Turbos holen sie nun 737 PS und bis zu 720 Nm aus dem Renntriebwerk. Genau wie der Porsche 918 Spyder ist der P1 im Grunde ein Plug-In-Hybrid, trägt zum V8-Benziner deshalb eine E-Maschine mit 179 PS Und 260 Nm und kann immerhin gute zehn Kilometer rein elektrisch fahren. Dabei ist er zwar kaum weniger flott unterwegs, beschleunigt in etwa 8,4 Sekunden auf Tempo 100 und schafft weit über 150 km/h. Aber anders als Porsche geht es McLaren bei diesem Antrieb nicht im Geringsten um Effizienz oder Emissionen, selbst wenn sich damit der Verbrauch auf 8,3 Liter und der CO2-Ausstoß auf 194 g/km schönrechnen lassen.
So ein Auto baut man nicht alle Tage
Worauf es den Briten beim P1 einzig und allein ankommt, das ist die Performance. Und welchen Beitrag dafür die E-Maschine leistet, beweist das IPAS-Knöpfchen im Lenkrad. Für schier endlose 30 Sekunden hämmert der P1 mit der vereinten Kraft beider Triebwerke voran. Auf der linken Seite am Lenkrad gibt es einen zweiten Taster, der mit DRS beschriftet ist und fast die gleiche beschleunigende Wirkung hat. DRS steht für Drag Reduction System und lässt den Heckflügel in Sekundenbruchteilen in sich zusammenfallen. Das wirkt bei Vollgas, als würde dem P1 eine Last von 600 Kilo genommen und gibt dem Fahrer einen besonderen Kick, den er besser nicht in den Kurven ausprobiert.
Aber nicht nur die Fahrleistungen des Tieffliegers sind überirdisch. Auch der Preis ist mit 1.067.000 Millionen Euro aufwärts nicht von dieser Welt. Dem Erfolg tut das offenbar keinen Abbruch: Alle 375 angekündigten Exemplare sind verkauft und die Liste der möglichen Nachrücker umfasst 50 Namen. Sie alle hoffen, dass einer der bestätigten Kunden wieder abspringt, weil ihn eine Scheidung oder ein Aktiendeal teuer zu stehen kommt. Die einzige Chance, denn an der limitierten Stückzahl wird nicht gerüttelt und auf einen frühen Nachfolger braucht man nicht zu hoffen. "So ein Auto baut man nicht alle Tage", stellt McKenzie klar.
Quelle: ntv.de, kse/sp-x