Praxistest

Die Corvette Eine Legende röhrt

Von Axel F. Busse

Fachleute und Fans schauen am Stand von General Motors ganz genau hin: Chevrolet hat die sechste Generation dessen vorgestellt, was die Marke für den einzig wahren Sportwagen hält – die Corvette. Hier ein Rückblick auf die ersten 50 Jahre dieser Legende auf vier Rädern:

Die Amerikaner nennen sie „The Real McCoy“, was sich am ehesten mit „der wahre Jakob“ übersetzen lässt. Mehr als ein halbes Jahrhundert ist es her, dass die Corvette das elektrische Licht der Autosalons erblickte. Groß war die Überraschung anno 1953, als General Motors diese zweisitzige Fahrmaschine der Öffentlichkeit vorstellte. Der schon damals größte Automobilhersteller der Welt war bis dahin überwiegend durch zweckmäßige, praktische und nicht besonders aufregende Alltagsprodukte aufgefallen.

Das Pilotfahrzeug sah von der Seite aus wie eine Gewehrkugel und war aus Fiberglas, gleichsam entschlüpft aus einem Science-Fiction-Movie. Die ersten, noch mit Sechszylinder-Motoren ausgestatteten Cabrios, verfügten über damals sagenhafte 235 PS. Motorsporteinsätze ließen denn auch nicht lange auf sich warten. Mit einem Durchschnittstempo von mehr als 150 Meilen (240 km/h) machte 1955 eine Corvette bei den Daytona Flying Mile Speed Trials Furore.

Man darf getrost annehmen, dass es weniger der amerikanischen Ingenieurskunst als mehr der Liebhaberei der Besitzer zu verdanken ist, dass heute noch rund 70 Prozent der ersten Corvette-Serie von 1953 existieren. Die 300 Exemplare der Start-Auflage wurden von Hand montiert und hatten als besonderes Merkmal zwei Auspuffendrohre. Das Bild prägte sich ein: Aufgrund der Fahrleistungen sahen andere Verkehrsteilnehmer die Corvette ohnehin bevorzugt von hinten. Für gemütliches Cruisen auf dem Hollywood Boulevard schien der darauffolgende Jahrgang bestens geeignet: Das 1954er-Modell war nur in weiß mit knallrotem Interieur zu haben.

Die erste Baureihe lief bis 1961, die mit Abstand langlebigste war die sogenannte C3, die von 1968 bis 1982 gefertigt wurde. In diese Zeit fällt die Ära der sogenannten „Muscle Cars“, Bodybuilder auf gewaltigen Pneus, die aus den Radhäusern quollen. Eine andere Bezeichnung für die Formgebung lautete „Coke-Bottle-Shape“, denn man konnte unter der Silhouette auch die prägnante Taille einer liegenden Cola-Flasche erkennen.

Diese Autos sahen nicht nur anabolisch übertrainiert aus, sie waren es unterm Blech auch. So genannte „Big Blocks“, V8-Treibsätze mit gewaltigem Volumen, wurden unter die schmale Haube gepresst, immer getreu dem Motto: „Hubraum ist durch nichts zu ersetzen, außer durch Hubraum“. Mit der Schnittigkeit war es tatsächlich gar nicht so weit her, wie es die Form vermuten ließ: Die C3 stemmte sich mit einem Luftwiderstandbeiwert von 0,45 in den Wind, ein Wert, wie er heutzutage von manchem Kleintransporter unterboten wird.

Die beiden Passagiere bezahlten den Showeffekt mit winzigem Fußraum und einem dafür umso größeren Getriebekanal zwischen sich. Dass sich das Modell mit der Bezeichnung „Sting Ray“ als bevorzugter Luden-Laster entpuppte, ist objektiv weder die Schuld der Corvette, noch von GM. Diese Klientel störte sich offenkundig auch nicht daran, dass ihre Macho-Mühle einen weiblichen Vornamen trug. 1967 wurden erstmals mehr Coupés als Cabriolets verkauft.

Die bis Detroit aktuelle, fünfte Generation der Corvette wurde im Januar 1997 vorgestellt. Bei dem von Grund auf neu konstruierten Coupé war vor allem der aus Aluminium gefertigte V8-Small-Block technisch innovativ. Als kleine Reminiszenz an die Baureihe nach 1963 wurden der C5 Doppelinstrumente mit ins Cockpit gegeben. Geblieben sind über die Jahrzehnte vor allem mäßiger Nutz- und hoher Aufmerksamkeitswert. Dass PS-Junkies an dieser Kombination die Lust verlieren, steht nicht zu befürchten. 344 PS hat der aktuelle 5,7-Liter-V8-Motor, der sich notfalls sogar mit Normalbenzin begnügt.

Quelle: ntv.de

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